Interview mit Bürgermeister Henseler „Bornheim ist auch eine Stadt im Grünen“

Bornheim · Bornheim. Im Interview spricht der SPD-Politiker Wolfgang Henseler, der seit 2004 Bürgermeister der Stadt Bornheim ist, über bezahlbaren Wohnraum, die finanzielle Lage der Stadt und seine Pläne bis 2020. Dann will er nämlich aufhören.

 Der Bornheimer Bürgermeister Wolfgang Henseler im Gespräch mit GA-Redakteur Christoph Meurer.

Der Bornheimer Bürgermeister Wolfgang Henseler im Gespräch mit GA-Redakteur Christoph Meurer.

Foto: Axel Vogel

Herr Henseler, kann sich auch eine Familie mit kleinem Budget in Bornheim eine Wohnung leisten?

Wolfgang Henseler: Ja, aber es ist schon schwierig. Wir haben noch einen relativ großen Bestand an geförderten Wohnungen, der im Verhältnis zu Köln und Bonn vertretbare Mieten hat. Wenn ich aber sehe, was heute bei Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen bezahlt wird, ist das für junge Familien mit einem normalen Einkommen schon schwierig zu finanzieren.

In der Politik kommt regelmäßig die Debatte um eine Quote für geförderten Wohnraum für Neubaugebiete auf. Eine Mehrheit dafür ist aber nicht in Sicht.

Henseler: Nichtsdestotrotz ist öffentlich geförderter Wohnraum in allen Gesprächen mit Investoren ein Thema. Investoren kommen diesbezüglich auch regelmäßig auf uns zu. Daher sollten wir in der Verwaltung bei unseren Prüfungen konstruktiv herangehen und im Sinne der Wohnraumschaffung handeln. Wichtig wäre aber auch, dass die Politik uns Anhaltspunkte in Sachen geförderter Wohnungsbau für Verhandlungen mit Investoren gibt. Jedes Neubaugebiet muss außerdem zur Wohnstruktur in Bornheim passen. Sechtem muss etwa auch im Neubaugebiet in Sechtem erkennbar sein. Es kommt auf die Mischung von Haustypen an.

In Bornheim-Ort, Hersel, Merten und Sechtem sind große Neubaugebiete geplant. Muss man sich nicht auch über die Grenzen des Wachstums von Bornheim Gedanken machen?

Henseler: Wir haben mit dem Flächennutzungsplan von 2010 eine Grundlage für die Stadtentwicklung geschaffen. Nun sind wir dabei, diese Gebiete umzusetzen. Wenn wir das alles realisieren, sind wir sicher bei über 50 000 Einwohnern. Aber damals war die Zielgröße ja 55 000 Einwohner. Was uns Grenzen setzt, ist unsere Infrastruktur. Wir müssen bei jeder Wohnraumentwicklung die Infrastruktur im Auge behalten. Das sind Schulen und Kitas, aber auch die Verkehrsinfrastruktur. Dabei muss man schauen, was der Haushalt der Stadt hergibt. Wichtig ist, dass wir eine vernünftige Entwicklung haben. Bornheim ist eine Stadt mit guter Infrastruktur und Verkehrsanbindung, aber auch eine Stadt im Grünen.

Wenn man die Infrastruktur für ein Neubaugebiet aufrechnet, ist es nicht eine Mär zu sagen, dass ein Neubaugebiet eine Maschine zur Einnahmengenerierung für eine Stadt ist?

Henseler: Das habe ich ohnehin nie so vertreten. Es gibt diverse Berechnungen dazu, ab wann ein Neubaugebiet positive finanzielle Effekte hat. Anders ist das bei Gewerbegebieten. Bei der Wohnflächenentwicklung geht es vor allem darum, den Menschen, die hier wohnen wollen, bezahlbare Wohnungen zu ermöglichen. Ich möchte nicht, dass das Wohnen in Bornheim Luxus wird.

Sie haben Gewerbegebiete angesprochen. Was soll dahingehend in Hersel passieren?

