Aktionstag "Nachhaltigkeit" in Alfter Wenn Schaf Linchen zum Friseur muss

Alfter · Zwei Tage lang wurde Linchen auf ihren ersten Friseurbesuch vorbereitet: Immer wenn es – wie so oft in der vergangenen Woche – zu regnen drohte, musste das junge Schaf flugs zurück in den Stall gebracht werden.

 Stallgespräche: Schafscherer Klemens Boekholt schwerte das einjährige Schaf Lienbchen...

Stallgespräche: Schafscherer Klemens Boekholt schwerte das einjährige Schaf Lienbchen...

Foto: Roland Kohls

„Es dauert ein bis zwei Tage, bis das Fell eines Schafes getrocknet ist. Weil nasse Schafe nicht geschoren werden sollten, durfte Linchen nicht im Regen auf der Weide stehen“, erklärte Ulrike Kreysa, Gründerin des Alfterer Stallgesprächs.

Jeder Gast, der am Sonntag zum Aktionstag „Nachhaltigkeit“ unter dem Motto „Fairkleiden und Fairspeisen“ in den Stühleshof 106 gekommen war, gönnte Linchen, dass sie bei drückenden 27 Grad endlich von ihrem warmen „Pullover“ befreit wurde.

Die Schafdame selbst jedoch wusste nicht, wie ihr geschah, als sie von Schäfer Klemens Boekholt mit festem Griff auf den Hosenboden gesetzt wurde. Als der XXL-Rasierer dann auch noch begann, ihren Bauch freizulegen, kommentierte Linchen dies mit einem lauten „Mähh“. „Die Bauchwolle hat geringe Qualität und wird meist nicht weiter verwendet“, erläuterte der Schäfer, der insgesamt rund 350 Schafe und Ziegen hält und seine „Waisenkinder“ gerne in die Obhut von Ulrike Kreysa gibt.

„Der Zeitpunkt der Schur sollte nach der so genannten Schafskälte liegen“, so der Experte. „Häufig kommen nach sommerlich warmen Temperaturen im Mai noch einmal ein paar kühle Tage, die Schafen ohne wärmendes Fell durchaus gefährlich werden können.“ Den Schafschur-Weltrekord knackte Schäfer Boekholt mit Linchen nicht. Dafür konnte das Jungschaf nach rund zehn Minuten nackig, aber entspannt wieder zu seinen sechs Artgenossen zurückgeführt werden.

Was aus Linchens Wolle einmal werden kann, erfuhren die jüngsten Gäste am Aktionstag beispielsweise beim Filzen von Haarschmuck und Bändern. Außerdem führte die Schafschur vor Augen, wie viel Mühle die Gewinnung von Wolle für Kleidung kostet.

Getreu dem Motto „Fairkleiden und Fairspeisen“ konnten Besucher aussortierte Kleidungsstücke mitbringen und gegen andere eintauschen. Auch so manch aussortiertes Buch fand einen neuen Besitzer. „Wir wollen mit dieser Aktion an die Ressourcenschonung appellieren“, sagte Ulrike Kreysa. „Vielleicht freut sich jemand an dem Pullover, den man selbst einfach nicht mag und den man irgendwann in den Altkleidersack gesteckt hätte.“

Auch das Thema „Fairspeisen“ fand seine Umsetzung in einem leckeren Büffet, das liebevoll von Anne Vogelsang und Andrea Mathissen vorbereitet worden war. Dafür hatte Biobauer Leonhard Palm aus Uedorf jede Menge „Misfits“, also Obst und Gemüse, das nicht dem Standard entspricht, gespendet. Aus Spargel, Mangold, Rettich und Rhabarber, die nicht in den Verkauf gelangt wären, zauberten die beiden Mitglieder des Fördervereins Stallgespräch Pizza, Quiche, Kuchen, Muffins und erfrischende Rhabarberschorle.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort