Eisenbahn-Amateur-Club Bonn/Sechtem Modellbahner halten seit 75 Jahren den Fahrplan ein

Bornheim-Sechtem · Seit 75 Jahren schlagen beim Eisenbahn Amateur Club Bonn/Sechtem alle Herzen für Modelleisenbahnen. Jetzt stehen zwei große Modellbahnausstellungen an. Der GA hat hinter die Kulissen geschaut.

Erkennen Sie diesen Bahnhof? Der erste Vorsitzende Werner Radwansky (v.l.), Wolfgang Langen und Dominik Pinsdorf zeigen ein historisches Plakat über der Miniaturanlage des Bonner Hauptbahnhofs.

Erkennen Sie diesen Bahnhof? Der erste Vorsitzende Werner Radwansky (v.l.), Wolfgang Langen und Dominik Pinsdorf zeigen ein historisches Plakat über der Miniaturanlage des Bonner Hauptbahnhofs.

Foto: Petra Reuter

Neben dem Bonner Bahnhof im Maßstab 1:87 gibt es einen ovalen Platz mit verschiedenen Karussells, auf dem Vorplatz wartet die schwarze Limousine des ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer, in einiger Entfernung befindet sich das Betriebsgebäude für Dampfloks samt Drehscheibe: Mit viel Liebe, Detailkenntnissen und Phantasie haben die Modelleisenbahner des Eisenbahn Amateur Clubs Bonn/Sechtem (EBAC) Schienennetze, Städte und Landschaften auf Konstruktionsplatten nachgebaut. Jeden Freitag treffen sich die Modellbauer im Vereinsheim in Sechtem, wo überlegt, geschraubt und geklebt wird.

Die erste Ausstellung gab es 1948 im „Puppenkönig“

In diesem Jahr feiert der Verein seinen 75. Geburtstag, seit Wochen bereiten die Mitglieder die Feierlichkeiten vor. Die Schirmherrschaft übernimmt der Bornheimer Ortsvorsteher und Eisenbahner Dominik Pinsdorf. Mit einem selbstgebastelten Holzwaggon aus dem Gründungsjahr 1948, Schienensträngen und einem Waggon mit der Bezeichnung Euro Coins, in dem 2002 D-Mark-Münzen ungültig gemacht wurden, wird der Verein von Freitag, 3. November, bis Montag, 13. November, sehenswerte Exponate in der Bürgerhalle im Rathaus zeigen.

 Der Bahnhof Kottenforst als Modell.

Der Bahnhof Kottenforst als Modell.

Foto: Petra Reuter

Eine große Jubiläumsausstellung, in der befreundete Clubs ihre Anlagen zeigen, und Zubehörhändler ihre Stände aufbauen wird am Samstag und Sonntag, 11./12. November, im Foyer des Alexander-von-Humboldt Gymnasiums über die Bühne gehen. Dort sind dann Highlights wie eine Industrieanlage mit laufender Stahlproduktion, eine 0-Anlage im Maßstab 1:45 und eine besonders große 25-Meter-Anlage mit einer Phantasielandschaft unterschiedlicher Motive zu sehen.

Seit Bestehen des Vereins gehen die Mitglieder mit ihren Modelleisenbahnanlagen in die Öffentlichkeit. Gegründet wurde der Verein am 1. April 1948. Schon im August desselben Jahres, kurz nach der Währungsreform, wurde eine erste Ausstellung im Bonner Modellbau- und Spielwarengeschäft „Puppenkönig“ präsentiert, mit „regelrechten Fahrplan-Betrieb mit zwölf Zügen, die ferngesteuert werden“, steht auf einem historischen Plakat, das der Verein als Jubiläumsgeschenk der Geschäftsführung des Spielzeuggeschäfts in der Gangolfstraße Ende Oktober überreicht hat.

