Mobilitätskonzept in Alfter Zukunftsfähige Ideen sollen her

ALFTER · Mit protzigen Dienstwagen hat es Rolf Schumacher nicht so. Im erneuerten Fuhrpark der Gemeinde Alfter wird demnächst ein zweisitziger Elektrowagen stehen. Das reicht dem Bürgermeister, wenn er nicht ohnehin mit dem Fahrrad unterwegs ist.

 Welche Angebote genutzt werden - Bus, Bahn oder Auto - hängt laut Verkehrsverbund Rhein-Sieg vom Verhalten der Menschen ab. Das Foto zeigt die Haltestelle der Linie 18 in Alfter.

Welche Angebote genutzt werden - Bus, Bahn oder Auto - hängt laut Verkehrsverbund Rhein-Sieg vom Verhalten der Menschen ab. Das Foto zeigt die Haltestelle der Linie 18 in Alfter.

Foto: Wolfgang Henry

Die Anschaffung des Smarts steht beispielhaft für den Prozess des Umdenkens in der Gemeinde, die als Modellkommune ein Mobilitätskonzept entwickelt und dabei auch ihre eigene Verwaltung in die Pflicht nimmt.

"Wir haben als Kommune eine Vorbildfunktion", meint Bürgermeister Schumacher. Gemeinsam mit Theo Jansen, Leiter der Abteilung Mobilitätsmanagement beim Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS), dessen Mitarbeiterin Lena Weisheit sowie den beiden Mobilitätsmanagerinnen im Alfterer Rathaus, Sabine Zilger und Ursula Schüller, hat Schumacher eine Zwischenbilanz gezogen.

Ein Jahr Projektzeit ist um. Ein Jahr von dreien, in denen die Gemeinde Alfter den etwas sperrigen Begriff "Mobilitätsmanagement" mit zukunftsfähigen Ideen füllen will. Also mit Überlegungen, wie beispielsweise Verkehrsströme intelligent gelenkt, die Umwelt geschont und die Erreichbarkeit von Geschäften für gehbehinderte Senioren sichergestellt werden kann. Die Beschäftigung mit dem Thema hat deutlich gemacht: "Mobilität beginnt in den Köpfen", sagt Schumacher und beschreibt an einigen Beispielen, wie die Beschäftigung mit dem Thema das Denken verändert hat.

Dazu zählt nicht nur, erstmals ein Elektrofahrzeug als Dienstwagen für die Gemeinde anzuschaffen. Auch die Planung der Infrastruktur rund um den neuen Bahnhaltepunkt der RB 23 in Impekoven habe dadurch Impulse bekommen.

Neben der Ausstattung mit Park-and-ride-Plätzen und Fahrradboxen haben die Planer nun auch eine Aufladestation für Elektrofahrräder im Blick und sorgen für die benötigten Leerrohre. Anhand des Lessenicher Wegs verdeutlicht Schumacher den Gedanken des Miteinanders bei Mobilitätsproblemen. Auf dem Wirtschaftsweg in Alfter beschwerten sich Radfahrer über die Verschmutzung, während die Landwirte aufgrund des schlechten Straßenzustandes erhebliche Probleme mit der Sauberhaltung hatten. Die Gemeinde hat daher in Abstimmung mit den Landwirten für eine neue Asphaltschicht gesorgt und Bankette angelegt, in die das Regenwasser abfließen kann. Davon profitieren nun alle Nutzer des Wirtschaftsweges (der GA berichtete).

Personalressourcen investiert die Gemeinde in den barrierefreien Ausbau von Bushaltestellen. Mit Günter Restel ist ein Mitarbeiter des Tiefbauamtes für alle sechs linksrheinischen Kommunen in der Arbeitsgruppe des Rhein-Sieg-Kreises vertreten. Sie wird einheitliche Standards und Prioritäten für Barrierefreiheit im öffentlichen Nahverkehr festlegen. Auf einen wichtigen Leitgedanken im Mobilitätsmanagement weist Theo Jansen vom VRS hin: "Wir haben keine Verkehrsprobleme. Wir haben Probleme mit Menschen im Verkehr." Es hänge vom Verhalten der Menschen ab, wie sie welche Angebote nutzen, aber auch von den Einstellungen der Planer, Städte und Gemeinden. Ziel bei der Erstellung des Konzeptes sei unter anderem eine attraktive Vernetzung verschiedener Verkehrswege und die Einbindung wichtiger Interessengruppen.

Dabei spiele auch der Wertewandel in der Gesellschaft eine Rolle: "Das Auto ist kein Statussymbol mehr. Im Vordergrund steht die Nutzung", erläutert Jansen und verweist auf die zunehmenden Car-Sharing-Angebote in Großstädten. Allein die Veränderung des Denkens sei schon ein großer Erfolg, meint Jansen. "Das ist in Alfter bereits gut gelaufen." Zurzeit stehe noch das Prozesshafte im Vordergrund. Doch im Laufe des zweiten Projektjahres werde es auch mit der Beteiligung der Bürger konkreter. Geplant sind unter anderem "Fußgängerchecks", bei denen Schulkinder und Senioren Probleme aus ihrer Sicht schildern sollen. Auch die rund 150 Mitarbeiter der Gemeinde Alfter machen sich nun Gedanken über ihre Wege von und zur Arbeit und ihre Dienstreisen.

"Wir wollen ein gutes Beispiel für Betriebe abgeben", sagt Sabine Zilger. Deshalb werden über die üblichen Eintragungen in den Fahrtenbüchern hinaus weitere Umstände einer Dienstreise erhoben. Fährt jemand allein? Muss technische Ausrüstung mitgenommen werden? Steht das Dienstauto dann irgendwo einen Tag ungenutzt herum?

Mit solchen Fragen will die Verwaltung herausfinden, wie die Nutzung des Fuhrparks optimiert oder durch ein Car-Sharing-Angebot ersetzt werden kann. Zilger: "Das ist das Tolle daran, eine Modellkommune zu sein. Wir können Dinge ausprobieren."

Mobilitätsmanagement

Die Gemeinde Alfter ist Anfang des Jahres 2013 beim Wettbewerb des Landes und des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS) ebenso wie Bergisch Gladbach als Modellkommune für das Förderprojekt "Kommunales Mobilitätskonzept" ausgewählt worden. Dabei geht es in den Jahren 2013 bis 2015 darum, beispielhaft Strategien für nachhaltige Verkehrskonzepte zu entwickeln, und zwar nicht nur für Autofahrer, sondern ebenso für Fußgänger und Fahrradfahrer. Auch Aspekte des Klimaschutzes und der Wirtschaftsförderung, der Lebensqualität für alle Altersgruppen und der Lärmminderung werden dabei berücksichtigt.

Dafür hat Alfter 93 000 Euro Fördergeld und Beratungsleistungen im Wert von 150 000 Euro erhalten. In Zusammenarbeit mit den Fachleuten vom VRS sowie Projektpartnern, wie beispielsweise dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat und dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club, läuft zunächst die konzeptionelle Arbeit: von der Erfassung des Ist-Zustandes bis zur Festlegung von möglichen Zielen, von der Vernetzung mit Betroffenen und Beteiligten bis hin zur Erarbeitung konkreter Vorschläge. Innerhalb der Gemeinde Alfter steuern diesen Prozess als Mobilitätsmanagerinnen Sabine Lehmann, Fachbereichsleiterin Innere und äußere Verwaltung, und Ursula Schüller, Stabsstelle Wirtschaftsförderung.

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