Bauprojekt in Bornheim Aus für Mertener Suchtklinik

Bornheim-Merten · CDU, UWG und FDP greifen Bedenken der Bürger vor und lehnen einen Neubau des Deutschen Ordens ab. Dieser sollte die Standorte Bornheim und Bergisch Gladbach bündeln.

 Auf der Ackerfläche (links), die an die Lannerstraße grenzt, wollte der Deutsche Orden die Suchtklinik errichten.

Auf der Ackerfläche (links), die an die Lannerstraße grenzt, wollte der Deutsche Orden die Suchtklinik errichten.

Foto: Anne Stephanie Wildermann

Drei Aktenordner füllt das Projekt „Neubau einer Suchtklinik des Deutschen Ordens in Merten“, die der Bornheimer Architekt Helmut Görgen (76) angelegt hat. Er kann den Verlauf von der Idee bis zum Scheitern detailliert vortragen. Handschriftlich hat er alle Treffen mit dem Orden, der Bornheimer Stadtverwaltung, Städteplanern, Notaren und weiteren Beteiligten chronologisch notiert. Im November 2017 trat der Deutsche Orden endgültig von den Plänen zurück, eine Klinik mit 70 Plätzen für Alkohol- und Drogenabhängige und mit rund 30 Arbeitsplätzen für Fachpersonal zu bauen.

Rückblick: Der inzwischen verstorbene Herr Müller, den richtigen Namen darf der GA nicht schreiben, besaß ein etwa 1,5 Hektar großes Areal, das an die Lannerstraße und die Bonn-Brühler-Straße grenzt. Der südliche Teil dieses Grundstücks wurde im Flächennutzungsplan als Baugebiet deklariert. Daraufhin stellte Görgen im Januar 2016 im Auftrag von Müller einen Antrag bei der Stadt Bornheim, den restlichen Teil ebenfalls als Bauland auszuweisen. Einige Wochen später erhielt der Architekt eine ablehnende Antwort. Darin heißt es: „Da die im wirksamen Flächennutzungsplan dargestellten Wohnbauflächen in der Ortschaft Merten noch nicht entwickelt wurden, kann der Bedarf mit diesen Flächen weiterhin bedient werden. Eine Änderung des Flächennutzungsplans zugunsten einer zusätzlichen Wohnbaufläche ist daher nicht vertretbar.“

Den südlichen Teil des Grundstücks, der bebaut werden konnte, verkaufte Müller an ein Ehepaar aus der Eifel. Dieses wollte dort zehn Häuser errichten. „Kurz darauf meldete sich der Bauträger Montana bei dem Ehepaar und schloss einen Optionsvertrag mit ihm ab“, berichtet Görgen. Aus dem Häuserbau wurde nichts, weil der Investor unterhalb dieser Fläche das Neubaugebiet Me 18 entwickeln will.

Grundstück sollte Sondernutzung bekommen

Zeitgleich meldete sich der Deutsche Orden bei Görgen. Die Gemeinschaft war auf der Suche nach einem Grundstück für den Neubau einer Suchtklinik. Darin sollten die bestehende Einrichtung im Bornheimer Schloss und der Standort in Bergisch Gladbach zusammengelegt werden. Görgen bot sechs potenzielle Grundstücke an – darunter auch die Fläche von Müller. „Der Deutsche Orden kam zu dem Entschluss, dass diese ideal sei“, erinnert sich der Architekt. Daraufhin gab es im Mai 2016 ein Treffen mit Bornheims Bürgermeister Wolfgang Henseler (SPD) und dem Deutschen Orden.

Das Grundstück, das zum Teil im Außenbereich liegt, sollte eine Sondernutzung bekommen und nicht für Wohnbebauung zur Verfügung stehen – unter der Prämisse, die Bezirksregierung Köln stimmt zu. „Daraufhin haben wir im Oktober 2016 die Pläne zunächst im Ausschuss für Stadtentwicklung präsentiert und einige Tage danach im Schulausschuss. Allerdings fanden die Präsentationen im nicht-öffentlichen Teil statt“, sagt Görgen. Vertreter des Deutschen Ordens reisten an, um Fragen zu beantworten. „Alle Fraktionen haben ohne Kritik die Präsentationen einstimmig zur Kenntnis genommen“, betont Görgen. Aufgrund des positiven Ergebnisses wurde ein Optionsvertrag von einer Notarin aufgesetzt. Der Deutsche Orden ließ eine Klausel aufnehmen, die einen Rücktritt vom Verkauf bis Ende 2019 ermöglichen sollte – falls die Realisierung der Suchtklinik scheitere.

Derweil hatte Görgen von vier Stadtplanern Angebote eingeholt: „Genau in der Phase klingelte beim Deutschen Orden das Telefon und der Investor Montana war am anderen Ende der Leitung.“ Der Montana-Mitarbeiter erklärte, dass man von dem Projekt erfahren habe und fragte an, ob eine gemeinsame Entwicklung des Bebauungsplanes möglich sei. Der Deutsche Orden informierte Görgen und man traf sich mit dem Mitarbeiter in einem Siegburger Hotel.

