Buch zur Ehelosigkeit der Priester Der Zölibat als "Missverständnis "

ALFTER-WITTERSCHLICK · Heinz-Jürgen Vogels aus Witterschlick veröffentlicht ein Buch zur Ehelosigkeit der Priester. "Ich habe das Gesetz bewusst gebrochen." Als Heinz-Jürgen Vogels 1979 standesamtlich heiratet, hat das für ihn weitreichende Folgen. Denn Vogels ist katholischer Priester und eigentlich dem Zölibat verpflichtet. Er wird umgehend suspendiert.

 Autor Heinz-Jürgen Vogels aus Witterschlick.

Autor Heinz-Jürgen Vogels aus Witterschlick.

Foto: Wolfgang Henry

Der Kampf gegen den Zölibat bei Priestern wird sein Lebensthema. Zahlreiche Veröffentlichungen und eine umfangreiche Korrespondenz zum Thema zeugen davon, ebenso seine Mitgliedschaft im Exekutivkomitee der Internationalen Föderation Verheirateter Katholischer Priester von 1986-2002. Im Alter von 80 Jahren veröffentlicht der Witterschlicker nun das Buch "Zölibat als Gnade und als Gesetz" beim renommierten Hiersemann Verlag.

Wissenschaftlich fundiert begründet er, warum er den Zölibat theologisch und juristisch für ein "unmögliches Gesetz" hält. Nach seinen Untersuchungen widerspricht es zentralen Äußerungen der Bibel und des Kirchenrechts.

"Dreihundert Jahre lang gab es keinen Zölibat", so Vogels in seiner Veröffentlichung. Das Christentum wurde von Priestern verbreitet, die verheiratet waren. Und bis heute kenne die Kirche 20 Prozent verheirateter Priester in den katholischen Ostkirchen. In Ungarn, Libanon, Syrien, Ägypten und Indien ist es möglich, das Priesteramt mit einer Ehe zu vereinbaren. Für Vogels ist das ein Unrecht. "Was in einem Teil der katholischen Kirche möglich ist, muss auch in den anderen Ländern möglich sein."

Die verpflichtende Ehelosigkeit der Priester beruht nach seinen Recherchen auf einem Missverständnis: Jüdische Reinheitsvorschriften, die kultische Bedeutung hatten, wurden im 4. Jahrhundert moralisch interpretiert und auf die Ehe übertragen. So kam es dazu, dass Papst Siricius 385 im Zusammenhang mit der Ehe katholischer Priester von einem "Nachjagen nach obszönen Begierden" sprach. Im II. Lateran-Konzil 1139 dann wurde das Zölibats-Gesetz für die Priester des Westens erlassen. Nach Vogels Ansicht widerspricht diese Gesetzeslage biblischen Aussagen. Jesus warne vor erzwungener Ehelosigkeit. Denn das Leben im Zölibat wäre eine Gabe, die nur wenigen gegeben sei.

Bestätigt wird die biblische Argumentation durch aktuelle Studien, die Vogels zitiert. Nach einer Untersuchung von Richard Sipe gehören zehn Prozent der Priester zu den "charismatisch Ehelosen", die dem Zölibatsideal entsprechend leben. Fast jeder zweite aber weise ein Defizit an Reife und Beziehungsfähigkeit auf und hätte mit dem Zölibat Probleme.

Vogels sieht die Aufhebung des entsprechenden Gesetzes als Möglichkeit für die katholische Kirche, aktuelle Probleme zu lösen. Bei Papst Franziskus sieht er erste Anzeichen für eine mögliche Wende.

Als Mittel gegen den Priestermangel jedenfalls böte sich ein Umschwenken an. Nach Vogels Recherchen leben noch etwa 50 000 Priester, die durch eine Heirat suspendiert wurden, und die man wieder zurück ins Amt holen könnte. "Es könnte sich eine Flut von Leben entwickeln", beschreibt er seine Zukunftsvision von einer Kirche mit verheirateten Priestern.

Heinz-Jürgen Vogels, "Zölibat als Gnade und als Gesetz", Band 5 der Reihe "Standorte in Antike und Christentum", Anton Hiersemann Verlag, ISBN 978-3-7772-1309-5, 39 Euro.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort