Integration in Bornheim Fachkräfte von übermorgen im Blick

BORNHEIM · Wie Flüchtlinge schnellstmöglich einen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten können, ist Thema bei Infoabenden des Rhein-Sieg-Kreises in Bornheim, Meckenheim, Bad Honnef und Hennef.

Eines Tages stand Farid Dawd einfach bei Apotheker Markus Reiz in der Tür und fragte nach einem Praktikum. Der 33-jährige Flüchtling aus Syrien schilderte dem Leiter der Donatus-Apotheke in Bornheim, dass er selbst eine Apotheke in seiner Heimat Syrien führte – bis er als Kurde aus der IS-Hochburg Rakka über Russland nach Deutschland floh. Reiz sprach mit seinen Mitarbeitern, und das Team beschloss: „Wir versuchen das mit dem Praktikum“, schildert er. „Aber dann waren da erst mal große Fragezeichen: Was muss ich machen?“ Krankenkasse, Rentenversicherung, wer ist Ansprechpartner und dann noch das komplexe Asylverfahren begreifen: „Das ist wie eine unbekannte Welt, die man betritt“, sagt Reiz.

Dass grundsätzlich zunächst die Unterscheidung zwischen fünf wesentlichen Aufenthaltstiteln wichtig ist, die ein Flüchtling im Laufe seines Bemühens um Asyl durchläuft, erfuhren am Montagabend im Bornheimer Rathaus rund hundert Teilnehmer einer Informationsveranstaltung zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Dazu hatte das Kommunale Integrationszentrum des Rhein-Sieg-Kreises in Kooperation mit dem „Integration Point“ des Jobcenters Rhein-Sieg und den vier Kommunen Bornheim, Meckenheim, Bad Honnef und Hennef eingeladen. Insbesondere an Personen, die haupt- oder ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit tätig sind, richten sich die Infoabende, die in jeder der vier Städte stattfinden.

Dass die Erteilung einer Arbeitserlaubnis auch schon mit der „Büma“, der Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender, und damit vor Beginn des eigentlichen Asylverfahrens möglich ist, führte Ali Dogan vom Landesministerium für Arbeit und Integration aus. Der Fraktionsgeschäftsführer der SPD Königswinter betonte, dass trotz eines Paradigmenwechsels hin zur schnellstmöglichen Integration in den Arbeitsmarkt diese pro Person fünf bis zehn Jahre Zeit brauche. „Viele Flüchtlinge wollen so schnell wie möglich, egal wie, Geld verdienen“, sagte Dogan. Es wäre aber „fatal“, wenn sie nur als Hilfsarbeiter anheuerten. Es gelte vielmehr, die Flüchtlinge sprachlich und beruflich zu fördern, damit sie sich qualifizieren könnten: „Sie sind die Fachkräfte von übermorgen“, so Dogan.

Hilfestellung bei der Integration in den Arbeits- und Ausbildungsmarkt soll auch der neue Integration Point (IP) in Troisdorf bieten, der seit Februar beim Jobcenter Rhein-Sieg angesiedelt ist. Wie Projektleiter Götz Schattenberg erklärte, soll der IP die „zentrale Anlaufstelle“ zur Beratung und Vermittlung von Flüchtlingen sein. Es handle sich nicht um eine eigenständige Behörde, sondern eher um eine „Bürogemeinschaft“: Vier Mitarbeiter der Agentur für Arbeit, vier des Jobcenters und sieben aus der Leistungsgewährung stünden bereit, um Flüchtlinge auf ihrem Weg in Ausbildung oder Arbeit zu unterstützen.

Markus Reiz hat viele Fragen mit Hilfe der Apothekerkammer Nordrhein klären können. Nach einem ersten dreimonatigen Praktikum, das Farid Dawd absolvierte, um eine Fachsprachenprüfung abzulegen, hat der syrische Apotheker nun im März auch ein Jahrespraktikum in der Donatus-Apotheke begonnen. Die Erlaubnis erteilte laut Reiz die Bezirksregierung Köln, bei der Dawd im Anschluss auch eine Prüfung ablegen könne, um seine Approbation zu erlangen. Seit zwei Jahren ist der 33-Jährige nun in Deutschland und hat Asyl bis zunächst 2017 gewährt bekommen.

„Wenn man schon auf eigenen Beinen gestanden hat, ist es schwer, wieder bei Null anfangen zu müssen“, sagt er. „Aber ich habe sehr nette Kollegen, die mich unterstützen, und ich bin Herrn Reiz dankbar, dass er mir die Möglichkeit gegeben hat.“

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