Flüchtlinge in Bornheim Gegen den jecken Kulturschock

Bornheim · Die Bornheimer Stadtverwaltung informiert Flüchtlinge über Karneval und verteilt ein Flugblatt in mehreren Sprachen, das sich mit dem Brauchtum auseinandersetzt.

 Beim Gespräch (v.l.): Markus Schnapka, Ahmad Abdulrahman, Malik Mala Hasan, Mohammad Alfalouji und Alar Sander.

Beim Gespräch (v.l.): Markus Schnapka, Ahmad Abdulrahman, Malik Mala Hasan, Mohammad Alfalouji und Alar Sander.

Foto: Meurer

Mit Vorfreude, aber auch mit Skepsis und ein wenig Angst blicken Malik Mala Hasan (23), Ahmad Abdulrahman (21) und Mohammad Alfalouji (21) auf das, was in den kommenden Tagen im Rheinland passieren wird. Denn vom Karneval hatten die drei jungen Syrer bislang, wenn überhaupt, nur wenig gehört. Damit der Kulturschock für sie und andere Bornheimer Flüchtlinge nicht zu groß ausfällt, hatte die Bornheimer Stadtverwaltung bereits am vergangenen Freitag eine Informationsveranstaltung ausgerichtet. Gestern nun berichteten die drei Männer und Vertreter der Stadt davon.

Wie Bornheims Beigeordneter Markus Schnapka erläuterte, habe es im Zelt gegenüber der Johann-Wallraf-Schule eine Präsentation gegeben, die in fünf Sprachen übersetzt worden sei. Zudem sei ein Film über den Rosenmontagszug in Köln gezeigt worden. Eine Vertreterin der Polizei habe über die Sicherheit an den tollen Tagen gesprochen, zudem hätten die Flüchtlinge ein Infoblatt mit Erläuterungen und Verhaltenstipps für Karneval erhalten.

Rund 140 Menschen aus der Turnhalle der Wallraf-Schule sowie den Erntehelferunterkünften seien anwesend gewesen, so Schnapka. Die Menschen in den anderen Unterkünften im Stadtgebiet sollten das Flugblatt, das es in mehrere Sprachen gebe, aber auch erhalten – ebenso wie Mitarbeiter der Stadt und ehrenamtliche Flüchtlingshelfer.

„Karneval ist etwas, was sich nicht von selbst erklärt“, meinte Schnapka. „Es ist eine Zeit, in der es nur scheinbar keine Regeln gibt“, ergänzte Alar Sander, die die Info-Veranstaltung im Auftrag der Stadt organisiert und moderiert hatte. Man habe den Menschen vermitteln wollen, dass es aber doch Regeln gebe, so Sander weiter.

Info-Zettel geht auch auf Zwischenmenschliches ein

Ebenso habe man unter anderem darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, bei den Karnevalszügen auf die Kinder zu achten, und dass es alkoholisierte Menschen geben werde. So heißt es unter anderem im Infoblatt der Stadt: „Vermeiden Sie Streit und gehen Sie besser großen, betrunken erscheinenden Menschengruppen aus dem Weg.“ Mit Blick auf Spielzeugpistolen oder laute Musik steht dort aber auch: „Wer traumatische Kriegserfahrungen gemacht hat, sollte lieber in der Unterkunft bleiben.“

Ebenso geht der Info-Zettel auf das Zwischenmenschliche an Karneval ein: „Die Menschen singen, tanzen und flirten. Das ist normal und hat keine enge Beziehung zur Absicht“, heißt es. Und weiter: „Vorsicht vor Missverständnissen: Ein Luftküsschen oder auch ein echter Kuss, ein tiefer Blick in die Augen oder heiße Tanzbewegungen sind meist nicht ernst gemeint, sondern Ausdruck der Freude.“

Die drei jungen Männer haben nun eine Vorstellung, was auf sie zukommen kann. „Wir wollen versuchen, mitzufeiern und uns zu integrieren“, sagte Abdulrahman. Er habe gelernt, dass Karneval ein sehr alter Brauch ist. Mala Hasan ergänzte, dass in der Veranstaltung klar geworden sei, dass es an Karneval nur scheinbar keine Ordnung gebe. Der Respekt gegenüber den anderen Menschen müsse an erster Stelle stehen.

Abdulrahman wiederum verurteilte, was in der Silvesternacht in Köln passiert ist. „Wir sind wegen des Krieges geflohen und sind nicht hier, um zu randalieren“, betonte er. Alfalouji machte sich hingegen Sorgen, dass es an Karneval zu Übergriffen kommen könnte. „Wir haben Angst, dass wenige Menschen unseren Ruf ruinieren“, sagte er. Zugleich freut er sich aber auf die tollen Tage: „Feiern bedeutet für mich Glück und Freude.“

Wie Schnapka sagte, hätte er die Info-Veranstaltung auch ohne die Ereignisse in Köln oder die Vorfälle, die zum Schwimmbadverbot für bestimmte Flüchtlinge führten, abgehalten. Dadurch habe sie aber eine „besondere Note“ bekommen. Überdies machte er deutlich, dass es auch darum gegangen sei, die Flüchtlinge an den tollen Tagen zu schützen.

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