Urteil der Bonner Jugendstrafkammer Prügelattacke in Alfter-Gielsdorf führte fast zum Tod

Bonn/Alfter · Ein 20-Jähriger wurde vor der Bonner Jugendkammer wegen schwerer und gefährlicher Körperverletzung zu einer langjährigen Jugendstrafe verurteilt. Das Opfer soll 30.000 Euro Schmerzensgeld bekommen.

 Die beiden angeklagten Freunde mit ihren Anwälten beim Prozessauftakt. Jetzt wurde das Urteil gesprochen.

Die beiden angeklagten Freunde mit ihren Anwälten beim Prozessauftakt. Jetzt wurde das Urteil gesprochen.

Foto: Alf Kaufmann

Als der 23-Jährige in der Nacht zum 13. August 2017 in den Schockraum der Uni-Klinik gebracht wurde, war er fast ohne Reaktion. Die Ärzte des Notfallzentrums konnten nach Prüfung seiner Vitalität auf der sogenannten Glasgow-Koma-Skala nur noch vier von maximal 15 Punkten feststellen. „Das war kurz vor Tod“, formulierte es Volker Kunkel, Vorsitzender einer Bonner Jugendstrafkammer, jetzt im Urteil gegen den 20-jährigen Täter, der die folgenschweren Verletzungen nach einem sinnlosen Gewaltexzess zu verantworten hat.

Viereinhalb Jahre Jugendstrafe unter anderem wegen schwerer und gefährlicher Körperverletzung, so der Schuldspruch der Richter. Zudem muss der Heranwachsende 30 000 Euro Schmerzensgeld an den 23-Jährigen zahlen, der einst geplant hatte, Feinmechanik und Physik zu studieren, aber es noch lange nicht wird tun können.

Es ist eine Tragödie, die aus dem Nichts kam: Auf dem Heimweg am frühen Morgen nach dem Junggesellenfest im Dorfgemeinschaftshaus in Gielsdorf wurden der 23-Jährige und seine Freunde attackiert, weil sie die Bitte nach einer Zigarette verweigert hatten. Der sturzbetrunkene Angeklagte prügelte mit Fäusten ungebremst los. Auch als der 23-Jährige zu Boden ging, trat er auf den Bewusstlosen noch weiter ein. Die Folgen: Ein schweres Schädelhirntrauma und Hirnblutungen. Nach 17 Tagen in der Intensivmedizin folgten mehrere stationäre Reha-Maßnahmen. Aber selbst ein Jahr nach dem Vorfall erlebt er Ausfallerscheinungen der linken Seite, vor allem auch ein Gefühl der Wehrlosigkeit. Der junge Mann werde noch zwei weitere Jahre brauchen, schätzt ein Gutachter, bis er in der Lage ist, wieder einigermaßen zu funktionieren.

Dem Angeklagten waren seinealkoholbedingten Ausfälle bekannt

Er habe von seiner Gefährlichkeit unter Alkohol gewusst, hielt Kunkel dem Angeklagten vor, der sich an nichts mehr erinnern kann. „Sie haben sich vorsätzlich besoffen, obwohl Ihnen Ihre alkoholbedingten Ausfälle bekannt waren.“ Fünf Vorstrafen hat der 20-Jährige bereits im Register. Und noch schlimmer, so Kunkel: Keine sieben Wochen vor der Tat war er vom Amtsgericht Euskirchen zu fast zwei Jahren Haft verurteilt worden, auch einschlägig. „Die Strafe hat nichts gefruchtet. Im Gegenteil.“ Nur weil das Urteil nicht rechtskräftig war, war der 20-Jährige am Abend des Junggesellenfestes auf freiem Fuß. Seine Schuld wiegt schwer, stellte das Gericht am Ende fest.

Sein mitangeklagter Freund, dem die folgenschwere Prügelattacke ebenfalls angelastet worden war, wurde von dem Vorwurf freigesprochen. „Wir konnten nicht feststellen, dass er einen Schlag gegen den 23-Jährigen geführt hatte“. Allerdings hatte er in dem Tumult einen anderen geschlagen und wurde deswegen zu acht Monaten Haft mit Bewährung verurteilt und muss als Auflage 1000 Euro an den Kinderschutzbund zahlen. Für den 21-Jährigen ist der Fall dennoch bitter: Er hat zwei Meter daneben gestanden, als sein besoffener Kumpel „sinnlos um sich schlug und trat“, und dieses nicht verhindert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort