Engagement für die Umwelt im Vorgebirge Eine Bürgerinitiative machte den Anfang

BORNHEIM · Der Landschafts-Schutzverein Vorgebirge blickt auf 40 Jahre erfolgreiche Arbeit zurück und feierte den runden Geburtstag mit seinen Mitgliedern auf dem Rheinschiff „Anja“.

 Gehen anlässlich des 40-jährigen Bestehens des LSV aufs Wasser (v.l.): Der Vorsitzende Michael Pacyna mit seinen Vorgängern Klaus Fietzek und Paul Henseler vor dem Rheinschiff „Anja“.

Gehen anlässlich des 40-jährigen Bestehens des LSV aufs Wasser (v.l.): Der Vorsitzende Michael Pacyna mit seinen Vorgängern Klaus Fietzek und Paul Henseler vor dem Rheinschiff „Anja“.

Foto: Roland Kohls

Am Anfang standen Sorge und Unmut. Mitte der 70er Jahre beabsichtigten die Quarzwerke Bonn, rund 35 Hektar der Vorgebirgskante zwischen Brenig und Roisdorf abzubaggern, um Quarzsand abzubauen. Nach Abschluss des Bergbaus sollte die Grube mit Müll verfüllt werden. Beide Vorhaben trafen auf „erbitterten Widerstand bei der Bevölkerung“, schreibt Michael Pacyna, Vorsitzender des Landschafts-Schutzvereins Vorgebirge (LSV) in der Festschrift zum 40-jährigen Engagement des Vereins.

Am 9. Juli 1975 riefen besorgte Bornheimer die Bürgerinitiative gegen den Quarzsandabbau ins Leben. Es waren die Anfänge der Bemühungen des 1985 gegründeten Landschafts-Schutzvereins Vorgebirge (LSV). Dessen Mitglieder setzen sich nun seit mehr als 40 Jahren für die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes ein – mit Ausdauer: Erst 2011 wurden die Pläne für den Bergbau zwischen Roisdorf und Brenig aufgegeben.

Um auf 40 Jahre erfolgreiche Arbeit zurückzublicken, hatte der Verein seine rund 240 Mitglieder für den vergangenen Sonntag zu einer Tour auf dem Rheinschiff „Anja“ mit den besonderen Gästen Paul Henseler (erster Vorsitzender von 1975 bis 1981) und Klaus Fietzek (Ehrenvorsitzender) eingeladen – etwa 150 kamen.

In wochenlanger Arbeit hatte der Vorstand zudem die knapp 100-seitige Festschrift mit einer Auflage von 1250 Exemplaren gestaltet, die zu einem Großteil aus 40 aktualisierten Beiträgen aus dem LSV-Heimatlexikon besteht. Mit Fotos versehen, widmen sich die Texte nicht nur Natur und Landschaft, sondern auch Geschichte und Brauchtum. So geht es etwa neben der Geologie der Ville oder dem Lebensraum Kiesgrube auch um Burgen im Stadtgebiet und um die „Klapperjungen“.

Immer wieder sei der Verein gebeten worden, eine solche Zusammenfassung zu veröffentlichen, sagt Pacyna. Die 40-Jahr-Feier habe der Vorstand nun zum Anlass genommen, diesem Wunsch nachzukommen.

Dabei sind es genau genommen 31 Jahre, die der Verein als solcher besteht, und 41 Jahre seit das Engagement mit der Bürgerinitiative begann. „Wir hatten im vergangenen Jahr so viele Veranstaltungen und sonstige Sachen, dass wir uns entschieden haben, die Jubiläumsfeierlichkeiten zu verschieben“, erklärt Pacyna, der den Verein seit 2014 führt.

So habe der LSV mehrere Führungen im Zuge des Programms „Eine Ville – viele Wege“ des Landschaftsverbands Rheinland angeboten, die mit mehr als 100 Teilnehmern etwa zum Thema „Historischer Weinanbau im Vorgebirge“ auch sehr erfolgreich gewesen seien.

