Silvester auf dem Rinderhof Familie aus Alfter feiert den Jahreswechsel mit 80 Rindern

Interview | Alfter · Wie Kühe, Kälbchen und Bullen mit der ,Knallerei umgehen, wieso der Alfterer Familienbetrieb Burg Ramelshoven auf Bio umgestellt hat und was der Klimawandel für sie bedeutet, erzählt Meike Frizen im Interview.

Meike Frizen betreibt mit ihrem Mann Peter den Rinderbetrieb Burg Ramelshoven.

Meike Frizen betreibt mit ihrem Mann Peter den Rinderbetrieb Burg Ramelshoven.

Foto: Axel Vogel

Über ein Neujahrsbaby konnten sich Meike und Peter Frizen schon des Öfteren freuen. Die beiden halten auf ihrem Betrieb Burg Ramelshoven in Alfter rund 80 Rinder, und im Verlauf der nächsten Wochen könnten 15 Kälbchen das Licht der Welt erblicken. Wie die Tiere mit der Knallerei zu Silvester zurechtkommen, welche Arbeiten trotz der Feiertage anstehen, was der Klimawandel für sie bedeutet und was es mit der Bio-Zertifizierung des Familienbetriebs auf sich hat, darüber sprach Meike Frizen mit GA-Redakteurin Antje Jagodzinski.

Wie verbringen Sie die Silvesternacht, während 80 Rinder im Stall stehen?

Meike Frizen: Wir bleiben Silvester immer zu Hause, falls Böller mal querfliegen und damit wir direkt einschreiten können. Das ist zum Glück noch nicht passiert, aber da es ein alter Betrieb und ein alter Stall ist, ist die Brandgefahr groß, wenn ein Funken überschlägt. Aber eine Freundesgruppe von sechs Erwachsenen und mittlerweile sechs Kindern kommt uns jedes Jahr besuchen und feiert mit uns.

Sind Sie nervös wegen der Knallerei?

Frizen: Nein, vor allem deshalb, weil alle Tiere im Stall, auch die Jungtiere, entspannt sind und ihnen der Lärm nichts ausmacht. Das Gute ist, dass wir im Stall Gruppen gemischter Altersklassen mit erfahrenen Altkühen haben, die sowieso nichts aus der Ruhe bringt. Daran orientieren sich dann auch unsere Jungtiere.

Aber Sie selbst schießen wahrscheinlich keine Raketen ab, oder?

Frizen: Doch, schon (lacht). Aber in gehörigem Abstand!

Wie viel Arbeit haben Sie denn noch am Silvestertag?

Frizen: Da jetzt alle Tiere im Stall auf Stroh stehen, sind wir regelmäßig gefragt, frisches Stroh einzustreuen und natürlich täglich Futter zu bringen. Aber das kann man sich einteilen, sodass wir am Nachmittag fertig sind.

Und wie früh morgens geht es los?

Frizen: Da wir nicht melken, sind wir nicht an ganz so feste Zeiten gebunden. Meistens fangen wir um 7 Uhr in den Ställen an. Neujahr darf es dann gerne ein bisschen später sein (lacht).

Was bekommen die Rinder für Futter?

Frizen: Wir füttern ausschließlich Gras- und Kleegrassilage. Das wird von unseren eigenen Flächen geschnitten, in Rundballen gepresst und in Folien gewickelt siliert. Die Tiere bekommen einen Ballen vor die Fressgitter gesetzt und können fressen, wann sie wollen. Mal ist auch ein Heuballen dazwischen.

In den Wintermonaten werden ja auch die Kälber geboren. Erwarten Ihre Kühe auch noch Nachwuchs?

Frizen: Ja, noch rund 15 Kälbchen stehen aus. Im Januar geht das los.

Und könnte sich auch ein Kälbchen in der Silvesternacht auf den Weg machen?

Frizen: Das kann gut sein. Wir haben oft Neujahrskälbchen, die letzten beiden Jahre auch. Das ist dann ein gutes Zeichen, dass die Tiere entspannt sind. Die Kinder überlegen immer einen Namen, letztes Jahr war es Marlene.

Das ist bestimmt aufregend gewesen oder?

