Nahverkehr Alfter geht neue Wege bei der Mobilität

ALFTER · Die Gemeinde ist Modellkommune in einem Förderprojekt des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg und setzt dabei auf Ladestationen für E-Bikes, eine Radpendlerroute zwischen Alfter, Bornheim und Bonn und die neue Buslinie 882.

 Die Mobilitätsmanagerinnen bei der Gemeinde Alfter: Ursula Schüller (links) und Sabine Zilger.

Die Mobilitätsmanagerinnen bei der Gemeinde Alfter: Ursula Schüller (links) und Sabine Zilger.

Foto: Antje Jagodzinski

Das Thema betrifft eigentlich jeden, ob Kinder, Jugendliche, Erwachsene oder Senioren: Wer von A nach B kommen möchte – sei es zu Fuß, mit dem Fahrrad, Rollator, Rollstuhl, Bus und Bahn oder dem Auto –, für den spielt es eine Rolle, wie Straßen und Wege, öffentliche Plätze und Haltestellen ebenso wie Nahverkehrsverbindungen gestaltet sind.

Welche zukunftsfähigen Lösungen Kommunen bei knappen Kassen und dem Bemühen um mehr Umweltschutz finden können, darum geht es im Förderprojekt „Kommunales Mobilitätsmanagement“ des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg (VRS), an dem die Gemeinde Alfter als Modellkommune teilnimmt.

Es gehe vor allem um eine andere Art und Weise des Denkens, betonen Sabine Zilger und Ursula Schüller. Als Mobilitätsmanagerinnen koordinieren die Leiterin des Fachbereichs Verwaltungsmanagement und Bürgerdienste sowie die Leiterin der Stabsstelle Wirtschaftsförderung und Tourismus die Aktivitäten der Gemeinde in dem Förderprojekt. „Der sperrige Begriff Mobilitätsmanagement will erst mal mit Leben gefüllt werden“, erläutert Zilger: „Es ist eine Querschnittsaufgabe, quasi jedes Amt ist betroffen.“

So sei das Schulamt im Boot, wenn es um Schulwege gehe, die Seniorenbeauftragte, wenn die Mobilität von Älteren in den Fokus rücke oder der Tiefbau, wenn Planungen für die Gehweggestaltung oder barrierefreie Haltestellen anstünden. Es gelte, eine amtsübergreifende Herangehensweise in der Verwaltung zu organisieren. Das sei Alfters Hauptaufgabe als Modellkommune: ein Mobilitätskonzept samt einer Organisationsstruktur zu entwickeln. „Das soll nichts für die Schublade sein, sondern ein praktischer Leitfaden“, betont Zilger: „Mobilität denken, planen und umsetzen – und zwar nachhaltig.“

Ein praktischer Leitfaden soll entstehen

Es habe sich herauskristallisiert, dass innerhalb von Verwaltungen Planungsroutinen erforderlich seien, um Möglichkeiten für nachhaltige Mobilität schaffen zu können, ergänzt Benjamin Jeschor, stellvertretender VRS-Pressesprecher. Und: Mit Blick auf den Klimawandel und die Diskussion um Dieselfahrverbote sei möglichst schnelles Handeln gefragt. Profitieren soll davon letztlich der Bürger: Durch mehr Verkehrssicherheit, bessere Verkehrsflüsse, mehr Aufenthaltsqualität und weniger Umweltbelastung, erklärt Zilger.

Anfang 2013 wurde Alfter neben Bergisch Gladbach im Zuge einer Ausschreibung für das Förderprojekt „Kommunales Mobilitätsmanagement“ des VRS, das vom NRW-Verkehrsministerium finanziell unterstützt wird, als Modellkommune ausgewählt. 93 000 Euro Fördergeld und Beratungsleistungen im Wert von 150 000 Euro fließen dafür. Unterstützung gibt es nicht nur von Fachleuten des VRS, sondern auch von Projektpartnern wie dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat oder dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC).

