Auf den Spuren der Ortshistorie Witterschlicker Geschichte in 6750 Aktennotizen

Alfter-Witterschlick · Heimatforscher Klaus Trenkle hat die Einträge von Gemeindevorsteher Anton Weber (1874-1951) aufgearbeitet und daraus drei Bände seiner Reihe „Beiträge zur Geschichte von Witterschlick“ erstellt.

 Der Witterschlicker Heimatforscher Klaus Trenkle.

Der Witterschlicker Heimatforscher Klaus Trenkle.

Foto: Axel Vogel

Anton Weber muss ein gewissenhafter und pflichtbewusster Mann gewesen sein. Rund 6750 Aktennotizen hat der damalige Witterschlicker Gemeindevorsteher (1874-1951) in den Jahren 1937 bis 1944 und 1948 bis 1951 verfasst. Seine Aufzeichnungen drehen sich um die allgemeine Gemeindeverwaltung, um Parteien, die Folgen des Ersten und Zweiten Weltkriegs, um örtliche Bauwerke, die Landwirtschaft, finanzielle Fragen, das lokale Handwerk, Vereine, das Schulwesen und so weiter und so fort.

Das alles hat Weber in einem dicken Buch festgehalten. Trotz des nüchternen Stils, in dem seine Notizen gehalten sind, zeichnen sie ein buntes Bild von Witterschlick mit Volmershoven-Heidgen in den der 1930er, 40er und 50er Jahren. Ein wahrhaft historischer Schatz.

Der Witterschlicker Heimatforscher Klaus Trenkle (77) hat diesen Schatz nun gehoben und so seine Schriftenreihe „Beiträge zur Geschichte von Witterschlick“ um gleich drei Bände erweitert: Nummer 23, Teil I, Nummer 23, Teil II sowie Nummer 24.

Die erste Publikation ist das Ergebnis von viel Akribie und Mühe. Das Heft beinhaltet nämlich eine Abschrift sämtlicher Aktennotizen aus Webers Buch, das Trenkle von einem Bekannten zur Aufarbeitung erhalten hat. „Die Arbeit des letzten Jahres war, das Buch abzuschreiben“, berichtet Trenkle im Gespräch mit dem General-Anzeiger.

Zweiter Weltkrieg und Wirtschaftswunder

Dabei ist der Heimatforscher äußerst behutsam mit den Aufzeichnungen des Gemeindevorstehers umgegangen. Dessen Rechtschreibung, Zeichensetzung und Abkürzungen hat er weitgehend übernommen und nur gelegentlich mit kleineren Korrekturen versehen – insgesamt mehr als 300 Seiten. Für Heft 23, Teil II (fast 400 Seiten), hat der 77-Jährige die chronologischen Aufzeichnungen Webers thematisch sortiert.

Für lokalgeschichtlich interessierte Leser sicherlich am spannendsten ist Heft 24 (gut 300 Seiten). In dieses hat der Hobbyhistoriker die Notizen Webers sowie andere Quellen wie Zeitungsartikel und Augenzeugenberichte einfließen lassen, um so Witterschlick in der Zeit von 1930 bis 1950 darzustellen: vom Aufstieg der Nationalsozialisten über den Zweiten Weltkrieg, den Neuanfang bis zum beginnenden Wirtschaftswunder.

„Ich behaupte, es gibt bislang nichts Fundiertes über die Jahre 1930 bis 1950“, sagt Trenkle. Hier klaffe eine Lücke in der Literatur, was auch daran liege, dass es nicht viele Quellen gebe. Trenkles Methode ist es, die vorhandenen Quellen hauptsächlich für sich sprechen so lassen. Die verschiedenen Kapitel des Buches werden von ihm höchstens kurz eingeleitet. Er interpretiert nicht, sondern stellt so umfassend dar wie möglich.

Nachdenken über das Hier und Jetzt

Entstanden ist ein Werk mit vielen interessanten und spannenden Aspekten aus der Geschichte Witterschlicks. Nicht selten regen sie zum Nachdenken über die heutige Zeit an. Darunter fällt auch die Geschichte von Pfarrer Johann Wilhelm Neu (1876-1959), der in der NS-Zeit Intrigen ausgesetzt war und nach dem Krieg einen vielsagenden, persönlichen Bericht über die Nazizeit im Ort verfasst hat.

Mit Blick auf die aktuelle Situation hochinteressant ist das, was Trenkle zur Flüchtlingssituation nach dem Zweiten Weltkrieg zusammengetragen hat. Damals wie heute war Wohnraum für Flüchtlinge knapp. Und wer aktuell an die mitunter schwierige Situation denkt, für die Menschen ein Dach über dem Kopf zu finden, den können von Trenkle präsentierte Zahlen eine Vorstellung davon verschaffen, wie viel schwerer es unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg im zerstörten Witterschlick gewesen sein mag.

Flüchtlinge in Alfter

Nach Angaben der Gemeinde Alfter lebten im Dezember 2015 450 Flüchtlinge in Alfter, was den bisherigen Höhepunkt des aktuellen Zuzugs darstellt. Zum gleichen Zeitpunkt hatte Alfter genau 23 435 Einwohner. Trenkles Publikation zufolge lebten in Witterschlick im Jahr 1958 471 Flüchtlinge – bei einer Gesamteinwohnerzahl von 3345 Menschen.

Die Hefte Nummer 23, Teil I und Teil II, sowie Heft Nummer 24 aus Klaus Trenkles Schriftenreihe „Beiträge zur Geschichte von Witterschlick“ sind im Eigenverlag erschienen. Erhältlich sind sie gegen eine Kostenerstattung von jeweils 25 Euro direkt bei Trenkle. Kontakt: 02 28/64 23 53.

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