Vürjebirchsplatt in Bornheim Else Feldenkirchen hält die Sprache des Volkes lebendig

Bornheim-Merten · Die 71-jährige Mertenerin leitet seit 2004 die Bornheimer Mundartgruppe „Mier kalle Platt“. Treffpunkt ist einmal im Monat im Lokal Zum letzten Groschen.

 Wünscht sich mehr jüngere Teilnehmer: Else Feldenkirchen.

Wünscht sich mehr jüngere Teilnehmer: Else Feldenkirchen.

Foto: Axel Vogel

Else Feldenkirchen ist mit Leib und Seele Mertenerin. Und so ist es kein Wunder, dass sie bis heute auch im Alltag das Vürjebirchsplatt aus dem Effeff beherrscht. Für die 71-Jährige spiegelt die Unterhaltung op Platt ein Stück Heimat wider – frei nach dem Motto der vergangenen Kölner Karnevalssession „Oss Sproch, öss Heemat“. Daher war es für die engagierte Kommunalpolitikerin – sie sitzt wie ihr Mann, der Mertener Ortsvorsteher Hans Gerd Feldenkirchen, für die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) im Stadtrat – keine Frage, bei der Bornheimer Mundartgruppe „Mier kalle Platt“ mitzumachen.

Seit 2004 leitet Feldenkirchen die Gruppe der Mundartsprecher, die bis Ende Dezember 2018 als Untergruppe des Heimat- und Eifelvereins Bornheim fungierte und seit Januar als selbstständige Interessenvertretung auftritt. Zwölf Männer und Frauen aus verschiedenen Ortsteilen der Stadt – die meisten sind über 70 Jahre – kommen regelmäßig zu den monatlichen Treffen in die Gaststätte Zum letzten Groschen, Königstraße 150.

Der Ablauf steht in gewisser Weise in der Tradition des Gruppengründers Jakob Claren, der das erste Treffen auf Initiative von Katharina Müller 1990 mit auf den Weg gebracht hat und die ersten Jahren auch leitete. Den Mundartfreunden geht es nicht nur darum, „op Platt ze klaafen“, sondern auch um die Recherche mundartlicher Ausdrücke und Redensarten sowie deren Dokumentation. So werden Begrifflichkeiten zusammengetragen und aufgeschrieben, aber auch Texte op Kölsch vorgelesen.

„Die Geschichten orientieren sich schon an der jeweiligen Jahreszeit. Sie sollen vor allem lustig sein. Auch wenn die Bücher im kölschen Platt geschrieben sind, ich lese sie automatisch auf Vürjebirchsplatt vor. Denn das Kölsche kann ich nicht“, gibt Feldenkirchen zu. Kenner der rheinischen Sprache hören die linguistischen Feinheiten sofort. So sagen die Vorgebirgler beispielsweise „se brääte“ statt „se brahten“ (Kölsch) für „sie brachten“, „et jeeht“ statt „et jeiht“ oder „et steeht“ statt „et steiht“. Ob es fürs Platt als „Sprache des Volkes“ überhaupt eine Verschriftlichung gibt, bezweifelt die Mertenerin. „Man sollte Platt sprechen, wie man hört.“

Von „Krüpele“, „Krükele“ und „Knurschele"

Sprachliche Nuancen im Vürjebirchjsplatt gibt es auch zwischen den einzelnen Bornheimer Ortschaften. So wird der Kessel in Merten als „Keissel“ und an der Rheinscheine als „Kessel“, der Besen in Merten als „Beissem“ und an der Rheinscheine als „Bessem“ bezeichnet. Stachelbeeren heißen in Merten „Krüpele“, in anderen Orten „Krükele“ oder „Knurschele“. Solche lokaltypischen Differenzierungen werden bei Kaffee und Kuchen aufgelistet und deren Herkunft soweit wie möglich analysiert.

Ebenso haben Sprüche, Reime, Erzählungen und Anekdoten ihren Platz. „Denn auch heute nicht mehr gebräuchliche Redensarten geben Einblick in die Lebensverhältnisse unserer Eltern und Großeltern und zugleich in unsere Heimatgeschichte“, erklärt Feldenkirchen die Bedeutung des Dialekts, der ihrer Wahrnehmung nach bei den meisten Menschen in ihrem Umfeld keine Rolle mehr spielt. „Ich habe den Eindruck, dass die Rheinländer nicht mehr hinter ihrer Sprache stehen. Meine früheren Klassenkameraden verstehen Platt, antworten allerdings immer auf Hochdeutsch“, bedauert sie.

Auch ihre Kinder sprechen und verstehen mehr oder weniger die heimische Sprache, die zehnjährige Enkelin spricht allerdings kein Platt. Ein Umstand, den die Oma noch ändern möchte. Hier und da gibt es Interesse, ob sie den Dialekt Kindern vermitteln möchte. Doch leider habe sie dazu keine Zeit. Stattdessen würden sie gerne Jüngere in die Mundartgruppe aufnehmen.

Das nächste Treffen der Mundartgruppe „Mier kalle Platt“ ist am Freitag, 12. April, 15 Uhr, im Lokal Zum letzten Groschen, Königstraße 150.

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