Bevölkerungsentwicklung im Rhein-Sieg-Kreis Rheinbach rechnet mit Zuwachs

RHEIN-SIEG-KREIS · Schrumpft die Bevölkerung im Rhein-Sieg-Kreis oder wächst sie? Unterschiedliche Tendenzen zur Entwicklung in der Region haben jüngst Studien der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg, die der Kreis in Person des Wirtschaftsförderers Hermann Tengler scharf kritisierte, und der Bertelsmann-Stiftung aufgezeigt.

 100 Baugrundstücke stehen im Baugebiet Kammerfeld am nordwestlichen Ortsrand von Swisttal-Heimerzheim Bauwilligen zur Verfügung.

100 Baugrundstücke stehen im Baugebiet Kammerfeld am nordwestlichen Ortsrand von Swisttal-Heimerzheim Bauwilligen zur Verfügung.

Foto: Hans-Peter Fuß

Während die IHK-Studie wie berichtet für den Zeitraum von 2002 bis 2013 einen leichten Bevölkerungsrückgang um minus 0,5 Prozent in der Region feststellt, prognostiziert die Bertelsmann-Stiftung für den Kreis von 2012 bis 2030 ein Wachstum um 1,4 Prozent und für Bonn ein Plus von 7,2 Prozent. Wie reagieren Kommunen auf diese konträren Aussagen und welche politischen Ansätze verfolgen sie in Bezug auf die Bevölkerungsentwicklung? Der GA hat bei den linksrheinischen Städten und Gemeinden nachgefragt.

Bornheim: "Im Zuge der Aufstellung des Flächennutzungsplans haben wir einen Gutachter beauftragt, die Bevölkerungsentwicklung zu prognostizieren - und daran orientieren wir uns", sagt Bornheims Bürgermeister Wolfgang Henseler. Natürlich beobachte man aber auch die Zahlen der bei der Stadt gemeldeten Einwohner, und die nähmen kontinuierlich zu. Zum 30. Juni seien 47.999 Personen in Bornheim mit ihrem Erstwohnsitz gemeldet gewesen. Auch die Bertelsmann-Studie prognostiziert für Bornheim einen Bevölkerungszuwachs von 46.350 Einwohnern im Jahr 2012 auf 47.270 Bürger 2030. Für das Jahr 2015 geht sie allerdings von 46.770 Einwohnern aus - hier fällt die tatsächlich gemeldete Zahl zum jetzigen Stand also höher aus als die Prognose. "Wir haben in den letzten Jahren mehr auf Gewerbe- und Einzelhandelsentwicklung gesetzt", so Henseler, jetzt kümmere sich die Stadt mehr um die Wohnungsbauentwicklung, sagt der Bürgermeister und verweist auf mehrere geplante Baugebiete für Ein-, aber auch Mehrfamilienhäuser.

Und die Nachfrage sei groß. "Ich wundere mich über die IHK-Aussagen", stellt Henseler mit Blick auf den vermeldeten Bevölkerungsrückgang fest, "die Leute laufen uns die Türen ein." Er sehe das ähnlich wie die Eigentümergemeinschaft Haus & Grund, dass es gerade in Bonn und Köln einen großen Bedarf auf dem Wohnungsmarkt gebe, den die beiden Städte alleine nicht decken könnten. "Zum Beispiel junge Familien, die sich ein Haus leisten wollen, landen bei uns, und das wollen wir auch fördern", betont Henseler. Er sehe Bornheim mit anderen Kommunen der Rheinschiene wie Alfter, Wesseling und Brühl in einer ähnlichen Entwicklung. Die Flächen in Brühl und Wesseling seien aber ebenso wie in Bonn begrenzt, sodass Bornheim davon nur profitieren könne.

Alfter: Auch Mario Kettermann, Fachgebietsleiter für Hochbauplanung bei der Gemeinde Alfter, verweist auf den Flächennutzungsplan, der der Kommune als Orientierung für Wohnbauplanungen diene. Nach den Prognosen der Bertelsmann-Stiftung schrumpft Alfter von 22.940 Einwohnern im Jahr 2012 auf 22.720 im Jahr 2030. Studien könnten zwar auch als Orientierungsrahmen dienen, sagt Kettermann, man müsse Planungen aber immer auf den Einzelfall, "auf die Gegebenheiten vor Ort herunterbrechen" und genau prüfen, inwieweit Studien auf einzelne Ortschaften übertragbar seien. Eine Schwierigkeit der Wohnbauplanung in Alfter sei der bedingte Platz in den Ortszentren. Da gelte es auszuloten, ob und inwiefern man maßvoll dazubauen könne. Auch ein maßvolles Umnutzen von bestehenden Gebäuden sei ein Thema.