Ein großes Thema im vergangenen Jahr war zudem der Streit um die Baugenehmigung für einen Reiterhof im Roisdorfer Landschaftsschutzgebiet, dessen Bau der Verein am gewählten Standort ablehnte. „Da haben wir verloren“, räumt Pacyna ein, der viele Jahre für die Grünen im Bornheimer Stadtrat saß.

Der 65-jährige pensionierte Realschullehrer betont, dass der LSV aber nichts gegen Reiterhöfe an sich habe und sich schon gar nicht als Verein verstehe, „der gegen alles ist. Aber wir setzen uns für Belange der Natur und Landschaft sowie der ruhigen Naherholung ein. Wenn wir das gefährdet sehen, dann werden wir aktiv.“ Und das in vielen Fällen mit Erfolg. Beispielhaft nennt der Vorsitzende das Ende der Planung der Reststoffdeponie Brenig 1994, das Ende der Bergbaupläne zwischen Roisdorf und Brenig 2011 und den Verzicht auf die Darstellung des Bergbaubereichs Sonnenhof bei Rösberg 2012.

„Mit hohem Sachverstand und tiefer Detailkenntnis"

Lob und Anerkennung für das jahrzehntelange Engagement spricht auch aus den Grußworten, die der Festschrift vorangestellt sind. „Würde man aus heutiger Sicht am Anfang vielleicht noch von 'Wutbürgern' gesprochen haben, standen der Politik in all den Jahren oft mündige Bürger gegenüber, die mit hohem Sachverstand, tiefer Detailkenntnis und auch immer wieder wichtigen Fachgutachten die Politik und vor allem die Behörden verblüfften“, schreibt etwa Horst Becker, Staatssekretär im NRW-Umweltministerium. Auch Bornheims Bürgermeister Wolfgang Henseler bescheinigt dem LSV „stets mit viel Fachverstand und großem Engagement“ zu agieren.

So konnte der LSV bei seinen Schwerpunkten, dem Einsatz gegen Umweltzerstörung durch Quarzsand- und Quarzkiesabbau sowie der Verhinderung von Deponieplänen unter anderem auch durch strategische Grundstückskäufe und juristische Auseinandersetzungen schon große Erfolge verzeichnen. Doch damit sei die Arbeit des Vereins keineswegs erledigt, betont Pacyna. Getreu seiner Satzung diene der Verein der Förderung des Umwelt-, Wasser- und Landschaftsschutzes.

„Bislang waren unsere meisten Kräfte in Auseinandersetzungen um Deponie- und Bergbaupläne eingebunden“, so Pacyna. Nun bleibe wieder mehr Zeit für anderes wie die Aufwertung der Landschaft durch Pflanz- und Pflegemaßnahmen – immerhin arbeitet der LSV zusammen mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) im Projekt Obstblütenlandschaft Botzdorf-Hennesenberg, das 2015 als offizielles Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet wurde. Für die Förderung der Naherholung plant der LSV im nächsten Jahr, den Ersatz zerstörter Ruhebänke fortzusetzen.

Und auch was die Landschaftsplanung angeht, gibt es für den Verein genug zu tun: Seitdem er offiziell vom Umweltbundesamt anerkannt wird (2008), ist er im Landschaftsbeirat des Rhein-Sieg-Kreises vertreten und wird unter anderem bei der Planung von Stromtrassen sowie bei Bebauungsplänen in Bornheim beteiligt.

Doch auch was das Steckenpferd Bergbau angeht, gibt Pacyna zu bedenken, dass die Ausweisung neuer Abbaugebiete im Regionalplan regelmäßig überprüft werde und die Bergbau-Firmen auch juristisch versuchten, existierende Beschränkungen zu kippen: „Wir müssen wachsam bleiben“, unterstreicht der LSV-Vorsitzende.

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