Die Asselbande aus Bornheim will GA-Bundestrainer werden Ein Relikt aus den 60er Jahren

Bornheim-Widdig · Die GA-Bundestrainer: Die Tippgemeinschaft "Asselbande" trifft sich regelmäßig in einer privaten Tanzbierbar in Widdig. Der Besitzer lässt dort alte Emotionen aufleben.

 Wie eine Tanzbierbar der 1960er und -70er Jahre hat Markus Schöneseifen das Erdgeschoss eines Hauses in Bornheim- Widdig ausstaffiert.

Wie eine Tanzbierbar der 1960er und -70er Jahre hat Markus Schöneseifen das Erdgeschoss eines Hauses in Bornheim- Widdig ausstaffiert.

Qualm zieht unter die orangefarbene Deckenbeleuchtung. Ein alter Mann mit Kippe sitzt auf einem Hocker, im Hintergrund läuft „Komm, gib mir deine Hand“ von den Beatles. Von Platte, natürlich von Platte. Einen CD-Player, iPhone oder Notebook sucht man im Treffpunkt „Assel“ vergebens. Beäugt wird die Situation von einer Schaufensterpuppe, in deren überdimensional großen Brillengläsern sich das Glitzern einer Discokugel spiegelt.

Zwar nur wenige Meter, aber einen Zeitsprung entfernt, steht ein Beamer. Das Deutschland-Spiel gegen Polen wird im Hof des Hauses in Widdig auf eine Leinwand projiziert. Rund 30 Menschen verschiedener Generationen folgen bei Bockwurst, Chips und Bier aufmerksam Thomas Müller und Co. Die Gruppe nennt sich beim EM-Tippspiel des General-Anzeigers „Die Asselbande“. „Für uns ist das Tippspiel, aber auch die EM, eine schöne Möglichkeit, uns zu treffen und gemeinsam Spaß zu haben“, sagt Markus Schöneseifen, der in dem Gebäude einen langen Traum auslebt.

Gemeinsam mit seinen Freunden, einem Freundeskreis, der so seit 30 Jahren besteht. „Das ist schon etwas Besonderes“, sagt er und man sieht ihm den Stolz an. Mit der Assel lebt er den Traum einer Tanzbierbar. „Die Idee habe ich schon seit zehn Jahren“, sagt der Schreinermeister. Vor drei Jahren kaufte er ein Haus, das an seine Schreinerei grenzt. Als dann die damaligen Bewohner auszogen, sah Schöneseifen seine Chance gekommen. Er gründete die Assel.

Seit mehr als 20 Jahren sammelt der 38-Jährige Relikte von den 50er bis 70er Jahren. Von der alten Jukebox über einen Zigarettenautomaten, der für 30 Pfennige drei Zigaretten ausspuckt, bis hin zu einem voll funktionsfähigen Schießautomaten. Viele dieser gesammelten Gegenstände finden sich in der Assel wieder.

Tanzbierbar: Ein Relikt aus den 60er Jahren
13 Bilder

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Ein vermeintlich teures Hobby. Aber:„Ich kann das gar nicht genau beziffern. Aber das meiste haben wir auf dem Flohmarkt gekauft oder gesammelt“, sagt Schöneseifen. Einige Stücke liegen dem Sammler besonders am Herzen. „Das sind meistens die, die wir von Freunden und Bekannten geschenkt oder vererbt bekommen“, sagt Schöneseifen. „Wir haben zum Beispiel einen alten Tisch, unseren SC-Widdig-Stammtisch, der wäre eigentlich unter die Räder gekommen. Jetzt bin ich froh, ihn hier zu haben.“

Während der Pause zieht es die Tippfreunde ins Innere. Das Wetter ist nicht EM-freundlich, das Spiel alles andere als berauschend. Berauschend ist möglicherweise das Bier, das aus einem Fässchen in unmittelbarer Nähe des DJ-Pults frisch gezapft wird. Aus seinem Fundus von 3500 Singles und 500 Langspielplatten fischt Schöneseifen gezielt einen Song der Flippers. Es erfolgt eine Ansage durch ein Mikrofon. Die Lautsprecher scheinen auch in die Jahre gekommen, denn verstehen kann man die Worte des Gastgebers kaum. Das mag auch an dem Song „Komm’ auf meine Insel“ liegen, der parallel ertönt.

„Nach dem Krieg gab es ja keine Diskotheken“, sagt der Schreiner. „Damals gab es diese Bars mit Bier und Live-Musik.“ An diese Bars will Schöneseifen mit der Assel erinnern. „Es ist eine Hommage an die Tanzbierbars, die es damals in Bonn gegeben hat. Zum Beispiel das Violetta oder die Ippendorfer Ponybar.“ Zwischen Schaufensterpuppen und Kaugummi-Automat solle man die Sorgen vergessen. Zumindest vergisst man die Zeit, wenn man die zahlreichen Relikte vergangener Jahre begutachten will.

Und die Assel ist nicht nur etwas für die junge Generation. Der älteste Gast ist 91 Jahre alt, der Jüngste gerade einmal drei Monate. „Das ist aber die Ausnahme. Normalerweise Einlass erst ab 21 Jahren“, sagt er mit einem Augenzwinkern und zeigt auf ein Schild an der Eingangstür. „Normalerweise haben wir auch einen Türsteher und man kommt nur mit Parole rein“, lacht er.

Den Türsteher gibt es nicht und dennoch wird nicht jedem der Einlass gewährt. „Die Assel ist nur für Freunde und Gönner gedacht. Wir machen sie ja auch nur zu speziellen Terminen für unsere Jungs auf“, sagt er. Das soll auch so bleiben.

Schöneseifen hat aber eine Vision. „Vielleicht schaffen wir es irgendwann mal, einmal im Monat für Jung und Alt aufzumachen“, sagt er und legt den Song „Träumendes Bonn“ von den vier Sternenburgern, einer Bonner Karnevalsgruppe aus den 50er Jahren, auf. Vermutlich ein Traum, doch die Assel ist Beweis genug, dass man Träume auch einfach mal umsetzen sollte.

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