Frauen in der Feuerwehr Die Kameradin in der Löschgruppe

BORNHEIM · Victoria Brief ist die einzige weibliche Kraft unter den Bornheimer Aktiven. Die 19-jährige Maschinenbau-Studentin, die Gardetanz zum Hobby hat, hält nichts von Rollenklischees

Victoria Brief ist freiwillige Feuerwehrfrau: Auf der Bornheimer Wache schlüpft sie in Uniform und Stiefel.

Foto: Roland Kohls

Es brennt auf dem Industriegelände. Aus dem dritten Obergeschoss eines Gebäudes schlagen Flammen, und eine Person wird vermisst. Die Freiwillige Feuerwehr Bornheim ist schon vor Ort. Einsatzleiter Heinz Muhr schickt einen Trupp mit C-Rohr über die Multifunktionsleiter zur Menschenrettung los.

Das ist der Einsatzbefehl für den Angriffstrupp beim heutigen Übungsszenario an der Europaschule - und das Signal für Victoria Brief. Die 19-Jährige ist die einzige Frau in der Löschgruppe Bornheim.

Ende April wurde Victoria Brief zur Feuerwehrfrau ernannt, nachdem sie die erforderlichen Ausbildungen samt Prüfungen erfolgreich absolviert hat. Ein Jahr lang war sie als Anwärterin bereits mit den Kameraden auf Einsätze gefahren. Als ihr Bruder Christopher (22), ebenfalls einer von 39 Aktiven der Löschgruppe, vor sechs Jahren ankündigte, dass er seine 13-jährige Schwester mit zur Jugendfeuerwehr bringen wolle, hätten alle "ein Mannsweib" erwartet, erzählt die schlanke junge Frau mit den langen blonden Haaren. Inzwischen betreut sie selbst als Jugendwartin den Nachwuchs der Bornheimer Feuerwehr.

Sie sei schon immer technikinteressiert gewesen, "und ich möchte anderen helfen", erklärt sie, warum sie sich für den freiwilligen Feuerwehrdienst entschieden hat. Neben ihrem ehrenamtlichen Engagement im Pfarrausschuss wohlgemerkt.

Klar bekomme sie als Frau "vielleicht mal einen Spruch zu hören", sagt die 19-Jährige, "aber ich weiß ja, wie ich das aufnehmen muss." Geflirtet würde nicht, immerhin wüssten alle, dass sie seit vier Jahren einen Freund hat - und der ist ebenfalls Feuerwehrmann in Waldorf. Sie fühle sich gut aufgenommen in der Löschgruppe, sagt die junge Frau, sie schätze gerade die Kameradschaft untereinander.

Die ist auch Löschgruppenführer Muhr wichtig. "Ich gebe zu, lange wollte man hier keine Frauen", räumt er ein, aber inzwischen sei man da sehr offen, und was die körperliche Leistungsfähigkeit angehe, gebe es ja ebenfalls bei den Männern Unterschiede. Im Einsatzfall schaue der Leiter, wer was gut könne. "Man muss doch auch mal neue Wege gehen", findet Victorias Bruder Christopher. "Und wir können meiner Meinung nach froh sein, dass wir eine zusätzliche Person zur Verfügung haben." So fragte der Schriftführer die junge Feuerwehrfrau etwa, ob er seine Rundbriefe künftig um "Liebe Kameradinnen" ergänzen soll. Wie Victoria Brief erzählt, habe sie ihn aber beruhigt, dass sie sich durchaus bei der maskulinen Variante mitangesprochen fühle.

Von Rollenklischees hält die 19-Jährige ohnehin nichts. Immerhin bewegt sie sich auch beruflich in einer männerdominierten Welt: An der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg absolviert sie ein duales Studium im Maschinenbau, das sie mit der Ausbildung zur Industriemechanikerin kombiniert. Ihr Abitur mit den Leistungskursen Mathe und Physik hat sie indes an der Ursulinenschule in Hersel abgelegt - einer Mädchenschule. Nun verbringt sie im Grunde den ganzen Tag mit Jungs. "Einen Ausgleich" dazu, wie sie sagt, sucht sie sich mit einem weiteren Hobby: dem Gardetanz.

Und wenn sie mit den Herseler Germania Funken zum Turnier fährt, lässt sie den Feuerwehrmelder mal aus. Der hat sie bislang zum Beispiel zu einem nächtlichen Strohballenbrand alarmiert, bei dem sie mit dafür sorgen musste, dass die Flammen nicht auf eine Hochspannungsleitung übergriffen.

Und auch bei der Beseitigung von etlichen Ölspuren sowie von im Sturm umgestürzten Bäumen war Victoria Brief schon als Feuerwehrfrau im Einsatz. Seit Kurzem hat sie die Ausbildung zum Tragen des Atemschutzgeräts absolviert.

Da sei sie trotz regelmäßigem Krafttraining im Fitnessstudio bei dem zu meisternden Parcours schon an ihre körperlichen Grenzen gestoßen, gesteht die 19-Jährige. Immerhin wiegt das Equipment zusätzlich zu der schweren Schutzjacke und -hose zwölf bis 14 Kilo. Die Prüfung hat Victoria Brief dennoch geschafft.

Und so trägt sie den Atemschutz nun wieder bei der Übung an der Europaschule auf dem Rücken. "Beim Grundlehrgang hat sie sogar die beste theoretische Prüfung abgelegt", erzählt der stellvertretende Löschgruppenführer Thomas Kaltheier, während Victoria Brief die mehrere Meter hohe Leiter hochklettert, um bei der Rettung der "vermissten Person" zu helfen. "Wir haben von Anfang an gesagt, es soll keine Bevormundung geben, das wollte sie auch selber nicht, und dadurch ist sie in der Gruppe auch voll akzeptiert", betont Kaltheier. "Egal ob Männer oder Frauen - jeder muss sich seinen Respekt verdienen."

Unterdessen ist Victoria zurück und pustet wie ihre drei männlichen Kameraden nach dem Tragen der 80 Kilo schweren Puppe. "Vorne an der Trage ging es nicht so gut, hinten war es besser. Aber dann weiß ich das eben fürs nächste Mal", sagt sie und bringt das Atemschutzgerät zurück in den Einsatzwagen.