Gericht: Verdacht des Ausspionierens Angehörige installiert Kamera in Altenheim

Bornheim · Eine Pflegerin findet die Kamera. Träger erteilt der Tochter einer 83-jährigen pflegebedürftigen Bewohnerin Hausverbot und spricht eine Kündigung aus.

 Eine Kamera wird vor Gericht verhandelt.

Eine Kamera wird vor Gericht verhandelt.

Foto: dpa/Oliver Berg

Das Verfahren endete mit einem Vergleich: Nachdem eine 55-jährige Frau aus dem Vorgebirge im Zimmer ihrer Mutter in einem Bornheimer Altenheim eine Kamera installiert hatte, war gegen die 83-jährige Bewohnerin eine sofortige Kündigung ausgesprochen worden. Gegen die Tochter hatte die Verwaltung ein Besuchsverbot ausgesprochen. Gegen diese Entscheidung hatte die Frau vor dem Bonner Amtsgericht eine einstweilige Verfügung beantragt.

Nach rund einstündiger Verhandlung gingen die Parteien dann mit einem Vergleich auseinander: Die 55-Jährige verpflichtet sich darin, nicht erneut eine Kamera zu installieren. Im Gegenzug wird ihr ab sofort der Zugang wieder erlaubt. Außerdem vereinbarten Tochter und Altenheim, sich in Zukunft zum Wohle der Seniorin intensiv auszutauschen. Die Kündigung hatte die Einrichtung nach Aussage ihrer Anwältin bereits zuvor zurückgenommen.

Tochter spricht von „tagelanger Verstopfung“

Über den Zustand, in dem sich die 83-jährige Bewohnerin der Bornheimer Pflegeeinrichtung am Nachmittag des 16. Oktobers dieses Jahres befand, waren sich die Parteien sichtlich uneinig: Die 55-jährige Tochter der Seniorin trug zunächst ihre Sicht der Dinge vor: Demnach habe ihre Mutter unter tagelanger Verstopfung gelitten, aber die Pflegekräfte hätten nicht adäquat reagiert. So habe sie schließlich zur Selbsthilfe gegriffen und die Verstopfung „mit einem Schlauch aufgelöst“. Anschließend habe sie ohne lange nachzudenken, eine Kamera, die eigentlich zur Überwachung von Haustieren gedacht sei, in dem Zimmer ihrer Mutter aufgestellt. Das Gerät sollte nach ihrer Darstellung als „eine Art Babyphone“ fungieren.

Das behagte der Hausverwaltung allerdings überhaupt nicht, und so wurde, sofort nachdem die Kamera von einer Pflegekraft auf dem Kleiderschrank entdeckt worden war, ein Betretungsverbot gegen die Tochter ausgesprochen. „Sie haben direkt mit ziemlich großen Kanonen geschossen“, sagte der Anwalt der Tochter an die Gegenseite gewandt. Das Heim wurde von dessen Anwältin und einer Pflegerin vertreten. Dass das Aufstellen der Kamera ein „No-Go“ sei, habe seine Mandantin nach seinem dahingehenden Hinweis sofort eingesehen. Neben dem Betretungsverbot habe die Hausverwaltung der 83-Jährigen aber eine Kündigung zum 11. November ausgesprochen, außerdem drohe seiner Mandantin nun auch noch ein Strafverfahren, weil die Heimleitung der Tochter eine nichtfachgerechte Darmentleerung vorwirft.

Beide Parteien stimmen dem Vergleich zu

Ob es sich bei der Behandlung, die die Tochter ihrer Mutter an jenem Oktobertag zukommen ließ, um einen nicht fachgerechten medizinischen Eingriff, oder – wie von der Tochter angegeben – nur um eine Reinigung handelte, müssen die Parteien zumindest in zivilrechtlichem Rahmen nicht mehr klären. Nach dem eindringlichen Appell der Richterin, sich im Interesse der Seniorin gütlich zu einigen, waren beide Parteien schnell zu einem Vergleich bereit. So einfach sei es schließlich nicht, einem Angehörigen den Zutritt zum Zimmer einer Pflegebedürftigen zu verweigern, hatte die Zivilrichterin zuvor klar gemacht.

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