Pilotprojekt Die Alfterer Straße „Am Bähnchen" wird zur Fahrradstraße
Alfter · In Alfter wird eine erste Fahrradstraße probeweise ausgewiesen. „Am Bähnchen“ erfüllt die meisten Rahmenbedingungen. Andere Möglichkeiten fanden keine Mehrheit.
Einen weiteren Schritt in Richtung Verkehrswende hat der Alfterer Mobilitätssausschuss am Donnerstagabend gemacht. Die Straße „Am Bähnchen“ und damit die Verbindung zwischen „Im Benden“ (L 113) und dem ersten südlichen Wirtschaftsweg hinter der Bebauung wird als erste Fahrradstraße der Gemeinde fungieren – probeweise für neun Monate. Eine anschließende Auswertung soll dann zu einer endgültigen Entscheidung führen. Das entschied die Politik mit elf Ja- und zwei Nein-Stimmen.
Auf Bitten der Fraktionen, besonders der Grünen, hatte das Straßenverkehrsamt des Rhein-Sieg-Kreises im vergangenen Jahr 21 Alfterer Straßen und Straßenzüge auf ihre Eignung zur Fahrradstraße analysiert. Das Ergebnis war ernüchternd. So erfüllen nur zwei Straßen und zwar „Am Bähnchen“ und der Lessenicher Weg die rechtlichen Rahmenbedingungen. Grund dafür sind die historischen baulichen Gegebenheiten wie geringe Fahrbahnquerschnitte, wenig Parkraum bei hohem Parkdruck sowie eng anliegende Bebauung an den Straßen, die die Ausweisung von Fahrradstraßen letztlich schwierig bis unmöglich machen. Auch der Lessenicher Weg fand nach langwieriger Diskussion keine Mehrheit und ist vom Tisch. Schon im Vorfeld hatten die Anwohner gegen solch eine Entscheidung mobilgemacht. „Wir befürchten durch dieses Konzept den Wegfall zahlreicher Parkplätze“, machte Markus Phlippen als Betroffener deutlich. Auf den Prüfstein kommen demnächst auch auf Wunsch der Ausschussmitglieder die „Am Bähnchen“ benachbarten Straßen „Unterer Landgraben“ und „Freudiger“ Weg“.
Vorgaben aus der Straßenverkehrsordnung sprechen für „Am Bähnchen“
Die Kriterien für eine Fahrradstraße sind in der Straßenverkehrsordnung klar umrissen: Radler können nebeneinander fahren und haben Vorrang, die Straße muss verkehrsberuhigt und als Tempo-30 Zone ausgewiesen sein. Dort steht auch, dass „Fahrradstraßen dann in Betracht kommen, wenn der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist oder dies alsbald zu erwarten ist“. Vorgaben, die aus Sicht des Kreises für die nun ausgewiesene Straße sprechen, zumal sie als Anbindung an die Bahnhaltestelle der Alanus Hochschule für Radler wichtig ist. Außerdem würde die Straße als Fortführung der Radpendlerroute (Fahrtrichtung Bonn) die Bedeutung dieser Strecke als solche noch einmal hervorheben und den Sinn des Fahrrads stärken.
Noch erfüllt die Straße „Am Bähnchen“ aber eine der wesentlichen Voraussetzungen nicht, wurden doch 2021 zirka 660 KFZ-Fahrzeuge, darunter zahlreiche landwirtschaftliche Fahrzeuge, und nur 266 Fahrräder gezählt. Um dennoch die Dominanz der Radfahrer zu gewährleisten, werden verkehrsregelnde Maßnahmen, die noch erarbeitet werden müssen, nötig sein. Bisher wird die Straße von Anwohnern des Landgrabens häufig als Abkürzung zur L 113 Richtung Bornheim/Bonn genutzt – das wird dann nicht mehr gehen. Für die betroffenen Autofahrer führt die Alternativroute dann über das Straßennetz Pelzstraße/Stühleshof/Im Benden. Entsprechende Piktogrammen sowie Verkehrsschilder werden künftig auf den speziellen Straßencharakter hinweisen.
Grüne enttäuscht, dass die meisten Wünsche nicht realisierbar sind
Zufrieden, dass zumindest ein Probelauf auf den Weg gebracht werden konnte, und doch ein wenig enttäuscht, dass die meisten Wünsche als nicht realisierbar eingestuft worden sind, zeigte sich Michael Schroerlücke (Grüne). Im Gespräch über den Lessenicher Weg sprach sich Mario Ciesielski (CDU) für die Position der Anwohner aus, habe sich doch die dortige Bürgerversammlung eindeutig gegen eine Fahrradstraße ausgesprochen, zumal diese durch die Radpendlerroute auch überflüssig werde. Scharf kritisierte Christian Lanzrath (SPD) die Einstellung der Christdemokraten und bezeichnete sie als „Verweigerungshaltung beim Thema Fahrradstraßen“. „Im Wahlkampf haben sich alle Parteien die Förderung des Radverkehrs auf die Fahnen geschrieben. Wenn es ernst wird, knicken FDP und CDU reflexartig ein, um das Auto mit teils hanebüchenen Forderungen weiterhin zu privilegieren“ sagte er. Die Verkehrswende findet zwar auch David Dekorsi (FDP) wichtig, aber „eine Entscheidung könne nur unter Einbeziehung der Anwohner fallen“. Das Straßenverkehrsamt signalisierte jetzt schon seine Bereitschaft, weitere Straßen - wenn gewünscht - zu überprüfen. Einig waren sich Kreis und ein Teil der Gemeindepolitiker, dass bei einer Überprüfung des „Freudiger Weges“ der landwirtschaftliche Verkehr auf keinen Fall ausgebremst und abgedrängt werden dürfe.