Prozess in Rheinbach „Bleib stehen, du Arschloch! Ich will dich nicht töten!“

Rheinbach · Die Bedrohung von Polizisten mit einer Gewehr stand im Mittelpunkt des zweiten Prozesstages gegen einen 47-jährigen Heimerzheimer vor dem Rheinbacher Amtsgericht. Wie berichtet, muss er sich unter anderem wegen zweifacher vorsätzlicher Körperverletzung verantworten.

 Symbolbild.

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Foto: dpa (Symbolbild)

Auslöser waren am 7. Juni 2018 familiäre Streitigkeiten. Eskaliert war die Situation, als der 47-Jährige sein Jagdgewehr auf Polizeibeamte richtete. Erst nachdem ein Polizist ihn nach mehreren Warnschüssen und Ansprachen ins Bein schoss, wurde der Heimerzheimer von einem Polizeihund gestellt und von Beamten überwältigt.

Der Verteidiger fand, dass sich der „massive Polizeieinsatz gegen jemanden richtet, der gar keine Straftat begangen hat“. Sein Mandant habe die Waffe lediglich mitgeführt, aber nicht in Richtung der Polizisten gerichtet. Die Beamten schilderten hingegen, wie bedrohlich die Situation sich für sie dargestellt habe. Mehrfach sei der 47-Jährige über Außenlautsprecher der Polizeiwagen aufgefordert worden, die Waffe abzulegen und stehenzubleiben, schilderte ein 60-jähriger Beamter.

Die Durchsagen hätten ebenso wenig Wirkung gezeigt wie die sieben Warnschüsse in die Luft und vor die Füße des 47-Jährigen. Vor dem letzten Schuss habe er gebrüllt: „Bleib stehen, du Arschloch! Ich will dich nicht töten!“ Was der 47-Jährige mit „Mach doch!“ beantwortete und weiter auf ihn zugekommen sei. Der Kollege, der als Beifahrer mit im gleichen Wagen gesessen hatte, habe seine Maschinenpistole im Anschlag gehabt, und die junge Berufspraktikantin habe hinter dem Streifenwagen Deckung gesucht.

„Bleib stehen, du Arschloch!

Ich will dich nicht töten!“

Als der Angeklagte die Waffe von der Schulter nahm, habe er den gezielten Schuss auf dessen rechtes Bein abgegeben. „Ich betone: Ich habe extra nicht auf seinen Oberkörper geschossen, das wäre ein leichteres Ziel gewesen“, so der Beamte.

Der Schuss aus einer Entfernung von 20 Metern sei die letzte Chance gewesen. „Hätte ich noch eine Sekunde länger gewartet, wäre es für mich zu spät gewesen.“ Mit einer Waffenattrappe demonstrierte der Beamte die Bewegung, die der Angeklagte beim Abschultern gemacht hatte. Auch sein Kollege ging von einer „konkreten Bedrohung“ aus, und hatte durch die Zielvorrichtung seiner Maschinenpistole den Lauf der Waffe sehr wohl in Richtung der Polizisten gerichtet gesehen.

Nicht abschließend geklärt werden kann die mögliche Alkoholisierung des Angeklagten zum Tatzeitpunkt. Seine Familienangehörigen berichteten von einer deutlichen Alkoholfahne während des Streits, ein Polizeibeamter nahm Alkoholgeruch wahr. Die Blutprobe, die in der Klinik entnommen worden war, sei nicht für das Strafverfahren gesichert worden. Da der Angeklagte einer Entbindung der Ärzte von der Schweigepflicht nicht zustimmte, verlas der Richter einen Aktenvermerk, in dem zu lesen ist, dass in der Klinik ein Alkoholwert von 1,7 Promille festgestellt wurde.

Ebenso diagnostizierten die Ärzte, dass der 47-Jährige einen psychisch belasteten Eindruck gemacht habe. Es habe der Verdacht auf „Selbstmord durch Polizisten“ bestanden - dass er sich erschießen lassen wollte. Deshalb sei eine Überprüfung nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz angeordnet worden. Weil der Angeklagte dabei bleibt, dass er die Lautsprecheransagen und Warnschüsse wegen des Autobahnlärms nicht hören könnte, ist für Dienstag ein Ortstermin angesetzt.

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