Kunst aus Alfter Ein Besuch bei dem Bildhauer Rainer Kaps

Alfter · Eine psychische Krise brachte Rainer Kaps zur Bildhauerei. Aus einem ersten Holz-Kursus wurde ein Studium. Dass der 70-Jährige oft mehrere Jahre lang an einem Werk arbeitet, hat einen guten Grund. Ein Besuch in seinem Atelier in Alfter.

 Wollte eigentlich Priester werden: Der Alfterer Bildhauer Rainer Kaps mit seinem Werk „Sternenzauber“.

Wollte eigentlich Priester werden: Der Alfterer Bildhauer Rainer Kaps mit seinem Werk „Sternenzauber“.

Foto: Axel Vogel

Die Holzskulptur „Sternenzauber“ im Eingangsbereich der kleinen Werkstatt wartet noch auf Feinarbeiten, auf dem Tisch liegt ein „Riesen-Herz“ aus Gips, daneben befinden sich griffbereit unterschiedlich geformte Stechbeitel und der für die Holz-Bearbeitung notwendige „Klüpfel“. Der Alfterer Bildhauer Rainer Kaps arbeitet immer an verschiedenen Objekten gleichzeitig. Bis eine Skulptur fertig ist, dauert es bis zu vier Jahre, auch wenn der 70-Jährige jeden Nachmittag zwei Stunden lang hämmert, klopft, sägt oder Gips anrührt und auf das Styropor – das Innere einer Gipsskulptur - aufträgt.

„Der Arbeitsprozess ist eine Mischung aus Arbeiten und Kontemplation. Wenn ich gearbeitet habe, muss ich einen Schritt zurücktreten und das Ganze auf mich wirken lassen. Erst dann kann ich weitermachen“, erzählt der Rentner.

Er sei ein „spätberufener Künstler“ und „erst“ seit 20 Jahren bildhauerisch tätig. Nach dem Studium der katholischen Theologie – sein Berufsziel war ursprünglich Priester - arbeitete der gebürtige Eisenberger (Thüringen) über 30 Jahre lang in der katholischen Erwachsenenbildung in Köln, Bonn und Siegburg bis er 2013 in den vorzeitigen Ruhestand ging.

Als Senior ohne Mappe zum Studium

Eine psychische Krise brachte den Wahl-Alfterer 2002 zur Bildhauerei. Ein erster Holzkursus an der Alanus Hochschule gefiel Kaps so gut, dass er nebenberuflich sein Können bis 2015 so weit steigerte, dass er gemeinsam mit den Bildhauerei-Studenten der Alfterer Hochschule an der traditionellen Studienfahrt nach Norwegen teilnahm. Seine dort erstellte figürlich-abstrakte Arbeit überzeugte den Professor, sodass der Senior ohne Mappe zum Studium zugelassen wurde. Einen Abschluss habe er nicht gemacht, denn er wollte durch das Studium nur Impulse für seine Arbeit erhalten, erklärt er.

Ob Holz- oder Gipsobjekte – der figürlichen Abstraktion ist Kaps treu geblieben. Waren die Arbeiten zunächst noch ohne Titel und der Interpretation des Betrachters überlassen wie zum Beispiel die Holzskulptur, die auf der einen Seite einem alten Menschen, auf der Rückseite einem Säugling ähnelt, so sind die späten Arbeiten sämtlich betitelt. Dazu gehört auch „Sternenzauber“ (2020 begonnen) – eine Fichtenwurzel mit geschaffenen Sternspitzen.

Kaps künstlerisches Markenzeichen sind dabei die zahlreichen Öffnungen der Objekte, durch die der Betrachter hindurchschauen kann, ebenso wie die Einbeziehung der Unterböden in die Gestaltung und die Standfestigkeit an nur drei bis vier Stellen. Denn die Objekte sollen nicht „platt aufliegen, sondern Leichtigkeit ausstrahlen“, so der Künstler.

Kaps terminiert den Beginn seines Spätwerkes auf 2018 mit der „Welle“, einer geriffelten Holzarbeit. Für Risse haben Bakterien in den vergangenen Monaten sukzessive gesorgt, „ein Zeichen dafür, dass sich das Objekt weiterentwickelt. Es ist die Vergänglichkeit wie bei einem alternden Körper, die Schönheit in der Vergänglichkeit“, so Kaps.

Das Werk entwickelt sich im Dialog mit dem Material

Im Vergleich zu seinen frühen und mittleren Arbeiten seien die Skulpturen der Spätphase um einiges monumentaler, denn zu deren Schaffung gehörten Mut und Erfahrung des Künstlers, ist sich Kaps sicher.

Bis heute macht er sich vorab keine Gedanken über die Ausformung des jeweiligen Werkes. Denn bei der Entstehung spiele das Unbewusste eine wichtige Rolle, das Werk entwickele sich quasi im Dialog mit dem Material, erläutert er. Die Themen für die nächsten zehn Jahren stehen mit „Seele“, „Flucht“ und dem „Menschen im Kosmos“ jetzt schon fest.

Interessenten können sich die Werke von Rainer Kaps in der Werkstatt Tonnenpütz 3 in Alfter-Ort ansehen. Anmeldungen nimmt der Bildhauer unter ☏ 0 22 22/92 27 78 entgegen.

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