Nach dem Krieg nahm das Hobby Fahrt auf

Vor dem Zweiten Weltkrieg war die Zahl der Eisenbahnfreunde und Modelleisenbahner eher klein, denn es gab fast nur große Spuren zu kaufen. Der Platzbedarf und die Kosten setzten einem solchen Hobby enge Grenzen. 1935 kamen zwei Firmen mit der Spurweite „00“ auf den Markt. Aus der entwickelte sich die heute weit verbreitete Spur H0 (Maßstab 1:87), mit der der Anlagenbau weniger Platz benötigte. Dadurch stieg die Anzahl der Modelleisenbahner - auch in Bonn. Man traf sich zunächst privat. Nach dem Krieg regte der umtriebige Peter Richarz die Gründung eines Vereins an, der ab April unter dem Namen Eisenbahn Amateur Club Bonn firmierte.

Eine Rangiereinheit in einer Miniatur-Eisenbahnlandschaft in der Spur N.

Eine Rangiereinheit in einer Miniatur-Eisenbahnlandschaft in der Spur N.

Foto: Petra Reuter

Die erste clubeigene Werkstatt war in einem Kellerraum in der Breitestraße. Bis Ende der 60er Jahre wurde mehrmals das Clubheim gewechselt. Dann schien der Verein wegen fehlender Räumlichkeiten vor dem Aus zu stehen. Erst Ende der 70er Jahren fanden die Hobbymodellbauer Unterschlupf im Güterschuppen Bonn. Die bis dahin favorisierte fest installierte Anlage wurde durch eine Modulanlage ersetzt, das heißt einzelne Gleisabschnitte samt Landschaften wurden auf einem Meter Länge befestigt und waren daher transportabel. Somit war der Verein nicht mehr an einen festen Ort gebunden. Seit 2002 hat EBAC ein festes Zuhause im alten Güterschuppen Sechtem, den die Aktiven bis 2009 liebevoll auf Vordermann brachten.

Seit 2009 beschäftigen sich die 28 Mitglieder wieder mit dem Anlagenbau, aktuell arbeiten sie an zwei Anlagen der Spurweiten HO und N. So zum Beispiel am Bonner Bahnhof aus den 50er Jahren. Dort fehlen noch einige Gleise, von den Häusern, die seinerzeit unmittelbar am Bahnhof standen, steht noch kein einziges, auch die Schienen für die Straßenbahnlinie, sind noch nicht aufgebaut. Das Gebäude ist größer und nicht so gedrungen wie die Version im Erdgeschoss. Für den ersten Vorsitzenden Werner Radwanski, seit 14 Jahren Mitglied, sind bis heute die Technik, das Basteln und das gemeinsame Werkeln faszinierend.

Heute ist vieles digital

Seit einigen Jahren tuckern Loks und Waggons mit digitalem Wechselstrom über die Schienen, die Fahrtgeschwindigkeit und andere digitale Funktionen wie zum Beispiel Geräusche, Dampferzeugung oder das Schaufeln von Kohle werden mittels angeschlossener Digitalzentrale codiert und vom Digitaldecoder in der Lokomotive entschlüsselt. Die Digitaltechnik ist für den zweiten Vorsitzenden Werner Langen zwar zeitgemäß, „aber ich bin lieber analog unterwegs“, erzählt der 64-jährige pensionierte Stellwerker am Bahnhof Sechtem. Er war ein halbes Jahr alt, als sein Vater die ersten Schienen nach Hause gebracht hat. Seitdem liebt der ehemalige Bahnbedienstete den Modellbau, eine Leidenschaft, die er seinem Sohn Heiko (28) vererbt hat. Eine Art Familienhobby ist der Eisenbahnmodellbau auch für die Sechtemer Familie Canisius, in der Vater Claus, Mutter Iris und die Söhne Conrad (19) und Jacob (17) gemeinsam neue Landschaften entstehen lassen. „Ich denke, dass wir mit der Digitaltechnik jungen Leuten entgegenkommen. Die Faszination für Technik ist auch in der jungen Generation da“, meinte Langen.

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