Bahnhof Witterschlick Selbst Hand anlegen im Stellwerk-Museum

ALFTER-WITTERSCHLICK · "Einmal von Witterschlick nach Hamburg bitte! Zwei Kinder, zwei Erwachsene." Auf diese ungewöhnliche Verbindung war die adrett uniformierte Fahrkartenverkäuferin am Schalter im Bahnhof Witterschlick nicht vorbereitet. Doch ein kurzer Blick auf die Preistafel aus dem Jahr 1963 genügte, um den stolzen Betrag von 224 D-Mark auf der Fahrkarte einzutragen.

Fahrdienstleiter Ferdinand Heuser (2. von rechts) zeigt, dass durch den Hebel, den der Junge (links) betätigt, die Freigabe für den jeweiligen Zug auf der Bahnstrecke erfolgt.

Foto: Roland Kohls

Zögernd nehmen Max (4) und seine gleichaltrige Freundin Lea die Karte aus stabiler Pappe entgegen. "Haben wir denn überhaupt so viel Geld dabei?"

Geld brauchte Familie Olzem bei ihrem Besuch des Stellwerkmuseums im Bahnhof Witterschlick nicht. Und auch auf Reisegepäck konnte getrost verzichtet werden. Denn gefahren wurde ausschließlich die Strecke Duisdorf-Kottenforst - und zwar im Modellbahn-Maßstab H0.

Zum zweiten Mal in diesem Jahr öffnete das kleine Anfass- und Ausprobiermuseum im alten Stellwerk am Sonntag seine Pforten. "Wir freuen uns, dass immer mehr Interessierte den Weg in unser kleines Museum finden", freute sich Albert Söhngen, der seit 2004 Eigentümer des Empfangsgebäudes und aller Museumsanlagen ist. Gemeinsam mit Stefan Ingenfeld, der für die Ausstattung verantwortlich zeichnet, begrüßte er die Besucher in historischer Uniform. Auch Olaf Ludwig und Ferdinand Heuser hatten die Berufskleidung der Eisenbahner angelegt. Heuser, der bis zur Stilllegung der Strecke im Jahr 2011 im Witterschlicker Stellwerk tätig war, kennt hier noch jeden Hebel.

"Zwölf Jahre lang habe ich hier 350 Hebelbewegungen in einer Achtstundenschicht getätigt." Dass man für die Umlegung eines Weichenhebels durchaus ein paar Muskeln benötigt, stellte der elfjährige Nils aus Volmershoven fest. Obwohl er sich mit Modelleisenbahnen gut auskennt, war der Besuch des Stellwerks in Witterschlick für den Schüler eine Premiere. Aufmerksam lauschte er den Erklärungen Ferdinand Heusers, der die jungen Gäste gerne Hand anlegen ließ. Das unmittelbare Ergebnis der Hebelbetätigung war im Modell sogleich zu beobachten. "Hier können die Besucher gut nachvollziehen, welch hoher technischer Aufwand getrieben wird, damit die Züge sicher fahren", so Albert Söhngen.

Noch vor zwei Jahren war die alte Technik in Witterschlick in Betrieb. Im September 2011 wurde die Strecke der Regionalbahn (RB) 23 zwischen Bonn und Euskirchen modernisiert. Seitdem werden die Signale und Weichen elektronisch von einem zentralen Stellwerk in Euskirchen aus bedient.

Öffnungszeiten des Stellwerksmuseums im Bahnhof Witterschlick, Servaisstraße 34: Jeden ersten Sonntag im Monat von 12 bis 18 Uhr.