Vor den Kommunalwahlen Vor welchen Herausforderungen steht die Alfterer Politik?

Alfter · Ein riesiges Wohngebiet, ein nicht minder großes Gewerbegebiet sowie die umfassende Umgestaltung des Herrenwingert: In Alfter sollen in den nächsten Jahren viele Millionen Euro umgesetzt werden. Die Politik darf den Überblick nicht verlieren

 Nach dem Willen von Politik und Verwaltung soll aus dem Parkplatz auf dem Herrenwingert ein attraktiver Aufenthaltsort werden.

Nach dem Willen von Politik und Verwaltung soll aus dem Parkplatz auf dem Herrenwingert ein attraktiver Aufenthaltsort werden.

Foto: Axel Vogel

Die Kräne machen Eindruck. Hoch ragen sie hinter den Häuserreihen an der Bahnhof­straße, der Kronenstraße und der Straße Auf dem Mühlenbungert in Alfter-Ort hervor. Auf der Fläche dazwischen werden gerade viel Erde, Beton und Stahl bewegt. Bald sollen dort ein Seniorenheim und Eigentumswohnungen stehen. Großbaustellen dürften sich in den kommenden Jahren an verschiedenen Stellen Alfters bestaunen lassen.  Alfter entwickelt sich weiter – womöglich hin zu einer Stadt. Für die Politik bringt das in der kommenden Wahlperiode eine Menge an Aufgaben mit sich.

■ Große Vorhaben: Wohnraum in Alfter ist beliebt, aber knapp. Deshalb richten sich derzeit alle Blicke nach Witterschlick. Schließlich soll am nordwestlichen Ortsrand ein riesiges Neubaugebiet namens Buschkauler Feld entstehen, mit Wohnraum für Hunderte von Menschen sowie Platz für ein wenig Gewerbe. Die Diskussion darum war und ist intensiv. Am Buschkauler Feld muss die Politik Fragen beantworten, die bei allen kommenden Bauvorhaben relevant sind: Wie muss das Verhältnis von Ein- zu Mehrfamilienhäusern sein? Wie viel Wohnraum soll öffentlich gefördert gebaut werden? Welchen Stellenwert haben ökologische Aspekte wie etwa Photovoltaikanlagen auf den Dächern? Wie muss eine Verkehrserschließung aussehen, die nicht nur auf die Belange des Autos ausgerichtet ist? Wie viel soziale Infrastruktur – Kitas, Spielplätze oder öffentliche Treffpunkte  – ist notwendig.

Apropos öffentlicher Treffpunkt. Zu einem attraktiven Aufenthaltsort soll der Herrenwingert umgestaltet werden, mit neuer Mehrzweckhalle, einem modernen Supermarktgebäude, einer Tiefgarage und viel Grün. Das alles kostet und ist aufwendig in der Planung, vor allem weil die Gemeinde Landes-Fördergelder in Millionenhöhe haben will. Ein erster Versuch dazu ist gescheitert, ein zweiter ist in Arbeit. Doch auch bei einer erfolgreichen Einwerbung muss Alfter einige Millionen Euro aus eigener Tasche beisteuern. Die durchaus sinnvollen Umbauarbeiten werden Jahre dauern, die Politik muss darauf achten, dass das Großprojekt nicht ausartet.

Verändern soll sich Alfter auch an der Grenze zu Roisdorf. Wo jetzt noch Felder sind, sollen mittelfristig Unternehmen Arbeitsplätze anbieten und der Gemeinde Gewerbesteuern einbringen. Alfter kooperiert bei der Schaffung des Gewerbegebietes mit Bonn und Bornheim. Die Gemeinde soll alle Kosten tragen und alle Einnahmen erhalten, so der Plan. Die beiden Nachbarn sollen ein Mitspracherecht bei der Ansiedlung haben. Die Wahrung dieser Interessen muss Alfter im Blick behalten. Wobei das Projekt nicht unumstritten ist, schließlich geht landwirtschaftlich nutzbarer Boden verloren, weitere Flächen werden versiegelt.

