Lars Pinkwart Witterschlicker will beim ESC singen

ALFTER/RHEINBACH · Fünf Tage schulfrei hat Lars Pinkwart (16) nach Karneval - von der Schulleitung höchstselbst abgesegnet. Die Abwesenheit des Gymnasiasten am Rheinbacher Vinzenz-Pallotti-Kolleg steht mit dem Höhepunkt der tollen Tage aber keineswegs im Zusammenhang.

Er weilt in Hamburg, auf St. Pauli, Große Freiheit, landauf landab bekannt als Reeperbahn. An diesem Ort, dem so viel zügellose Verruchtheit anhaftet, singt der Schüler aus Witterschlick sein selbst komponiertes Lied "Tornado". Getragen von seiner Stimme, kraftvoll, erdig, einprägsam, will Pinkwart am Donnerstag, 19. Februar, den letzten freien Platz beim deutschen Vorentscheid zum European Song Contest (ESC) am 5. März erobern. Der NDR überträgt live.

1300 Bewerbungen musste die Jury aus Platten- und Fernsehbossen sichten, um zehn Talenten beim Clubkonzert eine Chance zu geben. "Die Strophen meines Liedes sind eher ruhig, der Refrain wird ein bisschen lauter", sagt Lars Pinkwart im Gespräch mit dem GA über "Tornado" - ein Lied, das der Multiinstrumentalist zu Hause am Klavier schrieb. Viereinhalb Jahre lang lernte er Posaune und spielte im Schulorchester des Bonner Hardtberg-Gymnasiums.

Ein Mikro vor sich, eine Band im Rücken - mehr benötigt Lars nicht, um auf der Bühne richtig aufzudrehen. Pyrotechnik, Projektionen oder die fast unvermeidliche Windmaschine bleiben beim Auftritt des 16-Jährigen außen vor. "Lars braucht nicht viel Schnickschnack", meint Vater Andreas Pinkwart.

Der 54-Jährige, lange Jahre FDP-Landeschef und stellvertretender Bundesvorsitzender seiner Partei sowie Vizeministerpräsident und Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes NRW, weiß, wie es ist, im Rampenlicht zu stehen. Im Oktober 2010 gab der Wirtschaftswissenschaftler seinen Rückzug aus der Politik bekannt.

Seit 2011 ist er Rektor der HHL Leipzig Graduate School of Management. Die Sangesambitionen seines Sohnes sieht der Politiker, der mit "Chaos und Unternehmenskrise" promovierte, gelassen. "Singen kann er, alles weitere entscheiden die Zuhörer", sagt Andreas Pinkwart.

Das Hamburger Clubkonzert wäre nicht der erste Musikwettbewerb, den Pinkwart für sich entscheidet. Über ein Songschreiberprojekt im Musikunterricht kommt er 2012 zu "Xpress yourself" und gewinnt in Bonn den Sonderpreis der Popakademie Mannheim. "Irgendwann habe ich gedacht, ich muss selbst was machen und nicht nur covern." Darum schreibt er Lieder - etwa über seine Gefühlswelt oder die Digitalisierung.

Sein Abi will das Talent - Leistungskurse Englisch und Geschichte - in jedem Fall 2016 unter Dach und Fach bringen. Die Eltern werden es gerne hören. Danach will er Musikwirtschaft studieren. An seinen musikalischen Vorbildern - wie Imagine Dragons, The Script oder Beyoncé - hätten seine Eltern wenig Anteil: "Mein Musikgeschmack ist unabhängig vom Elternhaus. Die hören eher deutschen Schlager." Vater Andreas weist diese Einschätzung von sich: "Vor allem hören meine Frau und ich Klassik, Konstantin Wecker und die Musik unserer Zeit."

Den Gedanken, beim ESC in Wien mit eigenem Lied, betrachtet von weltweit 120 Millionen Menschen, zu singen, lässt Lars nicht an sich ran. "Dem sollte man sich noch nicht stellen", findet er.

Die Ausstrahlung

Ob Lars Pinkwart beim deutschen Vorentscheid "Unser Song für Österreich" am 5. März in Hannover dabei ist, entscheiden die Anrufer am Abend des 19. Februars. Zu sehen ist das Clubkonzert ab 22 Uhr live im NDR Fernsehen oder im Internet unter www.eurovision.de. Die Moderation hat Barbara Schöneberger übernommen.

Im vergangenen Jahr sicherte sich das Frauentrio Elaiza den Sieg beim Clubkonzert und gewann weniger Tage später auch den deutschen Vorentscheid. Das Folkpoplied "Is it right" erreichte beim ESC 2014 in Kopenhagen aber nur Platz 18.

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