Konsum „Eine bessere Welt lässt sich nicht kaufen“

Alfter-Witterschlick · Das Fair-Handelszentrum Rheinland feiert sein 25-jähriges Bestehen. Dabei warfen Experten auch einen Blick auf die Zukunft des Geschäftsmodells

 25 Jahre Fair Handelszentrum Rheinland wird im Pfarrzentrum Witterschlick gefeiert; hier gibt eine Diskussionsrunde mit vl. Martin Klupsch, Jorge Inostroza, Wolfram Walbrach, Thomas Hoyer und Stefan Bockemühl (r)

25 Jahre Fair Handelszentrum Rheinland wird im Pfarrzentrum Witterschlick gefeiert; hier gibt eine Diskussionsrunde mit vl. Martin Klupsch, Jorge Inostroza, Wolfram Walbrach, Thomas Hoyer und Stefan Bockemühl (r)

Foto: Axel Vogel

„Im Grunde sind wir mit unseren ursprünglichen Vorhaben gescheitert.“ Wer den Saal der Kirchengemeinde Sankt Lambertus Witterschlick betrat, als Martin Klubsch das sagte, hätte meinen können, da sei ein Geschäftsmodell gründlich gescheitert. Doch die rund 100 Gäste, die am Samstag anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Fair-Handelszentrums Rheinland gekommen waren, wussten es besser. Denn für die Inhaber Martin Klubsch, Elmar Schulze Messing und Martina Schauten lief alles prima – nur eben anders als geplant. Doch von vorne.

1991 gründeten der Lehrer für Englisch und Religion, der Sozialpädagoge und die Religionswissenschaftlerin an der Bonner Maxstraße einen Weltladen, in dem fair gehandelte Waren verkauft wurden. Bald stellten sie fest, dass eine große Nachfrage nach Lieferanten bestand. So wurde der Großhandel, der heute Weltläden und Aktionsgruppen sowie Schülerfirmen, Büros, Restaurants, Großverbraucher, Bioläden und Endkunden beliefert, ihr zweites Standbein. 2010 zog das Fair-Handelszentrum nach Witterschlick. Zwei Jahre darauf wurde der Bonner Weltladen an einen ehrenamtlich getragenen Verein übergeben. Seitdem konzentrieren sich Klubsch, Schulze Messing und Schauten auf den Großhandel: Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von der Köln/Bonner Region über Altenkirchen, Koblenz und Mayen bis nach Euskirchen. Mittlerweile umfasst das Team sieben Mitarbeiter, etwa 1000 verschiedene Artikel sind in der 300 Quadratmeter großen Lagerhalle vorrätig – darunter der Dauerbrenner Kaffee, aber auch Tee, Gewürze, Trockenfrüchte, Schokolade, Gebäck oder auch Kunsthandwerk. Selbst importiert der regionale Großhändler keine Produkte.

Zum 25-jährigen Jubiläum waren neben Alfters Bürgermeister Rolf Schumacher und vielen Kunden auch Geschäftspartner gekommen. Sie gaben Einblicke in ihre Projekte und sprachen über aktuelle Entwicklungen. So diskutierten Thomas Hoyer (Geschäftsführer der Fairhandelsgenossenschaft dwp), Stefan Bockemühl (Geschäftsführer des Importeurs El Puente), Jorge Inostroza (Abteilungsleiter bei der Fair-Trade-Gesellschaft Gepa) und Wolfram Walbrach (langjähriger ehemaliger Mitarbeiter für den kirchlichen Entwicklungsdienst bei der Evangelischen Kirche im Rheinland) über die Zukunft der Weltläden sowie Herausforderungen und Chancen aus Sicht der Handelspartner.

Spürbar sei der Trend, dass mittlerweile auch Discounter fair gehandelte Produkte anbieten. „Mit diesem Thema müssen wir uns auseinandersetzten“, so Klubsch. „Wir müssen uns die Frage gefallen lassen, was unser Angebot ausmacht.“ Zu beobachten sei beispielsweise, dass auch viele junge Menschen bewusster einkaufen wollen. „Neben dem Verkauf ist für den Kunden auch immer die Hintergrundinformation zu einem Produkt wichtig“, sagte er weiter . Die Idee, Informationen zu geben, sei mittlerweile in den Hintergrund geraten, meinte Walbrach. Darauf solle man sich wieder mehr besinnen. Die drei Säulen der Weltladen-Arbeit sei Warenverkauf, Information und Bildungsarbeit sowie Kampagnen und Lobbying. Mit Blick auf die Flüchtlingskrise sagte Inostroza, dass Kriege immer auch von wirtschaftlichen Interessen gesteuert seien und man sich daher weiterhin in politische Themen einmischen müsse. „Eine bessere Welt lässt sich nicht kaufen, man muss sie machen“, sagte Walbrach.

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