Montana: Politik kam auf uns zu

„Der Mitarbeiter des Investors gab an, dass er bereits mit drei Fraktionen über die zu entwickelnde Fläche gesprochen habe. Mir war klar, dass er nur das Müller-Grundstück haben wollte. Denn kurz darauf waren die Fraktionen von CDU, UWG und FDP gegen die Suchtklinik“, so Görgen.

14 Tage später, es war mittlerweile November 2017, trat der Deutsche Orden von seinen Plänen zurück. Der Grund: Die Mehrheit der Fraktionen war plötzlich gegen das Projekt. „Einige Tage später kam Montana auf den Deutschen Orden zu und wollte in den Vertrag einsteigen – zu dem Preis, den ich für das Grundstück ausgehandelt hatte, um dort Häuser zu errichten“, berichtet Görgen.

Beim Investor Montana liest sich die Chronologie der Geschichte in einer schriftlichen Stellungnahme anders. Darin heißt es: „Durch Zufall sind wir von der Politik, und nicht anders herum, zu einem Gespräch am 5. Oktober 2017 in den Räumen der CDU eingeladen worden, an dem auch die FDP und UWG teilgenommen haben. Die erste Frage, die uns dort gestellt wurde: 'Wie stehen Sie zu dem Deutschen Orden?' Unsere Antwort darauf war kurz und knapp: 'Durchaus positiv'. Daraufhin ist uns von Seiten der Politik erklärt worden, dass sie den Standort ablehnen. Deshalb ist es nicht zu einer gemeinsamen Entwicklung gekommen. Der Deutsche Orden ist daraufhin auf uns zugekommen, um zu klären, ob wir in den Vertrag eintreten wollen.“ Wie viele Wohneinheiten Montana auf der betroffenen Fläche errichten will, ist noch unklar, „da die Politik zurzeit das Thema einer möglichen Errichtung einer Sekundarschule im Planungsgebiet diskutiert. In einem gemeinsamen Termin aller Fraktionen am 21. November 2017 ist diese Diskussion gestartet worden. Auch hier gilt: Die Politik ist auf uns zugekommen, nicht anders herum. Alle anderen Darstellungen sind Lüge“, heißt es weiter.

Deutscher Orden bedauert Entscheidung

Bürgermeister Henseler sieht den Bau von Wohngebäuden auf dem Müller-Areal kritisch: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bezirksregierung Köln eine Erweiterung des Gebietes für Wohnungsbau zulässt, sondern eher für eine Schule.“ Des Weiteren findet er es „schade“, dass die Pläne für eine neue Klinik nicht verwirklicht wurden. „Ich hätte mir sehr gewünscht, dass es eine Erweiterung gegeben hätte und die Klinik nach wie vor in Bornheim geblieben wäre. In Bornheim gibt es auch Suchtkranke, die behandelt werden müssen. Als Bürgermeister muss ich aber auch mit den Realitäten leben.“

Zudem bestätigt der Rathauschef, dass es während der damaligen Ausschüsse den Eindruck gegeben habe, dass die Fraktionen übergreifend mit dem Klinikbau einverstanden gewesen seien. „Das hat auch der Deutsche Orden so aufgefasst“, ergänzt Henseler und berichtet, dass es im Nachhinein Gespräche mit den drei Fraktionen gegeben habe, bei denen es keine Mehrheit mehr für das Projekt gab. „In Merten gab es Diskussionen über das Vorhaben, und es sind auch Bürger an mich heran getreten, die ihre Bedenken geäußert haben. Einige hatten Sorge, dass die Einrichtung, die doppelt so groß werden sollte wie die bisherige, im Erscheinungsbild nicht zum Ort passe. Ich persönlich konnte nicht alle Sorgen nachvollziehen, sonst hätte ich dem Deutschen Orden den Standort nicht empfohlen.“

Nicht nur Henseler bedauert, dass der Klinikneubau nicht zustande gekommen ist, sondern auch der Deutsche Orden selbst. „Die Fachklinik Schloss Bornheim entspricht nicht mehr den modernen Rehastrukturanforderungen“, schreibt der Deutschen Orden auf GA-Anfrage. Und erklärt: „Um am jetzigen Standort zeitgemäße Wohn- und Lebensqualität bieten zu können, wären umfangreiche Modernisierungen und Umbauten notwendig. Diese sind aufgrund des denkmalgeschützten Status des Gebäudes leider nicht realisierbar.“ Deshalb schließt die Einrichtung zum 30. Juni.

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

Doch noch ist das letzte Wort nicht gesprochen. Die Bezirksregierung Köln entscheidet darüber, ob die betroffene Fläche im Flächennutzungsplan für Wohnbebauung geändert wird oder nicht. Allerdings hat der Rat eine Änderung mit großer Mehrheit am 22. März beschlossen.

In der Vorlage ist zu lesen: „Innerhalb des Plangebietes können sowohl Gemeindebedarfsflächen als auch Wohnbauflächen entwickelt werden.“ Mit einer Gemeindebedarfsfläche ist beispielsweise der Neubau der Sekundarschule gemeint. Sollte die Bezirksregierung das Vorhaben nicht mittragen, müssten Schule beziehungsweise Wohnhäuser im südlichen Teil des Bebauungsplanes Me 18, Nähe Händelstraße, entstehen. „Und dann wird die Fläche zu klein, um auch noch eine Schule zu verwirklichen“, erklärt Görgen.

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