Flüchtlinge in Alfter „Keiner soll sich benachteiligt fühlen“

Alfter · Seit Februar betreut die Sozialarbeiterin Nina Draeger die in Alfter Zuflucht suchenden Menschen. Roland Kohls sprach mit der 34-Jährigen über ihre Aufgaben, Herausforderungen und auch über den Spaß an der Arbeit.

 Besucht regelmäßig die Unterkunft am Alfterer Rathaus in Oedekoven: Nina Draeger.

Besucht regelmäßig die Unterkunft am Alfterer Rathaus in Oedekoven: Nina Draeger.

Foto: Roland Kohls

Was sind Ihre Aufgaben in der Gemeinde Alfter?
Nina Draeger: In erster Linie berate und betreue ich die in Alfter lebenden Flüchtlings und Asylbewerber im Bereich Bildung, also vom Kindergartenplatz an über die Schule bis zu den Deutschkursen. Zu meinen Aufgaben gehört zudem die Kontaktpflege mit den entsprechenden Einrichtungen, aber auch zum Asylkompass, dem Netzwerk für Flüchtlingshilfe in Alfter, in dem die vielen Ehrenamtlichen organisiert sind. Schließlich geht es auch um die Integration in den Arbeitsmarkt und die Abstimmung mit dem Jobcenter.

Wie sieht das dann konkret aus?
Draeger: Einerseits biete ich regelmäßige Sprechstunden in meinem Büro im Rathaus an. Zum anderen besuche ich die Menschen in den Unterkünften und begleite sie zu Terminen, beispielsweise zur Schulanmeldung.

Thema „Integration in den Arbeitsmarkt“. Gibt es da schon Erfolge?
Draeger: Ich bin noch ganz am Anfang meiner Tätigkeit in Alfter. Ich verschaffe mir aktuell einen Überblick über die Qualifikationen und Fähigkeiten der Menschen. Zunächst liegt der Schwerpunkt auf der Vermittlung in Deutschkurse, da Sprachkenntnisse meiner Meinung nach eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt sind. Aber in Alfter gibt es mehrere Unternehmen, die sich gemeldet haben, um Praktika und weitere Perspektiven für Flüchtlinge anzubieten.

Sie haben vorher in Köln in einer Unterkunft gearbeitet. Wie ist die Situation in Alfter im Vergleich zu Ihren Erfahrungen?
Draeger: Man kann die Situation nicht mit der in einer Großstadt wie Köln vergleichen. Aber ich finde das Konzept der dezentralen Unterbringung in Alfter sinnvoll. Gut ist auch, dass keine Turnhallen belegt werden. Zudem finde ich das starke ehrenamtliche Engagement bemerkenswert. In diesem Rahmen gibt es viele durchdachte Angebote, vor allem in den Bereichen Spracherwerb und Kinderbetreuung.

Wie erleben Sie die Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer?
Draeger: Ich war sehr überrascht, dass es hier mit dem Asylkompass bereits ein gut ausgebautes Netzwerk von öffentlichen und freien Trägern gibt. Die dort organisierten ehrenamtlich Tätigen sind für meine alltägliche Arbeit eine große Hilfe. Sie begleiten die Menschen bei Besuchen in Ämtern und geben ihnen eine Orientierung über das Leben in Alfter. Ich halte diesen Austausch für enorm wichtig, weil sonst jeder nur in seinem eigenen kleinen Kosmos bleibt. Auch die vielen Sprachpaten sind vor allem für diejenigen wichtig, die aus rechtlichen Gründen keinen Zugang zu Sprach- beziehungsweise Integrationskursen haben.

Wie verständigen Sie sich mit den Menschen, die noch kein Deutsch sprechen?
Draeger: Ich spreche fließend Englisch und Spanisch, auf Französisch kann ich mich auch verständigen, und ich kann auch ein paar Brocken Russisch. Wenn ich damit nicht weiterkomme, haben die Zufluchtsuchenden meist Freunde oder jemanden im Nachbarzimmer, der übersetzen kann. Ansonsten kann ich Ehrenamtliche, die Arabisch sprechen, um Unterstützung bitten.

Was ist die größte Herausforderung bei Ihrer Arbeit?
Draeger: Es ist nicht immer einfach, allen gerecht zu werden. Ich möchte eine Situation schaffen, in der sich möglichst keiner benachteiligt fühlt. Leider ist es auch schwierig, alle Jugendlichen in einer weiterführenden Schule unterzubringen. Die Seiteneinsteigerklassen in den umliegenden Schulen sind alle voll. Meine fehlenden Arabischkenntnisse sind eine Herausforderung, die mir jedoch auch Freude bereitet: Es macht Spaß nach kreativen Wegen zu suchen, um sich zu verständigen.

Was macht Ihnen sonst noch Spaß bei Ihrer Arbeit?
Draeger: Es macht viel Spaß, mit Menschen mit so unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen Kontakt zu haben. Es ist eine so vielfältige Arbeit, bei der man täglich etwas Neues erlebt. Außerdem bin ich gerne in Alfter unterwegs. Ich bin großer Fahrradfan und als Dienstfahrzeug habe ich ein E-Bike.

Zur Person

Die neue Sozialarbeiterin Nina Draeger ist 34 Jahre alt. Sie studierte Ethnologie und Sozialarbeit und wohnt in Bonn. Draeger arbeitet 19,5 Stunden in der Woche für die Gemeinde Alfter, hat also eine halbe Stelle.

Asylsuchende und Angebote

In Alfter leben zurzeit (Stand: 14. März) 302 Asylsuchende, Flüchtlinge sowie geduldete Personen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Hinzu kommen bis zu 150 Flüchtlinge, die in der Erstaufnahmestelle im Schloss Alfter untergebracht sind.

Die Zuweisungszahlen sind seit Dezember stark rückläufig. Im Dezember kamen lediglich sechs, im Januar nur fünf Flüchtlinge nach Alfter, im Februar gab es keine Zuweisungen. Es sind Menschen aus insgesamt 29 Nationen, die in Alfter Zuflucht suchen. Die stärkste Gruppe stellen dabei die Syrer mit 100 Personen, gefolgt von Menschen aus dem Irak (60 Personen).

Unter dem Motto „Miteinander – Füreinander“ organisiert der Arbeitskreis für Ausländerfragen und Integration Alfter ein Café für Flüchtlinge und interessierte Bürger. Das Café findet regelmäßig jeden vierten Freitag im Monat ab 16 Uhr im Turnhallengebäude der Hauptschule in Oedekoven statt.

Die Gemeinde Alfter benötigt aktuell vor allem Wohnraum, um weiterhin am Konzept der dezentralen Unterbringung der Flüchtlinge festhalten zu können. Die Erfahrungen der privaten Unterbringung seien bisher positiv.

Wer eine Mietwohnung zur Verfügung stellen, ein Haus oder ein geeignetes Grundstück verkaufen will, kann sich beim Sozialamt der Gemeinde unter 02 28/6 48 41 79 melden. Sachspenden werden momentan nicht benötigt. All jene, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, findet Kontakt zum Asylkompass Alfter im Internet unter der Adresse www.asylkompass-alfter.de.

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