Toiletten für alle Bornheim will an „Nette Toilette“ teilnehmen

Bornheim · Die Not mit der Notdurft hat in Bornheim ein Ende. 2020 soll das Projekt „Nette Toilette“ umgesetzt werden. Teilnehmende Geschäfte stellen ihre Toiletten dann der Öffentlichkeit zur Verfügung.

 Mit einem Hinweisschild ist die „Nette Toilette“ im Fenster der Geschäfte annonciert.

Mit einem Hinweisschild ist die „Nette Toilette“ im Fenster der Geschäfte annonciert.

Foto: picture alliance/dpa/Mohssen Assanimoghaddam

Was muss, das muss. Egal ob Schulkind, Student oder Senior – wer in einer Stadt unterwegs ist und plötzlich ein dringendes menschliches Bedürfnis verspürt, wünscht sich nichts sehnlicher als eine öffentliche, möglichst saubere Toilette. Damit der Satz „Mama, ich muss mal“ in Bornheim zukünftig keine Schweißausbrüche mehr verursacht, soll im Stadtgebiet ab dem kommenden Jahr das Projekt „nette Toilette“ eingeführt werden.

Einen entsprechenden Antrag stellte der Bornheimer Seniorenbeirat im Bürgerausschuss am vergangenen Dienstag – und stieß damit sowohl bei der Verwaltung als auch bei der Politik auf offene Ohren. Einstimmig empfahlen die Ausschussmitglieder dem Haupt- und Finanzausschuss, die „nette Toilette“ im Haushaltsjahr 2020 umzusetzen.

„Die Verfügbarkeit öffentlicher Toiletten trägt zur Attraktivität einer Stadt bei“, so die Verwaltung. „Für Familien und Senioren bedeuteten sie zudem eine dringende Notwendigkeit, um im Alltag nicht eingeschränkt zu sein und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.“

Die Idee hinter dem Konzept, das laut Initiator bundesweit bereits in 270 Städten und Gemeinden praktiziert wird, ist einfach: An einem roten Aufkleber erkennen Menschen, dass Betreiber von Geschäften oder Restaurants ihre Toiletten der Allgemeinheit zur Verfügung stellen – und das in der Regel unentgeltlich.

Ein Flugblatt, inklusive Stadtplan und Öffnungszeiten, weist zudem auf die Beteiligten an der „netten Toilette“ hin. Im Gegenzug können die Unternehmen, je nach getroffener Absprache, von der Stadt eine Aufwandsentschädigung erhalten. Die netten Toiletten könnten eine Win-Win-Situation für alle bedeuteten: Die Stadt spart Kosten, denn laut Verwaltung würde die Errichtung einer öffentlichen Toilettenanlage mit rund 100.000 Euro plus jährlich 5000 Euro Unterhaltungskosten zu Buche schlagen. Zudem stehen der Allgemeinheit im gesamten Stadtgebiet saubere Toiletten zur Verfügung, und die Anbieter haben die Chance, durch den Service neue Kunden für ihren Betrieb zu gewinnen. „Das ist eine tolle Sache und ich glaube, das viele mitmachen werden“, sagte Lutz Wehrend (CDU). Dem pflichtete Karin Jaritz (SPD) bei.
Das Konzept der öffentlichen Nutzung von Toiletten in Gaststätten entstand im Jahr 2000 in Aalen und wurde zusammen mit einer örtlichen Werbeagentur umgesetzt. Diese Agentur hält auch die Vertriebsrechte für das Logo. Nach Angaben der Stadt Bornheim kostet der Bezug eines Basispakets mit Nutzungsrechten, Aufklebern, Flugblättern und Plakaten knapp 4000 Euro. Wie in den Ausführungen der Stadtverwaltung zu lesen ist, sind im Haushalt 2020 dafür bisher keine Mittel veranschlagt. Daher lautet der Vorschlag, die Finanzierung des Projekts „Nette Toilette“ zunächst aus dem Budget des Seniorenbeirats zu leisten, das insgesamt 5000 Euro beträgt. Für weitere Projekte des Seniorenbeirats würden im laufenden Haushaltsjahr 2020 bei Bedarf außerplanmäßige Mittel beantragt. Mit diesem Vorschlag war Gabriela Knütter als Vorsitzende des Seniorenbeirats ganz und gar nicht einverstanden. „Wenn wir für unseren Tipp jetzt auch noch zahlen sollen, wären wir ein bisschen enttäuscht.“ Dafür zeigte die Politik Verständnis. Günter Gilles (UWG) gab jedoch zu bedenken, dass es sich bei dem Angebot der „netten Toilette“ um eine sogenannte freiwillige Leistung handeln könnte, die im Rahmen des Haushaltssicherungskonzeptes nicht finanziert werden darf. Der Ausschuss beauftragte daher die Verwaltung, zu prüfen, ob die Ausgabe außerplanmäßig aus dem Haushalt getätigt werden kann und den Seniorenbeirat über das Ergebnis zu informieren.

Bornheims Nachbarstadt Brühl hat sich der „Netten Toilette“ bereits im Herbst 2018 angeschlossen. Wie aus den Sitzungsunterlagen hervorgeht, beteiligen sich laut Wirtschaftsförderung Brühl aktuell elf Gaststätten (keine Geschäfte) in der Innenstadt an dem Service. Die Stadt Brühl zahle keine Aufwandsentschädigung, sondern habe den interessierten Betrieben eine intensive Werbeoffensive als Gegenleistung zugesagt. Zwei Gastronomen machen von der freigestellten Möglichkeit Gebrauch, einen kleinen Obolus für die Toilettennutzung zu erheben. Das Feedback von Bürgern und Gaststätten fällt laut Wirtschaftsförderung durchweg positiv aus. Nur ein Anbieter sei in der Zwischenzeit abgesprungen, weil er schlechte Erfahrungen mit Kunden gemacht habe. Sein Lokal lag in der Nähe der Bahnstation und sei insbesondere von betrunkenen Nachtschwärmern aufgesucht worden.

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