Henseler: In Bornheim-Süd stehen keine Grundstücke mehr zur Verfügung. Auch das Gewerbegebiet in Kardorf entwickelt sich. Über die Wirtschaftsförderungsgesellschaft sind wir nun dabei, auf der Herseler Seite der Autobahn über Grundstückserwerb zu verhandeln. Ich könnte mir vorstellen, dass in den nächsten Jahren dort Flächen für Gewerbeansiedlungen verkauft werden. Ebenso sind wir im Gewerbegebiet Sechtem dabei, etwas zu tun. Dann müssen wir mit dem Rhein-Sieg-Kreis schauen, welche weiteren Flächen wir entwickeln können.

Die Entwicklung von Flächen ist immer ein Abwägungsprozess. Stichwort Umweltschutz.

Henseler: Das ist immer ein intensiver Prozess. Wir wollen eine Stadt im Grünen bleiben und müssen im Stadtrat Gewerbeflächen, Wohnflächen, landwirtschaftliche Flächen, Auskiesungsflächen und Naherholungsflächen vernünftig miteinander abwägen.

Können die Akten der Stadt zum Wechsel der Wasserversorgung in 2018 ins Archiv wandern?

Henseler: Das glaube ich nicht. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es Klagen gegen den neuen Wassergebührenbescheid gibt. Als Einschätzung würde ich sagen, dass die Chancen 60:40 stehen, dass es keine Klagen gibt. Darauf wetten würde ich aber nicht.

Sollte das Thema Wasserwechsel vor Gericht gehen, wird es sich weitere Jahre hinziehen.

Henseler: Man würde sehen, wie ein Gericht das beurteilt. Das Kommunalabgabengesetz ist ziemlich ausgeklagt, und man könnte auf höchstrichterliche Entscheidungen zugreifen. Wobei es zur Situation in Bornheim, inwieweit der Wechsel im Mischungsverhältnis eine Verbesserung der Qualität ist und höhere Gebühren rechtfertigt, wohl noch keine Urteile gibt.

Stichwort Gebühren und Steuern. In der letzten Sitzung hat der Rat erneut die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer angehoben. Ist die Grenze der Belastung der Bürger nicht irgendwann erreicht?

Henseler: Die Erhöhung der Wassergebühren ist die logische Konsequenz aus dem von einer Ratsmehrheit beschlossenen Wasserwechsel. Das sind nicht einmal fünf Euro pro Person mehr im Jahr. Mit der Erhöhung der Grundsteuer sind wir auf dem Weg, 2020 den Ausgleich des Haushalts herbeizuführen. Das ist aber nur ein Punkt zur Konsolidierung. Gewerbeansiedlung gehört beispielsweise auch dazu. Was wir den Bürgern zumuten, und da bin ich genauso betroffen, ist aus meiner Sicht nicht unerheblich, hilft der Stadt aber, um perspektivisch wieder auf eigenen Füßen zu stehen.

Das klingt nicht nach einer mittelfristigen Entlastung der Bürger.

Henseler: Die Stadt hat Kassenkredite in Höhe von 70 Millionen Euro. Wenn man von einer einprozentigen Zinssteigerung ausgeht, kann jeder in einem lockeren Dreisatz ausrechnen, was das an Mehrbelastung ausmacht und für den Haushalt bedeutet. Das Ziel ist, 2020 die schwarze Zahl zu bekommen. Auch danach müssen aber weiter Konsolidierungshaushalte auf den Tisch, um Kredite abzutragen.

Sie wollen bei der Kommunalwahl 2020 nicht mehr für das Bürgermeisteramt kandidieren. Was wollen Sie bis dahin noch erreichen?

Henseler: Mehr als ich schaffe. Es ist wunderschön, Bürgermeister einer Stadt zu sein, die sich dynamisch entwickelt. Ich habe zum Beispiel Bauhaus im Gewerbegebiet Roisdorf eröffnet, mein Vorgänger hat das aber auf den Weg gebracht, die Ansiedlung ist sein Verdienst. Wenn wir heute die neue Mertener Schule auf den Weg bringen, werde ich bei der Eröffnung nicht mehr Bürgermeister sein. Vielleicht ist man auch ein bisschen freier, wenn man sich nicht mehr zur Wahl stellt. Entscheidende Schritte nach vorne will ich bei der Digitalisierung der Verwaltung machen. Aber auch so etwas endet 2020 nicht.

Hält der 1. FC Köln die Klasse?

Henseler: Es ist schwierig, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Wenn es sein muss, schaue ich auch Spiele gegen Heidenheim. Ich schaue aber lieber Spiele gegen Hertha BSC oder Dortmund.

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