Kriegsende 1945 im Vorgebirge Lehrer berichtet vom Neuanfang in Witterschlick

Alfter-Witterschlick · Zwischen Trümmern, Besatzung und Mangel: In seinen Notizen berichtet der Witterschlicker Lehrer Kletus Badur vom schulischen Neustart nach dem Krieg. Dabei ging ihm aber nicht nur um Räume und Bücher.

 Nach einem Luftangriff im Februar 1944 sind in Witterschlick viele Häuser und das Kirchenschiff zerstört.

Nach einem Luftangriff im Februar 1944 sind in Witterschlick viele Häuser und das Kirchenschiff zerstört.

Foto: Bernd Schwindt

Der Filmapparat der Schule war weg. Ebenso die Leinwand. Ob beides von US-amerikanischen Soldaten mitgenommen wurde, ist nicht bekannt. Allerdings findet sich in den handschriftlichen Notizen aus dem Jahr 1945 der Hinweis, dass die beiden Dinge „seit dem Einzug der Besatzung verschwunden“ sind.

Niedergeschrieben hat das ein Lehrer aus Witterschlick. Nach Ansicht des Heimatforschers Klaus Trenkle muss es sich dabei um Kletus Badur gehandelt haben. Die Aufzeichnungen haben Eingang in Trenkles umfangreiche Darstellung der Witterschlicker Geschichte gefunden. In zahlreichen Publikationen hat er sich seinem Wohnort in vielen Aspekten gewidmet. Natürlich auch dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Neuanfang zwischen Trümmern, Besatzung und Mangel.

Den Mangel verwalten

Diesen Mangel musste auch Lehrer Badur verwalten, als es galt, den Schulunterricht wieder aufzunehmen. Die Amerikaner hatten Witterschlick am Morgen des 7. März 1945 erobert.

Badurs Aufzeichnungen aus dem zweiten Halbjahr 1945 und vom Beginn des Jahres 1946 stehen beispielhaft dafür, wie auch die Menschen im Vorgebirge versuchten, das Alltagsleben wieder in Gang zu bringen. Und dazu gehörte auch der Schulunterricht.

So listete Badur in einer Notiz von September 1945 217 Mädchen und Jungen für die Klassen eins bis sieben auf. „Alle Schulkinder sind katholisch“, fügte er hinzu. Für die Kinder standen drei Schulsäle zur Verfügung, beantwortete Badur am 12. September 1945 eine Anfrage des Schulamts. Ein weiterer könne nach einer Instandsetzung bezogen werden. Allerdings mangele es an Schulbänken. Der Pädagoge machte sich allerdings nicht nur um die Durchführung des Unterrichts Gedanken. So schrieb er ebenso an seine Vorgesetzten: „Das Schuhwerk der Kinder ist größtenteils schlecht. Es ist jetzt nur ein Schumacher im Ort tätig, der die Reparaturen nicht bewältigen kann.“

Keine Nazi-Bücher mehr

Landauf, landab machten sich in jenen Tagen die Menschen zudem sorgenvolle Gedanken um warme Räume. So auch Lehrer Badur für seine Schule. Er übermittelte ans Schulamt: „Das vorhandene Heizmaterial wird bei normaler Temperatur bis etwa Mitte Dezember reichen. Der Lieferant sagte zu, nach einiger Zeit erneut Brand liefern zu können. Notwendigenfalls wird die Gemeinde Holz schlagen.“

Nach und nach lief das schulische Leben auch in Witterschlick wieder an. Wie im ganzen Land ging es dabei aber nicht nur um materielle Dinge, sondern auch um die geistige Haltung. Das belegt eine Antwort Badurs auf eine Anfrage der Besatzer vom 10. Januar 1946. Er schrieb: „Die nationalsozialistischen Lehr- und Lernmittel sind beim Einzug der amerikanischen Besatzungstruppen zerstört und vernichtet worden (zerrissen und verbrannt).“

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