1125-jähriges Ortsjubiläum So wagt Widdig den Blick in die Zukunft

Bornheim-Widdig · Der kleinste Ort Bornheims feiert sein mehr als Tausendjähriges Bestehen ganz groß mit mehreren Veranstaltungen. Dabei geht es nicht nur um die Vergangenheit, sondern mithilfe einer digitalen Welt auch um die Zukunft.

“Die Perle am Rhein“: Blick auf Widdig in früheren Zeiten. Foto: Privat

“Die Perle am Rhein“: Blick auf Widdig in früheren Zeiten. Foto: Privat

Wie sieht Widdig in zehn, 20 oder 30 Jahren aus? Mit der Zukunft ihres Ortes haben sich vor allem junge Bewohner in den vergangenen Wochen intensiv auseinandergesetzt: In dem digitalen Spiel „Minecraft“ bauten sie ihr eigenes künftiges Widdig auf. Und das anlässlich der Vergangenheit: Vor 1125 Jahren, im Jahr 898, wurde Widdig erstmals urkundlich erwähnt.

Ein Jubiläumswagen im Karnevalszug war der Auftakt für das vielfältige Programm, mit dem sich der kleinste Ort Bornheims in den kommenden Monaten ganz groß feiern will. Zwei Jahre lang hat der eigens dafür gegründete Förderverein „Widdig 1125“ überlegt, geplant, konzipiert und organisiert, „um Jung und Alt beim Feiern mitzunehmen“, sagt Ortsvorsteher Christoph Kany, der zugleich Vorsitzender des Fördervereins ist.

Nun richtet sich der Blick also auf das Widdig der Zukunft. An diesem Freitag, 12. Mai, werden die besten Entwürfe aus dem Minecraft-Spiel prämiert. Aber was genau haben die Teilnehmer da eigentlich gemacht? In der „Widdig Minecraft 2023-Welt“ konnten sich die Spieler mit Häuserbau, Natur, Infrastruktur und dem künftigen Verkehr in ihrem Dorf auseinandersetzen.

„Minecraft ist ein super Medium, mit dem man Welten bauen, umbauen und neugestalten kann. Die Nutzerzahlen sind gigantisch und gerade bei Jugendlichen ist das Spiel sehr beliebt“, erklärt Kany. Um damit auch die „Perle am Rhein“, wie Widdig gerne genannt wird, individuell kreieren zu können, wurden den Teilnehmern Daten vom Land und der Stadt Bornheim zu Karten, Häusern, Natur, Mülleimern und Straßenlaternen als vorkonfigurierte Welt – also gewissermaßen als Rohbau – zur Verfügung gestellt. Dann konnten die Spieler Bäume versetzen, Häuser höher oder niedriger bauen und an andere Stellen verschieben.

Über die besten Entwürfe entscheidet nun am Freitag eine Jury mit Bürgermeister Christoph Becker und Theo Kötter, Professor für Städtebau und Bodenordnung an der Universität Bonn, gemeinsam mit dem Publikum. Unter den ersten drei Gewinnern wird ein Preisgeld von 1125 Mal zehn Cent verteilt.

Alte Postkarten zeigen die Vergangenheit

Während die Gedanken zur Zukunft des Ortes auf diesem Weg digital sichtbar werden, spiegelt sich die Vergangenheit in alten Postkarten auf einem Stangengerüst vor dem Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr am Kirchplatz wider. Überall im Dorf sind Infotafeln aufgestellt, die so einiges über heimische Persönlichkeiten, Brauchtum, den Rhein und Straßennamen erzählen. Wer weiß zum Beispiel, dass der Alemannenweg in früheren Zeiten Mühlenstraße hieß oder die Germanenstraße gleich mehrfach den Namen gewechselt hat und mal als Ochsengasse, mal als Bahnhofstraße bekannt war?

Werbebanner weisen zudem auf den fünften Garagenflohmarkt am Sonntag, 4. Juni, hin. 40 Haushalte haben sich bereits angemeldet. Für Kinder und Jugendliche lockt dann auch eine Tauschbörse für Pokémon-Karten auf dem Platz vor der Pfarrkirche. Für Sonntag, 27. August, sind schließlich alle 1900 Widdiger zum Dorffest eingeladen. Das findet zum ersten Mal nicht auf „Bärbels Wiese“ statt, da die Fläche bebaut wird, sondern in einem Festzelt an der Römerstraße 37.

Auf die Dorfgemeinschaft ist der Ortsvorsteher sichtlich stolz. Ebenso auf die Entwicklung seines Dorfes in den vergangenen Jahren, auch wenn da noch Wünsche offen seien: zum Beispiel eine bessere Busverbindung zum Rathaus und ein Supermarkt, der die Grundversorgung abdeckt. Dass der Ort immer mehr wächst, weil immer mehr Menschen dorthin ziehen, hält Kany für eine gute Sache, solange das Wachstum „in einem gesunden Maßstab“ bleibe. Toll findet der Ortsvorsteher den sozialen Zusammenhalt, der Alt- und Neubürger gleichermaßen auszeichne. Dazu gehöre eben auch das Bewusstsein einer über tausendjährigen Dorfgeschichte.

Der Rhein riss die Kapelle weg

Historisch ist der Name Widdig nicht eindeutig belegt. Vermutlich leitet sich der Ortsname vom gallorömischen Vettiacum, dem Gut des Vettius, ab. Schriftlich belegt ist der Name „Witheich“ in einer Schenkungsurkunde an das Bonner Cassiusstift aus dem Jahr 898. Wechselvoll war die Geschichte des kleinen Rheinortes, der in kurkölnischer Zeit zum Amt Brühl gehörte und von Anfang des 15. Jahrhunderts bis zur Eroberung durch französische Truppen 1798 Teil des Kantons Brühl war. Zu kämpfen hatte und hat Widdig auch immer wieder mit Überschwemmungen des Rheins. So wurde die heutige Pfarrkirche Sankt Georg als Ersatz für eine vom Rhein weggerissene Kapelle erbaut. Bis 1935 firmierte das Dorf als eigenständige Gemeinde, die zur Bürgermeisterei Hersel gehörte, aus der sich die Gemeinde Hersel entwickelte. Seit 1969 ist das Dorf Teil der Stadt Bornheim.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort