Aufgewachsen in der DDR Die Schwangerschaft rettete sie vor der Stasi

Bornheim · Ines Pinsdorf wuchs in der damaligen DDR auf und berichtet davon als Zeitzeugin an Bornheimer Schulen. Weil sie der SED nicht beitreten wollte, geriet sie ins Visier der Stasi.

 Jugend trifft auf Politik: Schülerinnen diskutieren mit Ines Pinsdorf, die in der DDR aufwuchs, in der Herseler Ursulinenschule.

Jugend trifft auf Politik: Schülerinnen diskutieren mit Ines Pinsdorf, die in der DDR aufwuchs, in der Herseler Ursulinenschule.

Foto: Axel Vogel/AXEL VOGEL

Ines Pinsdorf hatte immer gute Noten. Bis zur siebten Klasse. Dann deutete sich an, dass sie trotz ihrer Leistungen nicht studieren darf – „weil meine Eltern nicht in der Partei waren“, sagt sie. Die Partei, das war die SED, und die Geschichte ist rund 40 Jahre her. Heute ist Ines Pinsdorf 54 Jahre alt und arbeitet in der Finanzverwaltung der Stadt Bornheim.

Pinsdorf wuchs in Magdeburg auf, in der damaligen DDR. Über ihre Erfahrungen mit dem Unrechtsregime berichtet die Zeitzeugin für den Stadtjugendring momentan an Bornheimer Schulen. Dass jeder, der gute Noten schreibt, aufs Gymnasium geht, war damals unmöglich, erzählte sie den Schülerinnen der Ursulinenschule. „Aus jeder Klasse durften in der achten Klasse zwei Schüler auf die erweiterte Oberschule. Ich fiel nicht darunter.“

Später fand sie heraus, dass der Staat Bildungsdiskriminierung als Unterdrückungsinstrument nutzte. Zu rebellisch sei sie gewesen, zu oft habe sie in der Schule den Status Quo hinterfragt. Fächer wie „Staatsbürgerkunde“, „Zivile Verteidigung“ und „Produktive Arbeit“ gebe es heute zum Glück nicht mehr.

Pinsdorf zieht SED-Antrag zurück

Während ihrer Lehre lehnte sie es ab, Parteimitglied zu werden, weil sie dafür zwei Bürgen hätte angeben müssen. Ihre Chance auf einen Studienplatz war damit dahin. Nach ihrer Hochzeit und während der ersten Schwangerschaft rief die Entscheidung schließlich die Stasi auf den Plan.

„Ich wurde ohne Erklärung in ein Gebäude eingeladen, das ich als Standesamt kannte. Ich wurde in ein Büro geführt, und als die Tür hinter mir zuging, war daran keine Klinke. Ein Herr fragte mich, warum ich den Parteiantrag zurückgezogen hatte, ich war überhaupt nicht auf diese Frage vorbereitet. Am Ende durfte ich gehen und er sagte, ich könne froh sein, dass ich schwanger bin.“ Ab diesem Zeitpunkt habe sie unter Beobachtung gestanden.

Noch heute bekommt Pinsdorf Gänsehaut, wenn sie an die Pressekonferenz zum Mauerfall denke. Was sie ihren beiden Kindern mitgab und auch den Schülerinnen mit ihren Erzählungen vermitteln möchte: „Alles, was ihr heute macht, macht ihr für euch.“ Diese Freiheit zu haben, sollten sie unbedingt schätzen.

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