Beweidung in der Region Wie ein Schäfer aus Alfter mit seinen Tieren zur Artenvielfalt beiträgt
Alfter/Bornheim · Schafe von Theo Burbach schaffen neuen Lebensraum für Insekten und Vögel. Die umfangreiche Beweidung der Herseler Rheinauen steigert die Artenvielfalt. Doch der Schäfer aus Alfter sieht seinen Beruf vom Aussterben bedroht.
Sorgenvoll sehen Pia, Luise und Sophie dem abfahrenden Viehtransporter nach, in den soeben die 150 Schafe der Schäferei von Theo Burbach verladen wurden, die bis dahin etwa vier Wochen lang die Herseler Rheinauen beweidet hatten. Doch die Sorge von Luise, die mit ihren 14-jährigen Klassenkameradinnen während eines Ausflugs die Verladeaktion der Schafe verfolgt hatte, dass die Schafe nun ihre letzte Fahrt zum Schlachthof antreten würden, war unbegründet. Die Moorschnucken, Stein- und Bergschafe werden nun auf einer Weide bei Miel an der Swist zum Einsatz kommen. Auf den Herseler Rheinauen ist alles, was für sie fressbar war, abgegrast. Was jetzt noch üppig bis zur bald folgenden Maht auf den Wiesen wächst, ist die für Schafe und Ziegen giftige Kanadische Goldrute. Etwa sechs bis acht Wochen später, wenn Gräser und Kräuter wieder nachgewachsen sind, kehren die Schafe in die Rheinaue zurück, um aus den früheren Äckern eine Stromtalwiese zu entwickeln.
„Wir werden wohl einige Jahre brauchen“, sagt Burbach, „bis wir die Goldrute zugunsten von heimischem Bewuchs zurückgedrängt haben.“ Der 54-Jährige geht davon aus, dass sich das invasive Gewächs über die verbotenerweise in den Rheinauen entsorgten Gartenabfälle verbreitet hat.
Landschaftspflege mit Schafen gewinnt zunehmend an Bedeutung
Die umfangreiche Beweidung der Herseler Rheinauen steigert die Artenvielfalt in der Region. Die Schafe von Theo Burbach schaffen dabei neuen Lebensraum für Insekten und Vögel. Die Landschaft durch die Beweidung mit seinen rund 2500 Schafen und Ziegen zu pflegen und zu prägen, ist für Schäferinnen und Schäfer wie Burbach zu einer Haupteinnahmequelle geworden. Zunehmend gewinnt die Landschaftspflege mit Schafen an Bedeutung. Sie macht laut Bundesverband der Berufsschäfer mittlerweile rund 59 Prozent des Einkommens von Schafhaltern aus. Erlöse aus Wolle und Lammfleisch reichen zur Existenzsicherung eines Schafbetriebes kaum noch aus. Burbach verzichtet gänzlich darauf. „Wolle ist ein Abfallprodukt“, sagt er. Ein kleiner Teil werde als Dünger genutzt, den großen Rest entsorgt er. Würde er Lammfleisch verkaufen wollen, hätte er auf andere Schafrassen wie das Schwarzköpfige Fleischschaf setzen müssen. Doch seine Erfahrungen damit sind unerfreulich. „Ich konnte die Herde kaum ohne Antibiotika besuchen“, sagt er. Die Tiere seien extrem empfindlich.
Für die Beweidung seiner unter Vertrag genommenen rund 700 Hektar Weideflächen sind die von ihm eingesetzten robusten Arten weitaus besser geeignet. Sommer wie Winter verbringen sie in der Regel außerhalb von Stallungen. Eine Vermischung der Schafrassen innerhalb einer Herde sorgt durch deren unterschiedliches Fressverhalten für eine gleichmäßige Beweidung. Nur eine Mischung der Geschlechter lässt Burbach in der Regel nicht zu. Allzu schnell könnte sich sein Tierbestand um mehrere Hundert Lämmer vervielfachen.
Der Schäfer beklagt einen komplizierten Verwaltungsdschungel
Im Gegensatz zu den drei Kindern von Theo Burbach, die heute alle im elterlichen Betrieb beschäftigt sind, hätte er nach seiner Mittleren Reife auf dem Hardtberg gerne noch weiter die Schule besucht, um alles andere als Schäfer zu werden. „Mir war damals schon klar, dass Bildung alles ist“, sagt er rückblickend. Doch als zehntes Kind des Duisdorfer Schäferpaars Burbach war für ihn ein früher Berufsstart vorgesehen. „Mein Traum war, eines Tages ein Hotel zu leiten“, sagt er und fügt verschmitzt lächelnd hinzu, dass daraus ja auch noch etwas werden könne. Jedoch brach er seine Lehre zum Hotelfachmann im Bonner Hotel Bristol aufgrund des unerwartet frühen Todes seines Vaters ab. Zusammen mit seinem Bruder Josef übernahm er die 500 Schafe des Vaters, der mit seinen Schafen noch auf Wanderschaft unterwegs war. Theo Burbach erinnert sich an die Erzählungen des Vaters, der in den Kriegs- und Nachkriegsjahren mit seinen Schafen bis zum Schlachthof nach Paris unterwegs war. Auch er erlebte noch eine Wanderzeit mit den Schafen. „Schafe dürfen alles“, kommt ihm in der Erinnerung daran als Erstes in den Sinn. Er muss die Freiheit, mit den Schafen unterwegs gewesen zu sein, genossen haben. „Da stellt sich keiner in den Weg, selbst wenn man über die Kennedybrücke zieht“, sagt er. Doch eines wusste er für sein Schäferdasein schon bald: „Ich möchte nicht arm sein.“ So baute Burbach den Familienbetrieb bis zu seiner jetzigen Größe aus.
Heute leben mit seiner Frau Nicole auch deren gemeinsame Kinder Andreas (30), Carina (28) und Simon (19) sowie Schwiegersohn Sven Ivers (35) und Neffe Christian (33) von der Schäferei Burbach, die in Alfter-Oedekoven beheimatet ist. Mit seinem Familienbetrieb hat sich der Theo Burbach auf die Beweidung von Flächen im Umkreis von etwa 150 Kilometern spezialisiert, die im Sinne des Naturschutzes zu pflegen sind. „Die Töpfe in NRW oder dem Naturschutz sind eigentlich gut gefüllt“, sagt Burbach, doch das Geld käme nicht an. Kaum jemandem gelänge es vollends, sich in dem komplizierten Verwaltungsdschungel zurechtzufinden. „Der Beruf des Schäfers ist vom Aussterben bedroht“, folgert er.