Meckenheim: Die Studie sagt Meckenheim bis 2030 einen Einwohnerrückgang von 4,1 Prozent von 23.580 auf 22.600 voraus. Eine Bewertung dieser Zahlen der Bertelsmann-Stiftung sei nicht möglich, heißt es dazu aus dem Meckenheimer Rathaus. "Alle Prognosen sind im Grunde Schätzungen, die auf verschiedenen Faktoren beruhen. Dabei kann es sein, dass diese Faktoren von den Aufstellern der Prognosen unterschiedlich gewichtet werden und so auch die Ergebnisse unter Umständen gravierend voneinander abweichen", teilt Sabine Gummersbach vom Ratsbüro mit.

Die Stadt Meckenheim habe bereits eine Vielzahl von Neubaugebieten ausgewiesen, so dass der Zuzug von jungen Familien mit Kindern in den vergangenen Jahren stetig zugenommen habe. Auch die weitere Planung und Ausweisung von neuen Baugebieten soll die positive Entwicklung der Stadt Meckenheim unterstreichen.

Rheinbach: Der Stadt Rheinbach prognostiziert Bertelsmann bis 2030 einen Zuwachs von 7,2 Prozent (26.630 auf 28.540) an Einwohnern. Dies nimmt Bürgermeister Stefan Raetz erfreut zur Kenntnis. "Die Zahlen zeigen, dass wir Potenzial haben. Es ist aber auch eine Herausforderung für die Stadt", sagt er. Weil viele Menschen nach Rheinbach ziehen möchten, entstehe Druck auf dem Wohnungsmarkt. Es müsse jedoch gelingen, auch Wohnungen für die Geringverdiener anzubieten. Ein Bevölkerungswachstum von einem Prozent pro Jahr sei für die Stadt gesund und verkraftbar. Wachse die Stadt schneller, könne es dazu kommen, dass die Infrastruktur (Schulen, Kindergärten) nicht mehr ausreiche. Raetz kündigte an, bald ein neues Baugebiet in der Kernstadt auszuweisen. Wo das sein werde, wollte er allerdings noch nicht sagen. In Planung seien Bauprojekte am Bahnhof, auf dem Pallotti-Gelände und am Städtischen Gymnasium. Baugebiete existieren zurzeit in Flerzheim, Wormersdorf und Oberdrees. In Merzbach seien noch viele Baulücken zu schließen. Insgesamt rechnet Raetz mit einem noch größeren Zuwachs als von Bertelsmann vorausgesagt.

Swisttal: Für die Gemeinde Swisttal geht die Studie von einem Einwohnerrückgang von 17.500 auf 16.900 (3,4 Prozent) aus. Dies sieht man im Rathaus in Ludendorf allerdings nicht so. Die Gemeinde Swisttal geht, wie der Kreiswirtschaftsförderer Hermann Tengler, von einem Bevölkerungswachstum für den Rhein-Sieg-Kreis aus. Swisttal habe die Voraussetzungen geschaffen, um hieran zu partizipieren, sagt Pressesprecher Bernd Kreuer. Nach den Daten des Einwohnermeldeamtes wohnten mit Stand Januar 2015 insgesamt 18.714 Menschen in Swisttal, davon 691 mit Zweitwohnsitz. Bereits im Jahr 2010 habe die Kommune ein Gemeindeentwicklungskonzept aufgestellt und hieraus die Neuaufstellung des Flächennutzungsplans entwickelt. Kreuer: "Dabei hat die Gemeinde neben neuen Baugebieten ebenso Wert auf eine gesteigerte Innenentwicklung gelegt. Den größten Anteil der Zuzüge nach Swisttal bilden Familien mit Kindern. Ziel ist es, durch eine entsprechende Baulandentwicklung diesen Anteil konstant zu halten."

Kreuer erwähnt besonders die im neuen Flächennutzungsplan für alle Orte vorgesehenen Baugebiete. Schwerpunkte bildeten die größeren Siedlungsbereiche Buschhoven, Heimerzheim und Odendorf. Die Baugebiete weisen laut Kreuer Platz für etwa 1100 Einwohner auf. Insgesamt gehe die Gemeinde in den nächsten 15 Jahren von einer konstanten bis leicht steigenden Einwohnerzahl aus.

Die Studie der Bertelsmann-Stiftung ist zu finden unter www.wegweiser-kommune.de, die Standortstudie der IHK unter www.ga.de/studie

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