Naturschutzwächter Nicht nur dem wilden Müll auf der Spur

Rhein-Sieg-Kreis · Dieter Schubert aus Alfter ist seit 18 Jahren als Naturschutzwart in der Kommune unterwegs. In flagranti hat er bisher noch niemanden erwischt

 Naturschutzwart Dieter Schubert ist für unter anderem die Alfterer Außenbereiche zuständig. FOTO: ANNE WILDERMANN

Naturschutzwart Dieter Schubert ist für unter anderem die Alfterer Außenbereiche zuständig. FOTO: ANNE WILDERMANN

Foto: Anne Stephanie Wildermann

Es ist schwül. Die Luft ist drückend wie in einer Waschküche. Erste schwarze Wolken ziehen am Horizont auf. Ein Gewitter steht bevor. Dennoch will Dieter Schubert (54) aus Alfter-Olsdorf seine Runde gehen und nach dem Rechten schauen. Schubert ist Naturschutzwart und übt das Ehrenamt seit 2000 aus.

Sein Dienstbezirk sind Bereiche der Gemeinde Alfter: Olsdorf, Alfter-Ort, Birrekoven und Gielsdorf. So steht es in seinem grünen Ausweis mit Lichtbild. „Alle zwei Jahre wird er verlängert“, sagt Schubert, zeigt die Stempel des Umwelt- und Naturschutzamtes des Rhein-Sieg-Kreises und steckt das Dokument zurück in seine Geldbörse.

Bis 2016 wurden die Naturschutzwarte noch Landschaftswarte genannt, wie der Schriftzug auf Schuberts dunkelgrüner und wetterfester Jacke belegt. Auf der Vorderseite, auf der linken Brust, prangt das Kreiswappen. Vor 18 Jahren entdeckte der Beamte, der bei der Stadt Bonn beschäftigt ist, eine Anzeige des Kreises, der die Stelle zum Naturschutzwart in der Zeitung ausgeschrieben hatte. „Ich bin eh viel draußen in der Natur, gehe spazieren und bewege mich. Das kann man doch miteinander verbinden, dachte ich damals“, erinnert sich der dreifache Familienvater.

Welche Tour er geht, legt er selbst fest – auch die Tageszeit. An diesem späten Nachmittag ist es eine einstündige Strecke von etwa fünf Kilometern in Richtung Birrekoven. Teilweise ist Schubert sogar an die drei Stunden unterwegs. „Mindestens einmal die Woche will ich los gehen. Natürlich ist es abhängig von meiner Zeit. Ich habe noch andere Ehrenämter wie bei der Kirchengemeinde“, sagt er. Inzwischen geht es einen kleinen, schmalen, bergigen Pfad hinauf. Links und rechts steht das Gras hoch. Es geht vorbei an Pferdekoppeln, Schafsweiden, Wiesen und Einmündungen zum Kottenforst. Für wilden Müll oder andere Vergehen auf freien Flächen ist Schubert verantwortlich. Nicht für die Wälder, dafür sind Forstmitarbeiter zuständig. „Sobald ich wilden Müll auf meiner Strecke entdeckte, melde ich den bei der Gemeinde Alfter. Es ärgert einen schon, wenn man engagiert ist und dann so was entdeckt“, sagt Schubert. Des Weiteren schaut er sich seinen Bezirk ganz genau an und muss Veränderungen wie einen illegal errichteten Pferdestall bemerken und melden. „Oder wenn jemand auf einer Streuobstwiese abholzt“, ergänzt er.

Wenn Reiter unterwegs sind, muss er die gelbe Plakette am Zaumzeug der Tiere kontrollieren. Nur mit einer gültigen Plakette dürfen Reiter unterwegs sein. Ist das nicht der Fall, muss er sich den Namen notieren und weiterleiten. Das Problem: Betroffene sind Schubert gegenüber nicht ausweispflichtig. „Und ohne Namen wird es schwer, denjenigen ausfindig zu machen“, ergänzt er. Festhalten, wenn jemand eine Straftat begangen hat, darf Schubert – so wie jeder andere Bürger auch. „Dennoch ist es wichtig, den Eigenschutz zu wahren,“ betont er. Den starken Mann zu markieren, ist nicht Schuberts Art, dafür wirkt er viel zu gelassen und besonnen.

In den vergangenen 18 Jahren hat er noch niemanden in flagranti erwischt oder wurde von mutmaßlichen Umweltsündern tätlich angegriffen oder verbal angegangen. „Ich finde, dass die Leute im Vorgebirge eine gute Beziehung zur Landschaft und zur Natur haben“, begründet er das rücksichtsvolle Verhalten ihm gegenüber.

Hin und wieder gucken Spaziergänger, die mit freilaufenden Hunden unterwegs sind, den Naturschutzwart nach eigenen Aussagen „etwas schief“ an, wenn er sie darauf aufmerksam macht, dass für die Vierbeiner Leinenpflicht gelte. „In der Regel sind die Leute einsichtig“, sagt Schubert lächelnd. Zum Großteil grüßen ihn Spaziergänger oder nicken ihm zu, wenn sie ihm begegnen. So auch eine junge Joggerin. „Es ist wichtig, dass man mit den Leuten vernünftig spricht, wenn sie etwas falsch gemacht haben. Schließlich repräsentiere ich eine Behörde“, sagt er. Manchmal ist für Schubert auch seine Frau eine große Hilfe. Wenn sie auf ihrer Joggingrunde hier und da etwas Verdächtiges entdeckt, gibt sie ihrem Mann direkt Bescheid. „Müll und Unrat kann im Übrigen jeder melden, dafür muss man nicht explizit mich ansprechen“, erklärt Schubert und erwähnt, dass die Kooperation mit der Gemeinde Alfter gut laufe. Binnen ein bis zwei Tagen sei wilder Müll oder Unrat abgeholt.

Schubert liebt seinen Bezirk, wie er selbst sagt, und gesteht, dass er ihm in den vergangenen Jahren „richtig ans Herz gewachsen“ sei. Das glaubt man sofort. An der kleinen Judas-Thaddäus-Kapelle oberhalb von Birrekoven bleibt er stehen und besieht sich die gegenüberliegende Streuobstwiese. „Schön, dass man darin investiert hat“, sagt er fast wie zu sich selbst.

Manchmal begleitet ihn eines seiner drei Kinder durch das Einsatzgebiet. Selbst als Naturschutzwart aktiv sein wollen sie nicht. Für Schubert ist das in Ordnung. Er weiß von dem Nachwuchsmangel bei Ehrenämtern im Allgemeinen. Für ihn kommt ein Aufhören nicht in Frage – allein aus dem Grund, weil man etwas dort bewirken kann, wo man lebt. „Die Natur und die Landschaft sind die einzige Lebensgrundlage, die wir haben. Es gibt keine Reserven. Man kann viel vor der eigenen Haustür tun, dafür muss man nicht nach Afrika reisen“, sagt er ohne den Einsatz gegen das Abholzen der Tropenwälder abwerten zu wollen.

Inzwischen ist das Grollen des Donners kaum zu überhören. Rechtzeitig erreicht Schubert sein Haus, bevor ein heftiger Platzregen auf den Asphalt stürzt.

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