850-jähriges Ortsjubiläum Warum sich in Merten nicht nur Heinrich Böll zu Hause fühlte

Bornheim-Merten · Die Dorfgemeinschaft Merten bereitet sich zum 850-jährigen Bestehen des Dorfes auf die dreitägige Jubiläumsfeier im August vor und blickt dabei auch zurück. Der GA hat mit den Organisatoren gesprochen - und dabei so manche spannende Anekdote in Erfahrung gebracht.

Josef Breuer (l.) und Herbert Meyer mit der Chronik, die vor 50 Jahren herausgegeben wurde. Zur 850-Jahr-Feier, soll es eine neue geben. Die beiden hoffen, dass viele Mertener zum Fest kommen.

Josef Breuer (l.) und Herbert Meyer mit der Chronik, die vor 50 Jahren herausgegeben wurde. Zur 850-Jahr-Feier, soll es eine neue geben. Die beiden hoffen, dass viele Mertener zum Fest kommen.

Foto: Stefan Knopp

Der älteste noch existierende Ort in Merten? Josef Breuer und Herbert Meyer sind sich einig: Das ist der Friedhof. Dessen Eingangsportal ist auch auf der Festschrift abgebildet, die vor einem halben Jahrhundert zur Feier des 800-jährigen Dorfjubiläums herausgegeben wurden. Die beiden Vorstandsmitglieder der Dorfgemeinschaft Merten, Breuer als Vorsitzender und Meyer als Geschäftsführer, waren schon dabei, als dieses Jubiläum gefeiert wurde, damals als junge Kerle. 1973 war das, und in diesem Jahr soll nun das 850-jährige Bestehen Mertens gefeiert werden.

Drei Tage lang möchte man zelebrieren, dass im Jahr 1173 Merten das erste Mal urkundlich erwähnt wurde. Aber natürlich wird auch wieder erwähnt werden, dass die Kirche, die dem Heiligen Martin geweiht war und dadurch dem Ort seinen Namen gab, schon 500 Jahre vorher auf den Trümmern eines alten römischen Nymphentempels errichtet wurde. Die christianisierten Franken beerdigten ihre Verstorbenen dort, wo heute auch der Friedhof liegt. Die kleine Martinskirche wurde irgendwann durch eine größere ersetzt, und so ging das über die Jahrhunderte noch das eine oder andere Mal.

 Die Ursprünge von Merten kann man paradoxerweise am besten auf dem Friedhof erspüren, wo noch sehr alte Gemäuer unter der Kapelle zu erahnen sind.

Die Ursprünge von Merten kann man paradoxerweise am besten auf dem Friedhof erspüren, wo noch sehr alte Gemäuer unter der Kapelle zu erahnen sind.

Foto: Stefan Knopp

Selbstgebrannter aus Zuckerrüben

Bis zum Jahr 1973 passierte nichts Ungewöhnliches in Merten, das im 19. Jahrhundert natürlich auch erst die Franzosen und dann die Preußen erlebte und im 20. Jahrhundert von den Weltkriegen nicht verschont blieb, Bombardierung, Zerstörung und selbst gebrannter „Knolly-Brandy“ aus Zuckerrüben inklusive. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auf Initiative der Dorfgemeinschaft der völlig verwilderte Friedhof wieder hergerichtet und eine Leichenhalle gebaut.

Eigentlich war die Gebietsreform 1969, als Bornheim zur Gemeinde und Merten ein Teil davon wurde, noch ein einschneidendes Ereignis auch für Merten, aber in die 800-Jahrs-Chronik hat sie nicht mehr Eingang gefunden. Tragisch war das damals für die Mertener deshalb, weil sie sich einverleibt fühlten, erzählen Breuer und Meyer. „Aber wir haben unsere Eigenständigkeit bewahrt.“

Sie erinnern sich aber auch noch an Zeiten, als Merten, Trippelsdorf und Heide noch eigene Dörfer waren – und auch darauf bestanden, als sie langsam aber sicher zusammenwuchsen. Wenn die Karnevalsprinzen damals „dreimal Merten Alaaf“ riefen, statt „Trippelsdorf, Merten, Heide Alaaf“, dann seien sie ausgebuht worden. „Und wenn wir nach Trippelsdorf zum Schlittenfahren wollten ...“, erzählt der Mertener Breuer, und vollendet den Satz nicht. Aber deutet an, dass dieses Wagnis einiges an blauen Flecken schon vor der Rutschpartie bedeutet hatte.

Einst gab es 78 Vereine in Merten

„Damals hatten wir 78 Vereine in den drei Orten“, sagt Meyer. Die Schützen, 1849 gegründet, und die Männerreih von 1852 sind von denen, die noch verblieben sind, die Ältesten. Andere gingen verloren, Junggesellenverein und Tambourcorps zum Beispiel. Breuer hat noch Hoffnung, dass es irgendwann wieder diese Vereine in Merten geben wird.

Der Tod des Schriftstellers Heinrich Böll 1985, der seine letzten Lebensjahre in Merten verbracht hatte, fällt schon in die 50 Jahre, die jetzt zusätzlich gefeiert werden sollen. Für die 850-Jahr-Feier soll es auch eine Broschüre zur Historie des Dorfes geben, die der Historiker Horst Bursch mitgestaltet. Er wird beim Festakt auch einen Vortrag halten (siehe Infokasten).

In die letzten 50 Jahre fällt, dass aus der Gemeinde Bornheim aufgrund gestiegener Einwohnerzahl eine Stadt wurde, die immer dichter bebaut war. Die Verdichtung und Nachverdichtung geht weiter. Aktuelles Beispiel in Merten ist der Bebauungsplan Me 16, der ungeachtet von Bürgerprotesten vorangetrieben wird. Positiv ist für Breuer die Entwicklung rund um den Klostergarten, früher Krankenhaus, heute Begegnungsstätte der gemeinnützigen Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe (GFO). „Die Ordensschwestern machen wirklich im Dorfleben mit.“

Die Dorfgemeinschaft hofft, dass zum dreitägigen Fest im August viele Bürger kommen. Einziges Problem dabei ist, „dass wir ein Festzelt aufbauen müssen“, sagt Meyer. Das machen sie schon seit Jahren für Karneval auf dem Dorfplatz, und zwar bei jedem Wetter – auch wenn der Platz zugeschneit ist. Das Zelt muss beheizt werden, darf nicht zu klein sein, und dann ist man laut Breuer schnell im fünfstelligen Kostenbereich. „Eine Halle wäre besser.“

Und die ist ja in Planung, allerdings schon ein Weilchen, ohne dass etwas passieren würde. Die Heinrich-Böll-Gesamtschule in Merten soll aus dem Ort heraus verlegt werden und eine Mehrzweckhalle bekommen, „aber sie kommt nicht“, bedauert Breuer. Sarkasmus schwingt in seiner Hoffnung mit, „dass zur 900-Jahr-Feier, unsere Halle steht“. Er wünscht sich, „dass unsere Politiker mal ein glückliches Händchen haben und das noch umsetzen können“.

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