Rolf Stengert aus Hersel 69-jähriger Rheinländer wandert durch Deutschland

Bornheim-Hersel · Der 69-Jährige, der sich selbst als "Bewegungsmensch" bezeichnet, wandert in zwei Touren vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Deutschlands. Kontaktschwierigkeiten hat der Rheinländer dabei nicht.

 Mit dem Selbstauslöser fing Rolf Stengert kurz hinter Lindau im Allgäu dieses Panorama ein.

Mit dem Selbstauslöser fing Rolf Stengert kurz hinter Lindau im Allgäu dieses Panorama ein.

Foto: Privat

Das Wandern ist des Müllers Lust – und auch des Stengerts: In zwei Touren hat der 69-jährige Rolf Stengert Deutschland durchwandert. 2018 startete er aus seiner Heimat Hersel Richtung Bayern, bis er vier Wochen später am südlichsten Ort der Republik in Einödsbach ankam. Im Mai und Juni dieses Jahres unternahm er eine fünfwöchige Wanderung vom Ellenbogen auf Sylt, dem nördlichsten Punkt Deutschlands, bis nach Hause. Insgesamt habe er auf den beiden Touren fast 1600 Kilometer Fußweg absolviert, sagt der Rentner.

Die meiste Zeit wandert er allein, aber Kontaktschwierigkeiten hat der Herseler offenbar nicht. "Meine Highlights sind die Begegnungen mit den Menschen unterwegs. Wenn mir eine nette Person entgegenkommt, frage ich nach dem Weg. Das ergibt immer ein Schwätzchen." So habe er einen Krabbenfischer kurz vor Büsum getroffen und einen Mann, den er zunächst für den Bürgermeister eines kleinen Städtchens hielt – der sich später aber als Ortsvorsteher entpuppte.

Wenn er abends essen geht, setzt er sich gerne zu Fremden – "und dann wird gequatscht und gequatscht". Wenig verwunderlich, dass man die rheinische Frohnatur in Bornheim auch aus dem Karneval kennt: In der Session 2011/2012 war er der Prinz der Rheinorte. "Sie glauben gar nicht, was die Leuten alles erzählen. Und das funktioniert überall. Die sturen Menschen im Norden gibt es gar nicht", ist er überzeugt.

Nur von Sylt zum Festland musste er den Zug nehmen

Etwas speziell waren die Stammtische in Bayern. "Die begreifen gar nicht, was ich da gemacht habe. Ich habe immer gehört: 'Die Strecke kann man auch mit dem Bus fahren'", erzählt er lachend. Doch er bestand darauf, die gesamte Strecke zu Fuß zurückzulegen. Angebote freundlicher Autofahrer, die ihn mitnehmen wollten, lehnte er ab. "Tut mir leid, das ist eine Sache der Ehre", habe er dann geantwortet. Nur auf dem Hindenburgdamm, der Sylt mit dem Festland verbindet, musste er auf den Zug ausweichen. "Da ist Laufen verboten."

Eine gute Portion Glück war bei seinen Touren sein Begleiter: Das Wetter habe stets mitgespielt, und verletzungsfrei sei er auch geblieben. Dieses Jahr habe er sich allerdings ""verplant": "Ich habe einige Etappen mit einer Fahrradkarte geplant, manche waren gut 35 Kilometer lang. Das ist im Mittelgebirge zu Fuß kaum zu stemmen." Aber Smartphone sei Dank ließen sich seine Hotelreservierungen noch stornieren.

Im nächsten Jahr will er den Wanderweg der Deutschen Einheit von der östlichsten Stadt Görlitz bis in die westlichste Kommune Aachen erlaufen. Als er das erste Mal eine Fernwanderung anging, war er 50. Mindestens 20 habe er inzwischen hinter sich – vom Bodensee zum Königssee, den Altmühltal-Panoramaweg, die Hälfte des Alpe-Adria-Trails. Die meisten liegen im Süden und in den Bergen. "Ich sage immer: Da hat der liebe Gott sich verausgabt", erklärt er seine Liebe für die Region.

Früher absolvierte er Marathons und Völksläufe

"Der sportliche Gedanke" spiele beim Wandern sicherlich auch eine Rolle. Früher sei er 30 Jahre lang "fast leistungsmäßig" gelaufen: Volksläufe, 52 Marathons, Sechs- und Zwölf-Stunden-Läufe, 100-Kilometer-Läufe und einen 24-Stunden-Lauf. Seine Frau und seine zwei Söhne nahm er gerne mit zu den Events, um einen Familientag daraus zu machen. Was ihn am Laufen so fasziniert? "Etwas zu leisten. Ich wollte in den 30 Jahren schon möglichst weit vorn ankommen. Allgemein, denke ich, bin ich ein Bewegungsmensch."

Lange Wanderungen seien für ihn auch ein bisschen wie Pilgern. An schönen Kirchen am Wegesrand gehe er selten vorbei. Seit 1968 engagiert sich Stengert im Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Hersel, seit fast zehn Jahren hält er karnevalistische Andachten. Religion und Fastelovend passen dem 69-Jährigen zufolge wunderbar zusammen. "Ich bin der Meinung, dass in die Kirche und Gottesdienste mehr Freude und Lustigkeit einziehen sollten. Vielleicht käme der ein oder andere dann öfter."

Dass er sich als Kirchmeister um die Finanzen der Gemeinde kümmert, kommt nicht von ungefähr: "Ich bin gelernter Finanzbeamter", gibt er nach kurzem Zögern zu. Mit 50 wechselte er dann vom Amt zur Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), wo er überprüfte, wie Forschungsgelder verwendet wurden. Mit 65 ging es schließlich in den Ruhestand.

Für die nächsten Presbyteriumswahlen im Frühjahr hat er sich nicht mehr aufstellen lassen. "Ich denke, es sollen ruhig mal Jüngere ran." Die Zeit, die dann frei werde, werde er in seinem neuen Minicampingfahrzeug verbringen, am besten in Kombination mit seinen beiden Enkeln.

Mit dem älteren ging es zuletzt ins Erlebnisschwimmbad nach Rheinbach, wo sich Opa trotz seiner beinahe 70 Jahre nicht vom Rutschen abhalten ließ.

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