Frizen: In den meisten Fällen sind wir gar nicht dabei, das machen die Tiere alleine. Natürlich kontrolliert mein Mann häufiger, wenn es Anzeichen gibt, dass eine Geburt bevorsteht. Aber gerade die erfahrenen Kühe machen das in der Regel alleine, und dann ist das Kälbchen plötzlich da. Gott sei Dank ist es hochselten, dass wir dabei unterstützen müssen.

Für Sie geht jetzt ein besonderes Jahr zu Ende. Sie haben im Mai die Bio-Zertifizierung erhalten. Wieso haben Sie diesen Schritt gewagt?

Frizen: Mit der Bio-Umstellung haben wir auch den Tierbestand von circa 70 Mutterkühen auf jetzt 30 Mutterkühe verkleinert. Danach haben wir noch an unserer Vermarktungsstruktur geschraubt, sodass das Fleisch aller Tiere, die bei uns auf dem Hof geboren werden, auch in der Region entweder ab Hof oder durch unsere Vermarktungspartner in der Region verkauft wird. Uns war besonders wichtig, dass wir wissen, wo unser Fleisch verarbeitet wird und dass es lokal verkauft wird.

Warum ist Ihnen die regionale Vermarktung so wichtig?

Frizen: Weil wir die Kontrolle haben möchten, dass es den Tieren gut geht, von Anfang bis Ende. Oftmals wussten wir nicht, wo unser Fleisch letzten Endes vermarktet wurde, da noch Mastbetriebe zwischengeschaltet waren. Wurde es überhaupt in Deutschland verkauft? Durch eine Kooperation mit dem benachbarten Biobetrieb Naturhof Wolfsberg haben wir eine zusätzliche Vermarktung gewonnen, das hat uns sehr viel weitergebracht. Für die Kunden gibt es kein transparenteres Produkt, da der komplette Lebensweg der Tiere ausschließlich auf unserem Betrieb stattfand.

Stichwort Klimawandel: Spüren Sie auch die Auswirkungen, etwa was die Trockenheit bei der Futterproduktion angeht?

Frizen: Ja, massiv. In diesem Jahr hatten wir das große Glück, dass wir auf einer zusätzlichen Fläche Kleegras angebaut hatten. Der erste Schnitt der Flächen bot dann noch einen ganz guten Ertrag, ehe die Trockenheit kam. Die Weiden sind tatsächlich alle verdorrt und waren komplett braun und trocken. Wir haben darum schon sehr früh, Anfang August, angefangen, das Winterfutter zuzufüttern. Zum Glück hatten wir einen guten Ertrag und haben dadurch jetzt für den Winter kein Problem.

Können Sie fürs nächste Jahr gegensteuern? Zum Beispiel noch mehr Klee pflanzen, wenn das gut lief?

Frizen: Klee kam erstaunlich gut mit der Trockenheit zurecht. Gras erholt sich andererseits schnell wieder, wenn Wasser nachkommt. Wir hätten auch die Möglichkeit einer Beregnung gehabt, aber da muss man auch abwägen: Wenn kein Wasser nachkommt, der Grundwasserspiegel so niedrig ist, dann kommt auch in unserem Beregnungsweiher nichts nach. Wir stellen uns schon die Frage, mit welchen Mechanismen wir weitermachen können, stärkere Beschattung zum Beispiel. Da müssen wir noch ein bisschen experimentieren.

Und Silvester gibt es dann Rinderbraten?

Frizen: An Heiligabend gab es Sauerbraten nach rheinischer Art. Es gibt nichts Leckereres (lacht).

Ist es nicht komisch, wenn man weiß, welches Tier man isst?

Frizen: Die Frage habe ich meinem Mann auch schon gestellt. Er kann das aber trennen. Er könnte zu jedem Tier eine Geschichte erzählen, aber tut es dann bei solchen Anlässen nicht.

Und was wünschen Sie sich fürs neue Jahr?

Frizen: Ganz viel Gesundheit für alle, das ist das Wichtigste. Und dass es ein bisschen ruhiger wird mit Blick auf alles, was aktuell so in der Welt passiert. Es ist eine ganz turbulente Zeit, die einen gedanklich oft in Beschlag nimmt, und da wünsche ich mir, dass ein wenig Ruhe einkehrt und viele wieder zur Besinnung kommen.

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