Willkommenscafé für Flüchtlinge Völkerverständigung bei Kaffee und Kuchen in Alfter

Alfter-Oedekoven · Regelmäßig richtet der Asylkompass Alfter ein Willkommenscafé für Ukrainer und Einheimische. Bei Kaffee und Kuchen ist der Krieg auch in Oedekoven präsent.

 Im Oedekovener Pfarrzentrum tauschen sich Geflüchtete und Einheimische aus.

Im Oedekovener Pfarrzentrum tauschen sich Geflüchtete und Einheimische aus.

Foto: Matthias Kehrein

Kaffee und Kuchen dienen ganz klar der Völkerverständigung. So richtet der Asylkompass Alfter – eine Initiative der evangelischen und katholischen Kirche – regelmäßig ein Willkommenscafé für aus der Ukraine geflüchtete Menschen sowie Einheimische aus. Und das nicht für Menschen aus Alfter.

So war jüngst auch Michael Römer aus Bonn-Buschdorf mit seinen neuen Mitbewohnern ins Oedekovener Pfarrzentrum am Jungfernpfad gekommen. Mitte März hatte Römer Sviatlana Basalai mit ihren Söhnen Wowa (6) und Sascha (3) aufgenommen. Die drei waren aus Kiew ins Rheinland gekommen. Das Café sei eine tolle Möglichkeit, mit Leuten ins Gespräch zu kommen, meinte der 65-Jährige, der per Zufall davon erfahren hatte.

Große Angst um den Ehemann in der Ukraine

Für ihn und seine Frau ist die Verständigung mit den Ukrainern nicht ganz einfach, sprechen diese weder Deutsch noch Englisch. Irgendwie klappt es aber doch, etwa dank verschiedener Sprach-Apps. Für das Bonner Ehepaar stand beim Eintreffen der ersten Flüchtlinge fest, dass es etwas tun wollte. Die drei ehemaligen Kinderzimmer im Haus standen leer, Platz für die Aufnahme einer Familie war gegeben. „Es ist anders, als man sich vorher vorgestellt hat. Man nimmt Personen auf, hat aber keine Vorstellung davon, was diese Menschen durchgemacht haben“, berichtete Römer

Bei Sviatlana Basalai spielt die Angst um den Ehemann eine große Rolle. Er ist Offizier bei einer Einheit für Landminenentschärfung und wurde kürzlich an die ostukrainische Front verlegt. Nach einer Verwundung hätte er sogar ausreisen dürfen, wollte aber lieber bleiben, erzählte Römer. Wenn er dann telefonisch nicht erreichbar sei, komme bei seiner Frau Panik verständlicherweise Panik auf. Um Basalai zu entlasten, beschäftigt sich Römer intensiv mit den Kindern, spielt mit ihnen Fußball oder geht auf den Spielplatz. Er kümmert sich auch um den Asylantrag, die Krankenversicherung und die Schulanmeldung für Wowa. Der 65-Jährige genießt jeden Tag mit seinen Gästen, für ihn und seine Frau steht fest: „Sie können so lange bleiben wie sie wollen.“

Zurück in die Heimat des Ehemanns

Nur wenige Tage nach dem russischen Einmarsch haben Mehmet Baser, seine Frau Liudmyla Dibrova und die knapp zwei Jahre alte Tochter Aylin die Ukraine verlassen. Sie kommen aus Poltawa, drei Tage haben sie mit dem Auto über Polen nach Deutschland gebraucht. Jetzt wohnen sie vorübergehend bei der Familie des 38-Jährigen in Medinghoven. Dort war Baser einst aufgewachsen, bevor es ihn in die Ukraine verschlagen hatte.

Die Sorge um die zurückgelassene Verwandtschaft und Freunde begleitet sie jeden Tag. Die Familie wartet auf einen Wohnberechtigungsschein, eine Aufenthaltsgenehmigung und eine eigene Wohnung. „Dann können wir andere Ukrainer aufnehmen und helfen“, sagt Baser.

Ob sie jemals in die Ukraine zurückkehren können, weiß der Familienvater nicht. Seine Frau sei bei der Polizei und hätte ihren Erziehungsurlaub zur Flucht genutzt. „Eigentlich hätte sie das Land nicht verlassen dürfen. Wir möchten nicht, dass sie bei der Rückkehr wegen Landesverrates verhaftet wird“, erläuterte Baser, der in der Ukraine als Taxifahrer gearbeitet hatte. Er ist immer froh, wenn das Willkommenscafé stattfindet, damit sich seine Frau sich mit Menschen aus der Heimat austauschen kann.

Zum zweiten Mal dabei ist auch Wladimir Martynenko aus der Stadt Dnipro. Der 60-Jährige ist allein mit dem Zug über Polen zunächst nach Berlin, dann nach Bonn und anschließend nach Alfter gekommen. Besonders anstrengend seien, erzählt Martynenko in akzentfreiem Deutsch, die nächtlichen Raketenangriffe. „Wenn man drei- bis viermal aufstehen und in den Keller gehen muss, geht das sehr auf die Psyche.“

Eine Zukunft in Deutschland

Der ehemalige Abteilungsleiter eines Batteriewerks liebt Deutschland, seitdem er als Soldat der sowjetischen Armee die deutsche Wiedervereinigung in Thüringen miterlebt hatte. Immer wieder hat er seiner Familie von Deutschland erzählt. Die gegenwärtige Hilfsbereitschaft hat ihn darin bestärkt, die Zukunft seiner Familie in Deutschland zu sehen. „In der Ukraine ist alles kaputt. Beide Kinder sind nicht verheiratet. Dann können sie ihr Schicksal auch hier finden.“

Das gilt auch für Liubava Ostapenko. Die 24-jährige Eurythmie-Studentin hat über ihren Professor in der Stadt Saporischschja Kontakt zur Alanus Hochschule erhalten. Dort studiert sie nun weiter. Ihre Eltern und der 14-jährige Bruder sind in der Ukraine geblieben. „Für sie es schwer in einem fremden Land“, so Ostapenko. Sie selber freut sich auf ihren Neuanfang, hat sie sich doch mittlerweile gut in Alfter eingelebt. Das Willkommenscafé hilft dabei.

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