UN-Dekade für biologische Vielfalt Breniger Wildgarten erhält Auszeichnung
Bornheim-Brenig · Die UN-Dekade für biologische Vielfalt würdigt den Breniger Wildgarten und die pädagogische Arbeit von Elisabeth Hillebrand-Guessant mit einer Auszeichnung.
Wolfgang Düppe, Leiter des Bezirksjugendamts in Köln-Rodenkirchen, gerät regelrecht ins Schwärmen, wenn er über das naturpädagogische Projekt „Draußen bei Wind und Wetter – Natur er-leben“ von Elisabeth Hillebrand-Guessant spricht. Seit 2002 arbeitet das Jugendamt mit der 60-Jährigen zusammen. Für die Projekte in ihrem Breniger Wildgarten erhielt sie jetzt eine Auszeichnung der UN-Dekade für biologische Vielfalt innerhalb des Sonderwettbewerbs „Soziale Natur – Natur für alle“.
Düppe fungierte als Botschafter der UN-Dekade und überreichte Hillebrand-Guessant die Würdigung. Zwei Jahre lang kann die studierte Ethnologin nun den Titel „Ausgezeichnetes Projekt der UN-Dekade für biologische Vielfalt“ in ihrer Öffentlichkeitsarbeit führen. In ihrem zwei Hektar großen Wildgarten am Hang des Hennesenbergs bietet sie Wildkräuterführungen und Kindergeburtstage an und ermöglicht in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt Kindern, für die die Stadt Köln eine sogenannte Erziehungsbeistandschaft hat, Naturerlebnisse. Einmal im Monat kommen fünf Betreuer mit zehn bis zwölf Mädchen und Jungen ab sechs Jahren zu der fünffachen Mutter in den Garten, den sie seit 1994 bearbeitet.
Zusammenarbeit mit Bezirksjugendamt in Rodenkirchen
„Die Idee ist, wenig kreativen und anregungsarmen Wohnumfeldern, schlechten Ernährungsgewohnheiten, motorischen Störungen, Verhaltensauffälligkeiten und desolaten Familienverhältnissen mit Naturerfahrungen zu begegnen“, schreibt Hillebrand-Guessant in ihrer Projektbeschreibung. Das Konzept geht laut Düppe und der Koordinatorin des Projekts beim Jugendamt, Barbara Koch, auf. „Auch Kinder, die sonst 'Systemsprenger' sind, laufen hier mit“, sagen sie. Sie lassen sich auf die Regeln ein, von denen es laut Hillebrand-Guessant nur wenige gibt: „Nicht rennen, auf den Wegen bleiben, das Klo benutzen“.
Zu Hause gäbe es oft eine Medienüberflutung, so Düppe, die Kinder kämen nicht zur Ruhe. Im Wildgarten könnten sich auch Mädchen und Jungen mit ADHS besser konzentrieren, sie fänden statt vorgefertigtem Spielzeug natürliche Räume vor und würden kreativ. Hillebrand-Guessant: „Ich beobachte immer wieder, dass sie sehr schnell im Rollenspiel sind.“
Beim Arbeiten mit den natürlichen Materialien lernen sie deren natürliche Qualitäten kennen, Ideen umzusetzen und Lösungen zu finden, erzählt Hillebrand-Guessant. „Das stärkt sie in dem, was Kinder von Natur aus haben: die Kunst der Improvisation.“ Jedes Mal werde auch gemeinsam geerntet, was der Garten in der jeweiligen Jahreszeit hergibt und auf dem selbst gebauten Lehmofen gekocht. So erführen die Kinder viel über biologische Vielfalt, sowohl über die wilde als auch über die kultivierte.
Sonderwettbewerb „Soziale Natur – Natur für alle“
Das Angebot wird es so aber nicht mehr lange geben. Auf Betreiben des Amtes für Natur- und Landschaftsschutz des Rhein-Sieg-Kreises muss die Brenigerin bis 2021 alles abbauen, die Infrastruktur auflösen und 16 Obstbäume pflanzen (der General-Anzeiger berichtete). Denn der Wildgarten liegt im Naturschutzgebiet Mühlbachtal. Und dort dürfen wegen des Natur- und Artenschutzes keine fremdländischen Gehölze und Ziergehölze angepflanzt werden.
Die entfernt Hillebrand-Guessant auf Weisung des Amtes nun peu à peu. Bis Ende des Jahres muss sie etwa den Lavendel ausgraben. „Der Lavendel war eine Weide für alle möglichen Insekten und Schmetterlinge, wenn man den wegschneidet, fehlt den Tieren die Nahrung.“ Es sei schwer, gleichwertigen Ersatz für die Insekten zu finden.
Auch Düppe sieht die Auflagen skeptisch: „Man geht von einem Idealbild aus, was hier hingehört und was nicht.“ Schließlich ändere sich mit der Klimaveränderung auch die Natur. Umso mehr freut sich Hillebrand-Guessant über die Auszeichnung. „Ich habe noch die leise Hoffnung, dass das den Impuls geben könnte, den Ort für die Kinder zu erhalten.“ Denn: „Es gibt keinen vergleichbaren Ort hier in der Gegend, wo die Kinder so viel Freiheit spüren.“