Fairtrade-Stadt Bornheim Das Engagement geht weiter

BORNHEIM · Im Rathaus werden fair gehandelter Kaffee und Tee ausgeschenkt, auch der Zucker trägt das grün-blaue Siegel, das für faire Bezahlung und Produktionsbedingungen steht. Es ist rund zwei Jahre her, dass der Rat beschlossen hat, dass Bornheim Fairtrade-Stadt werden soll. Am 30. September 2012 war es dann soweit: Bornheim bekam den Titel als 99. Stadt verliehen. Doch was hat sich seither getan? Ist die Arbeit der extra gebildeten Lenkungsgruppe damit beendet?

Winfried Helmes, Sprecher der Gruppe, schüttelt energisch den Kopf. Es gehe immer weiter, schließlich müsse das Siegel alle zwei Jahre verlängert werden, sagt er. "Und es ist schwierig, das Engagement wachzuhalten und das Thema in den Köpfen der Menschen zu halten." Die Stetigkeit fehle, das habe sich bereits bei der Arbeit der Eine-Welt-Gruppen gezeigt, die sich ebenfalls seit Jahren mit dem Thema befassen. "Wir haben viel getan, punktuell bleibt etwas hängen, aber es geht nicht in die Breite." Dabei sei es wichtig, mit vielen kleinen Schritten einen Beitrag für eine bessere Welt zu leisten.

Generell ist Bornheim laut Helmes aber gut unterwegs: Seit der Zertifizierung im September sind neun weitere Anbieter hinzugekommen; für den Flyer musste bereits die zweite Ergänzung gedruckt werden. Insgesamt beteiligen sich damit 49 Supermärkte, Vereine und Schulen im Stadtgebiet am Projekt Fairtrade-Stadt. "Fairtrade in Bornheim lebt", sagt Helmes mit Nachdruck.

So hat die Initiative erst kürzlich Aufkleber drucken lassen. Die erhält jedes Geschäft, das mindestens zwei Fairtrade-Produkte im Sortiment hat - um weitere Aufmerksamkeit zu schaffen. "Das war auch ein Anlass, um noch mal in die Gastronomiebetriebe zu gehen und dafür zu werben, dass sie am Ball bleiben", sagt Wolfgang Paulus, Agendabeauftragter der Stadt. In der Gastronomie und den Schulen sehe er noch den größten Bedarf. "Die Schulen kämpfen damit, dass sie mit Themen sowieso überfrachtet sind. Und für die Gastronomen ist es zunächst ein höherer Aufwand, weil sie sonst einen Rundum-Service von ihren Lieferern bekommen", ergänzt Paulus.

Die Themen in den Schulplan zu integrieren, scheint für die Heinrich-Böll-Sekundarschule Merten kein Problem zu sein. Noch in diesem Jahr hofft sie, erste Fairtrade-Schule Bornheims zu werden. Die Bewerbung läuft, der Stoff wird bereits in der fünften Klasse unterrichtet - und es gibt sogar einen Fairtrade-Beauftragten. Peter Poppensieker, seines Zeichens Erdkundelehrer, hat diese Aufgabe übernommen und weiß am Besten, wie der Fairtrade-Unterricht aussieht.

So lernen die Schüler im Fach Hauswirtschaft die unterschiedlichen Produkte kennen; in Gesellschaftslehre geht es hingegen um die politischen und geografischen Aspekte. Wo wächst Kakao, wer stellt ihn her und wer verbraucht am meisten? "Wir wollen, dass das Thema so ins Bewusstsein übergeht", sagt Poppensieker. Da habe die Schule als Multiplikator möglicherweise bessere Chancen als normale Geschäfte. "Sie verkaufen die Produkte lediglich, niemand weiß aber, wie viel sie von der Idee weitergeben."

Und was bringt das Siegel Schulen, Geschäften und vor allem der Stadt? Zunächst gehe es darum, etwas für die soziale Gerechtigkeit zu tun, sagt Paulus. Aber Fairtrade-Stadt zu sein, sei auch ein weicher Standortfaktor, mit dem sich die Menschen identifizieren können und der vielleicht auch neue Bewohner anlocke.

Ein Siegel und fünf Kriterien -Status muss alle zwei Jahre erneuert werden:
Fairtrade ist kein Bio-Siegel, sondern in erster Linie ein Sozialsiegel. Laut Selbstauskunft wird so ermöglicht, "dass Bauern in Afrika, Lateinamerika und Asien durch Fairtrade-Standards die Möglichkeit haben, ihre Dörfer und Familien aus eigener Kraft zu stärken und ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen nachhaltig zu verbessern". Fairtrade-Produkte gibt es vor allem unter den klassischen Kolonialwaren wie Kaffee, Tee oder Bananen.

Um Fairtrade-Stadt zu werden, müssen neben dem entsprechenden Ratsbeschluss und der Einrichtung einer Steuerungsgruppe folgende Kriterien erfüllt werden: In Sitzungen der Ausschüsse und des Rates sowie im Bürgermeisterbüro muss Fairtrade-Kaffee sowie ein weiteres Produkt aus fairem Handel verwendet werden. In den lokalen Einzelhandelsgeschäften müssen zudem gesiegelte Produkte aus fairem Handel angeboten und in Cafés und Restaurants Fairtrade-Produkte ausgeschenkt werden. Die nötige Anzahl der Geschäfte richtet sich nach der Einwohnerzahl.

Außerdem müssen in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Vereinen und Kirchen Fairtrade-Produkte zur Verwendung kommen. Zusätzlich sollten dort Bildungsaktivitäten zum Thema "fairer Handel" durchgeführt werden. Zuguter letzt sollten die örtlichen Medien über die Bemühungen, Fairtrade-Stadt zu werden, berichten. Bornheim erfüllt alle diese Kriterien. Alle zwei Jahre müssen sie aber erneut nachgewiesen werden. Damit will sich die Lenkungsgruppe aus Eine-Welt-Gruppen, Politik und Verwaltung nach der Sommerpause beschäftigen.

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