Austausch bietet zudem das Zukunftsnetz Mobilität NRW, in dem sich 117 Kreise, Städte und Gemeinden zusammengeschlossen haben – schließlich hört Mobilität nicht an Stadtgrenzen auf. Um Themen wie „Mehr Freiraum für Kinder“, Parkraummanagement, Mobilitätssicherung im ländlichen Raum, Entwicklungen wie E-Mobilität und automatisiertes Fahren sowie den Aufbau von Mobilstationen, die verschiedene Verkehrsmittel wie Bus, Bahn und Rad verknüpfen, geht es da.

Das ursprünglich auf drei Jahre angelegte Projekt sei bis Ende 2017 verlängert worden, sagt Zilger. Bis Ende des Jahres möchte die Verwaltung nun das Mobilitätskonzept mit Handlungsfeldern für Alfter fertigstellen, über das dann auch die Politik beschließt. Verzögerungen bei der Ausarbeitung habe es unter anderem durch den großen Zustrom an Flüchtlingen gegeben, der gleich mehrere Ämter beschäftigt habe, als auch dadurch, dass das Mobilitätsmanagement zusätzlich zum normalen Betrieb vorangetrieben werden müsse, sagt Zilger.

Bereits gefunden hätten sich in der Verwaltung fachübergreifende Teams zu einzelnen Themengruppen, in denen die Gemeinde Handlungsbedarf sieht: den Fußverkehr, den Radverkehr, den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), die Planung – etwa zur Umgestaltung von Ortszentren – und das betriebliche Mobilitätsmanagement. Nicht nur in diesen Teams, sondern auch in einem interfraktionellen Arbeitskreis soll die Querschnittsaufgabe Mobilität auch als solche angegangen werden.

Bereits Impulse durch das Mobilitätsmanagement habe zum Beispiel die Planung des Bahnhaltepunkts der S 23 in Impekoven bekommen, indem neben Park-and-ride-Plätzen auch eine Aufladestation für E-Bikes vorgesehen wurde, so Zilger. Auch sei der Fuhrpark der Gemeinde inzwischen auf Elektromobilität umgestellt, darunter neben sieben E-Autos auch vier E-Bikes. Fünf Ladestationen, davon vier öffentliche, gibt es rund ums Rathaus.

Zusammenarbeit mit dem ADFC

Ein Erfolg im ÖPNV sei die Einführung der Buslinie 882 und für den Radverkehr verweist Zilger auf die Planung der Rad-Pendler-Route zwischen Alfter, Bornheim und Bonn. „Was uns als Arbeitgeber noch unter den Nägeln brennt, ist die Einführung des Jobtickets“, sagt Zilger. In Vorstellungsgesprächen würden gerade jüngere Bewerber danach fragen. Bisher sei das Interesse der Mitarbeiter an dem ÖPNV-Ticket aber zu gering.

Ein Pilotprojekt im Zuge des „Kommunalen Mobilitätsmanagements“, das auf viel positives Echo gestoßen ist, war die Gestaltung einer „Kinderkreuzung“ in Zusammenarbeit mit einer Arbeitsgruppe der Anna-Schule und einem Planungsbüro. In einer Projektwoche schauten sich Grundschüler 2015 die Kreuzung Tonnenpütz/Mirbachstraße im engen Alfterer Ortskern genauer an und überlegten, wie diese sicherer gestaltet werden könnte.

Ihre Ideen für auffällige Markierungen und mehrere Zebrastreifen stießen auch in den Alfterer Gremien auf Zustimmung. Doch: Da es eine neue Vorschrift für die Beleuchtung von Fußgängerüberwegen gebe – an jeden Zebrastreifen müsste eine teure Beleuchtung kommen –, habe die Planung nicht umgesetzt werden können, bedauert Zilger. Das sei für alle Beteiligten natürlich sehr enttäuschend gewesen. Aber auch dafür sei eben eine Modellkommune da, solch praktische Probleme aufzutun.

Und das war nicht umsonst: Eine Expertenkommission beim NRW-Verkehrsministerium wolle sich die Norm noch einmal genauer anschauen, sagt Zilger. In jedem Falle seien Projekte wie die Kinderkreuzung auch etwas für die zukünftige Schulwegplanung.

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