■ Gefährdetes Grün: Genau diese Flächenversiegelung ist ein wichtiger Aspekt. Mehr Häuser und mehr Unternehmen bedeuten Wohnraum und Arbeitsplätze, aber auch weniger Raum für Flora und Fauna. Zudem begünstigen viele versiegelte Flächen, vor allem in Hanglagen, Überflutungen bei Unwetter. Weitere Anstrengungen zum Schutz bei Starkregen sind vor allem in Alfter-Ort erforderlich. Grundsätzlich müssen Umweltschutz und Klimawandel einen noch höheren Stellenwert einnehmen. Dazu reicht schon ein Blick in den massiv geschädigten Alfterer Wald. Die linksrheinischen Kommunen arbeiten gemeinsam an Strategien, um dem Klimawandel und seinen Folgen zu begegnen. Letztlich müsste der Umweltschutz auch in Alfter bei politischen Entscheidungen automatisch mitgedacht werden. Kein Entscheidungsrecht hat die Kommunalpolitik bei der geplanten Erweiterung des Tontagebaus in Witterschlick. Das liegt bei der für Bergbau zuständigen Bezirksregierung Arnsberg.

■ Pendlerhauptstadt: Alfter ist als Wohnort auch wegen der günstigen Lage beliebt. Wer in Bonn, Köln oder anderen Kreiskommunen arbeitet, ist schnell dort. Nicht umsonst hat Alfter eine der höchsten Auspendlerquoten in NRW. Bei vielen sanierungsbedürftigen Straßen ist das Autofahren in Alfter aber auch nicht immer ein Vergnügen. Noch seltener ist es das für Radler. Wer sich in der Freizeit aufs Rad schwingt, hat zwar dazu tolle Möglichkeiten durch Wald und Feld, für Radpendler etwa nach Bonn muss noch einiges getan werden. Die Note 4,1 im jüngsten Fahrradklimatest des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) muss Mahnung und Ansporn zugleich sein. Radwege müssen ausgebaut, saniert und sicherer gemacht werden.

Ebenso wichtig ist die Verknüpfung der Verkehrsarten. Stadtbahn- und Eisenbahnhaltestellen sollten als Mobilstationen einen schnellen Umstieg zwischen Auto, Fahrrad und öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) ermöglichen. Beim ÖPNV ist Alfter gut aufgestellt, die von der Politik geforderte Einrichtung einer Kleinbuslinie zwischen Volmershoven-Heidgen und dem Rathaus darf aber nicht aus dem Blick verloren werden.

Weiterhin ungelöst ist das Problem des Schwerlastverkehrs durch die engen Dorfstraßen Witterschlicks und Volmershoven-Heidgens.

■ Warten auf die Schule: Zweimal ist die Einrichtung einer weiterführenden Schule in Trägerschaft der Gemeinde schon gescheitert. Es kann aber nicht sein, dass eine Kommune mit rund 24 000 Einwohnern keine solche Schule hat.

Ein dritter Anlauf, wie er ja auch vom überwiegenden Teil der Politik bekräftigt wird, muss mit aller Kraft verfolgt werden. Nicht zuletzt, weil durch die Neubaugebiete wie in Witterschlick weitere Familien zuziehen werden. Der geplante Schulcampus der Freien Christlichen Schulen in Oedekoven ist kein Ersatz für eine staatliche Schule.

■ Die schwarze Zahl: 2021 muss die Gemeinde Alfter einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, sonst rutscht sie in den Nothaushalt. Auch ohne die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie wird das für den Kämmerer ein Kraftakt. Und selbst ein rechnerisches Plus im kommenden Jahr bedeutet nicht, dass Alfter dann das Geld mit vollen Händen ausgeben kann.

Zumal die Gemeinde möglicherweise bald noch mehr für Personal ausgeben muss. Wenn sie weiter wächst, könnte sie in einigen Jahren von Amts wegen zur Stadt werden. Das wäre etwa mit der Einrichtung einer Bauaufsicht und eines Straßenverkehrsamts verbunden. Beständige finanzielle Selbstbeherrschung ist oberste Pflicht. Und die Alfterer Politik muss gut aufpassen, dass bei den Großprojekten die Kosten nicht aus dem Ruder laufen.

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