Saisonabschluss Apfelernte im Linksrheinischen überzeugt in Menge und Qualität

Rhein-Sieg-Kreis. · Die Apfelernte 2021 war für die Obstbauern im linksrheinischen Kreis besonders gut. Aber in Zukunft könnten Gesetzesänderungen für Verbraucher die Preise steigen lassen.

 Christine Niemeyer vom Impekovener Naturhof Wolfsberg ist zufrieden mit ihrer Apfelernte 2021.

Christine Niemeyer vom Impekovener Naturhof Wolfsberg ist zufrieden mit ihrer Apfelernte 2021.

Foto: Matthias Kehrein

Quantitativ und qualitativ ist es ein besonders gutes Jahr: Fast alle Apfelbauern im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis sind mehr als zufrieden mit der Ernte. Kühle Temperaturen haben den Früchten gutgetan, Kelchfäule und Schorfpilz als Folge der Nässe blieben im Rahmen. Trotz bester Bilanz machen sich die Landwirte dennoch Sorgen um die Zukunft. Denn die von der neuen Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP angestrebte Mindestlohnerhöhung von derzeit 9,60 Euro auf zwölf Euro zum 1. Januar 2023 ist im Obst- und Beerenanbau nur schwer zu stemmen. Einige Betriebe könnten dann sogar Flächen stilllegen.

Bei Juniorlandwirtin Christiane Niemeyer vom Impekovener Naturhof Wolfsberg sind die Kühlhallen mit 300-Kilo-Kisten prall gefüllt. Sieben Hallen sind sogenannte CA-Anlagen (ControlledAtmosphere), in denen die Früchte technisch in einer Art Winterschlaf gehalten werden. Nach der Einlagerung werden die Hallen bei zwei Grad Celsius luftdicht verschlossen, der Sauerstoff- und Kohlenstoffdioxidgehalt auf jeweils zwei Prozent reduziert. Das verzögert den Reifungsprozess, die Früchte bleiben knackig. In den restlichen Kühlungen lagern die verschiedenen Sorten unter atmosphärisch „normalen“ Bedingungen für den Sofortverkauf. Mengenmäßig sieht die Bilanz so gut aus wie 2020, nur seien die Früchte ein wenig kleiner, „obwohl wir gut ausgedünnt haben“, so die Juniorchefin.

Im Obstbau gibt es viel Handarbeit

Beim Pflücken und Sortieren helfen jedes Jahr polnische Saisonarbeiter. Wegen der bisher schon angestiegenen Lohn- und Produktionskosten seien Standartsorten in diesem Jahr ein wenig teurer, eine weitere Preissteigerungen seien mit dem Anstieg des Mindestlohnes auf zwölf Euro wahrscheinlich. Niemeyer findet es zwar gut, wenn die Leute mehr verdienen, sagt aber auch: „Bei der vielen Handarbeit im Obstbau ist es allerdings problematisch. Unsere Produktion ist dann mit anderen Ländern, die niedrigere Löhne und geringere Auflagen haben, nicht mehr konkurrenzfähig. Die Politik muss überlegen, wie deutsche regionale Produkte wertgeschätzt werden.“ Die Bundesvorsitzende des Netzwerkes Junger Obstbauern, deren Betrieb auch an den Einzelhandel verkauft, hat bereits einen Plan B: „Wir werden unser Hauptaugenmerk dann auf den Hofladen setzen.“

Lieblingssorten „Vellant“ und „Berlepsch“

Qualitativ sogar besser als 2020 war die Ernte beim Mertener Obstbauern Roland Schmitz-Hübsch. Mit 1,80 Euro pro Kilo in der Klasse 1 ist der Preis im Vergleich zum Vorjahr um 0,20 Euro angestiegen – eine Folge des allgemeinen Preisdrucks. Die Lieblingssorte der Kunden ist wegen des ausgewogenen süß-säuerlichen Geschmacks der „Vellant“, gefolgt von „Berlepsch“, „Boskop“ und der zur Jahreszeit passenden Neukreation „Karneval“.

Auch Schmitz-Hübsch lagert seine Früchte im CA-Verfahren ein. Seine Kühlhäuser seien seit dem 1. Juli mit einer Solaranlage bestückt, die 50 Prozent des Stromes liefere, so der Landwirt. Mit der Zwölf-Euro-Regelung rechnet er fest. „Eine Erhöhung der Lohnkosten schlägt im Obstbau allerdings weniger zu Buche als im Beerenanbau“, meint er dazu. „Bei mir sind nicht die Personalkosten das Problem, sondern motivierte Leute zu bekommen. Auch in Polen wird die wirtschaftliche Situation immer besser.“

Beste Ernte seit 35 Jahren

Mit 600 Tonnen die beste Ernte seit 35 Jahren hat Manfred Felten eingefahren. Kein Frost während der Blütezeit, exzellentes Wachstum durch kühles und nasses Wetter - der Meckenheimer kann den Ertrag noch gar nicht fassen. Sowohl in seinen Apfel- und Süßkirschen-Plantagen als auch auf seinen Erdbeerfeldern setzt Felten Arbeitskräfte aus Polen und Rumänien ein. Steige deren Lohn, schmälere sich der Betriebsgewinn und damit die Investitionsspanne. „Erhöht man die Preise, kostet das Schälchen Erdbeeren nicht mehr 2,50 Euro, sondern 2,80 Euro. Das muss der Kunde mitmachen“, findet Felten. Seit 2015 hat er wegen steigender Lohnkosten und zu geringer Fläche seine Erdbeerfelder schon von sechs Hektar sukzessive auf 1,8 Hektar (Tunnel- und Freiland) reduziert. Ob sich der Anbau für ihn ab 2023 noch lohnen wird, weiß er nicht. Sein Sohn soll den Betrieb irgendwann übernehmen. „Vielleicht gibt es in zehn Jahren Pflückroboter, sodass man die Saisonarbeiter einsparen kann“, überlegt Felten.

Sehr zufrieden mit der Bilanz zeigte sich auch Philipp Wißkirchen. „Die Früchte sehen gut aus. Allerdings ist noch nicht klar, ob sie sich auch bei der Lagerung im Kühlhaus weiterhin gut entwickeln“, so der Altendorfer über die Ernte 2021. In der Regel hat er 20 Erntehelfer, Verwandtschaft sowie deren Nachbarn und Freunde aus Polen, denen er in dieser Saison 9,60 Euro Stundenlohn gezahlt hat. „Eine Erhöhung würde 30 Prozent mehr Betriebskosten bedeuten, die ich auffangen muss. So zum Beispiel durch einen 20 Prozent höheren Verkaufspreis. Ob der Einzelhandel das mitmacht, ist die Frage.“ Er befürchtet, dass mehr Importware ins Land kommt. „Es ist bedenklich, wenn in einem Industrieland die hiesige Landwirtschaft nicht mehr möglich ist“, so Wißkirchen.

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