Für Corona-Tests Bornheimer will mobile Labors nach Afrika bringen

Bornheim · Afrika-Experte Peter Mäsgen bezeichnet Corona als „schwere Bombe“ für den Kontinent. Zusammen mit einem Münchner Unternehmen arbeitet der Konsul der Hohoe-Gbi aus Ghana daran, Container-Labors nach Afrika zu bringen.

 Peter Mäsgen und seine Frau Habiba aus Tansania. Mäsgen hat schon in 24 Ländern Afrikas gelebt und gearbeitet.

Peter Mäsgen und seine Frau Habiba aus Tansania. Mäsgen hat schon in 24 Ländern Afrikas gelebt und gearbeitet.

Foto: Matthias Kehrein

Wenn es um Afrika geht, kommt Peter Mäsgen ins Schwärmen. Die Schönheit, weite Landschaften, stundenlange Autofahrten ohne Gegenverkehr. Aber der Bornheimer kennt auch die tragischen Seiten des Kontinents. „Dort gibt es in vielen Ländern keine funktionierende medizinische Grundversorgung der notleidenden Bevölkerung, und nun schlägt Corona ein wie eine schwere Bombe“, sagt er. Mit einem Projekt-Team will er deswegen mobile Laborcontainer nach Afrika bringen.

Mäsgen ist erster Konsul der etwa 200.000 Menschen umfassenden Gruppe der Hohoe-Gbi in Ghana. Deren König Céphas Bansah nennt er einen „guten Freund“. Der Bornheimer lebte in 24 afrikanischen Ländern und setzte sich dabei stets mit Projekten für die Bevölkerung ein. Die dabei entstandenen Beziehungen zu Regierungen und Königshäusern pflegt – und nutzt – er bis heute.

Bei einem seiner letzten Besuche dokumentierte er die Zustände in Krankenhäusern. Seine Bilder zeigen einen blutüberströmten Patienten, der mangels Stühlen auf dem Boden liegend auf seine Aufnahme wartet. Ärzte ohne Handschuhe im OP, in den er ungehindert hineingehen konnte. Viele Amputierte. „Das macht man oft, weil keine Möglichkeit zur Behandlung besteht. Ältere Leute und Kinder legt man auf den Boden, damit sie nicht aus dem Bett fallen. Skalpelle werden nach der OP mit lauwarmen Wasser abgespült und bei der nächsten OP eingesetzt“, beschreibt der 69-Jährige. In den Großstädten gebe es durchaus gute Krankenhäuser, aber außerhalb? „Die haben nichts. Nichts zum Sterilisieren, nichts zum Diagnostizieren, einfach nichts“, sagt er und betont das letzte Wort.

Mäsgen: Gefahr der Infektion „riesengroß“

„Und jetzt kommt Corona. In Afrika ist die Situation genauso wie hier, aber dort kann nicht getestet werden.“ Im Oktober gab Virologe John Nkengasong, Direktor der obersten Seuchenschutzbehörde der Afrikanischen Union, bekannt, dass nur rund ein Prozent der 1,2 Milliarden Menschen des Kontinents getestet wurden. Nkengasong berichtete zwar von einem Abwärtstrend bei den Fallzahlen, Mäsgen ist trotzdem besorgt. „Die Gefahr, dass sich jemand infiziert, ist riesengroß“, sagt er. „Denn der Afrikaner ist es von seiner Kultur her gewohnt, Nähe zu suchen.“ Im Bus setze man sich auf dem Kontinent nicht möglichst weit von anderen Fahrgästen weg, sondern genau neben sie.

Hinzu kommen laut Mäsgen verseuchtes Trinkwasser, Ebola, Malaria und zehn bis 15 weitere lebensbedrohliche Krankheiten, mit denen viele Afrikaner sich auseinandersetzten müssten. Wegen Corona spricht er gar von einem „beginnenden Genozid“.

„Was machen die Leute? Sie sterben. Da muss man sich nicht wundern, wenn sie zu Tausenden an der Küste stehen und nach Europa wollen. Wenn wir jetzt nichts tun, wird uns diese Welle irgendwann mal erschlagen.“ Mäsgens Motto ist deswegen, den Menschen in ihren Heimatländern zu helfen.

Labore brauchen nur sechs Wochen in der Produktion

Zusammen mit der MMM Healthcare International (HCI) GmbH, dem Deutschen Medikamenten-Hilfswerk action medeor und dem Afrika- und Politik-Analysten Jürgen Langen setzt er sich dafür ein, portable Labore nach Afrika zu schaffen. Nach Angaben des Herstellers, der HCI, brauchen die Module nur rund sechs Wochen in der Produktion und zwei Wochen zum Aufstellen. Bei der Anlieferung sind die Container schon zu 90 Prozent vorgebaut. Sie werden von zwei Dieselgeneratoren angetrieben und enthalten ein solarbetriebenes Wasseraufbereitungssystem.

Die Vorteile im Vergleich zum regulären Bau laut der HCI: Modulare Gebäude kosten weniger, sind nachhaltiger, fast komplett recyclebar, schneller aufgebaut und können wieder ab- und neu aufgebaut werden. Mäsgens Wunsch wäre es, die Labore in Afrika bauen zu lassen, um dort Arbeitsplätze zu schaffen, und sie von Deutschland aus mit dem nötigen Equipment ausstatten zu lassen. Neben Corona könnten sie natürlich auch genutzt werden, um auf andere Infektionskrankheiten zu testen.

Seit März kämpfe das Projekt-Team für die Labore; in Berlin seien „große Schritte“ unternommen worden. Im Oktober traf Mäsgen Verantwortliche des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in der Hauptstadt, um für das Projekt zu werben. Zuletzt habe es eine Videokonferenz mit dem südafrikanischen Gesundheitsminister gegeben, auch mit EU-Parlamentariern habe er telefoniert. „Und das ist nur das, was ich als ‚kleiner Mann’ erreichen kann“, sagt der Bornheimer. Das BMZ als Vergabestelle muss laut Mäsgen nun den Anträgen auf Labore zustimmen, die verschiedene afrikanische Länder bereits gestellt haben. Das BMZ ließ eine Anfrage des GA zum Thema unbeantwortet.

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