Theater am Bornheimer Gymnasium Wie Schüler sich vor Cybermobbing schützen können
Bornheim · Konflikte werden mittlerweile immer mehr in digitaler Form ausgetragen. Prügelvideos oder die Privatsphäre verletzende Bilder sind längst keine Seltenheit mehr. Das Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in Bornheim sensibilisiert seine Schüler für das sogenannte Cybermobbing auf besondere Weise.
Auf der Bühne steht ein Sarg, schwarzgekleidete Trauergäste sind zu sehen, Krähen krächzen – und kurz darauf geht eine wilde Schießerei los. So begann das Theaterstück „Rausgemobbt 2.0“ des Kölner „Comic on!“-Theaters. Aufgeführt wurde es für Schülerinnen und Schüler der sechsten und siebten Klassen des Alexander-von-Humboldt-Gymnasium (AvH) im Bornheimer Rathaus. Der Anfang entpuppte sich schnell als Szene eines Computerspiels. Denn es ging um das Thema Cybermobbing, also um das Schikanieren von Menschen im Internet.
Die Geschichte drehte sich um den Jungen Jess, der auf eine neue Schule geht. Dort freundet er sich sowohl mit Chris, einer Computerspielerin und Außenseiterin, als auch mit Vanessa, einem reichen Mädchen, an. Vanessa mobbt Chris immer wieder, mit Worten, Schlägen und Online-Attacken geht sie gegen sie vor. Jess, der Neue, steht dabei zwischen den Stühlen. Als Vanessa ein Video von Chris in den Klassenchat stellt und in den sozialen Medien teilt, weiß diese nicht mehr weiter. Das Stück endete mit einem Knall, wortwörtlich, ohne, dass etwas zu sehen war. Jeder konnte so selbst interpretieren, was passiert war.
Schauspieler sprechen mit Kindern über Cybermobbing
Nach dem Theaterstück folgte eine Diskussionsrunde mit allen Schülern. Die Schauspieler fragten per Handzeichen ab, ob die Aufführung realistisch war – alle zeigten auf und bejahten damit die Frage. Ob sie Cybermobbing schon einmal miterlebt hätten? Rund ein Drittel der Schülerschaft meldete sich. Einige haben auch bereits gewaltverherrlichende, rassistische oder queerfeindliche Bilder zugeschickt bekommen. Die Darsteller wiesen darauf hin, dass selbst der Besitz solcher Medien unter Umständen strafbar sein kann. Im Verlauf der rund 45-minütigen Runde sprachen sie unter anderem über die Motive des Mobbens, wie Schüler sich verhalten können, wenn so etwas im eigenen Umfeld passiert und wie sie sich vor beleidigenden Bildern oder Videos schützen können. Die Schüler brachten selbst ein, dass man sich Hilfe bei Vertrauenspersonen holen und fragwürdige Inhalte blockieren oder melden sollte.
Mit dem Tourneetheater „Comic on!“ hat das Humboldt-Gymnasium bereits gute Erfahrungen gemacht. „Über Cybermobbing müssen externe Personen mit den Kindern reden, nicht ich als Lehrerin“, erklärte Christine Wobben, Kunst-, Biologie- und Beratungslehrerin am AvH, warum sie das Angebot erneut an die Schule holte. „Die Schauspieler sind näher an den Schülerinnen und Schülern dran, und das Theater ist ein gutes Medium dafür. So können die Kinder richtig mitfühlen, und das Thema kommt hoffentlich besser bei ihnen an“, sagte die 44-Jährige. Obwohl fast alle Kinder ab der fünften Klasse ein Smartphone hätten, halte sich Cybermobbing an der Bornheimer Schule ihrer Erfahrung nach in Grenzen, sagte Wobben, die außerdem als Psychotherapeutin tätig ist. Sie stellte aber auch klar: „Vieles passiert in den Pausen beziehungsweise, wenn kein Lehrpersonal dabei ist.“
Gespräche als Konfliktlösung
Gebe es einen Mobbing-Fall, müssten sich Lehrer sehr viel Zeit nehmen, um die Situation wieder zu verbessern. „Wir sprechen dann einzeln mit Betroffenen und Tätern, überlegen, was man verändern kann. Danach versuchen wir auch, mit beiden Parteien gemeinsam zu sprechen und das Problem zu lösen“, so die Pädagogin, die bereits seit 15 Jahren am AvH tätig ist. Insgesamt fünf Beratungslehrer stünden für solche Fälle für die Kinder und Jugendlichen bereit. Und was können Eltern im Fall von Mobbing tun? „Sie sollten sich an die Klassen- oder Beratungslehrer wenden. In manchen Fällen würde ich aber auch dazu raten, zur Polizei zu gehen“, rät Wobben.
Für die Sechst- und Siebtklässler geht die Beschäftigung mit dem Thema Cybermobbing nach dem Theaterstück weiter. Die Klassenlehrer greifen es im Unterricht erneut auf und über ein Patensystem an dem Gymnasium geben die Schüler ihr erlerntes Wissen zum Umgang mit sozialen Medien an die Fünftklässler weiter.