Ihnen geht es um Gemeinschaft Herbstcamp der Jugendakademie Walberberg mit jungen Flüchtlingen

Bornheim-Walberberg · Das Herbstferiencamp der Jugendakademie beschäftigte sich mit der Beziehung geflüchteter junger Menschen zu Deutschland. Mit kreativen Methoden brachten die Teilnehmer in verschiedenen Gruppen positive und negative Erfahrungen mit und in ihrer neuen Heimat zur Sprache.

 So könnten sie aussehen: Die Jugendlichen zeigen stolz Flaggen ihres „Traumlandes“.

So könnten sie aussehen: Die Jugendlichen zeigen stolz Flaggen ihres „Traumlandes“.

Foto: Susanne Träupmann

„Ihr lebt von unserem Geld“ oder „Deutschland hat euch hergeholt“: Mit solchen und ähnlichen Vorurteilen wurden Mohammed, Beshoy oder Parviz bisher konfrontiert. Mit diskriminierenden Äußerungen aller Art konnten sich 21 Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren aus Syrien, Ägypten, Irak, Afghanistan, Libanon, Aserbaidschan und Deutschland jetzt eine Woche lang in der Jugendakademie Walberberg auseinandersetzen. Unter dem Thema „Deutschland, das wollen wir Dir sagen!“ brachten sie mit kreativen Methoden in verschiedenen Gruppen positive und negative Erfahrungen mit und in ihrer neuen Heimat zur Sprache.

Nach 2016 war es das zweite Herbstferiencamp der Jugendakademie, das sich mit der Beziehung geflüchteter junger Menschen zu Deutschland beschäftigte. Dieses Mal wurde das Camp innerhalb eines mehrteiligen Projektes unter dem Titel „Mehr als Anpassung“ angeboten, die Förderung des Seminars übernahm die Bundeszentrale für politische Bildung.

14 Jungen und sieben Mädchen haben gemeinsam mit ihren Betreuern ein Theaterstück rund um Vorurteile einstudiert, einen kurdischen Tanz geprobt und das von der 16-jährigen Shelby und Betreuer Philipp Süß komponierte und getextete Lied „Graue Welt“ erlernt und vor der Kölner Universität gesungen.

Das "ideale Land"

„Dass dort so viele Leute stehengeblieben sind und zugehört haben, war schon überwältigend“, freute sich denn auch Shelby aus Aachen, die schon bei mehreren Walberberger Herbstcamps mitgemacht hat. „Ich finde es immer schön, wenn sich die Gruppe ändert. Während der Woche wohnt man zusammen und entwickelt gemeinsam Projekte. Das ist eine einmalige Erfahrung“, so die Schülerin, die als einzige Deutsche mit von der Partie war.

„Das Interesse bei den geflüchteten Jugendlichen war einfach größer. Unsere Erfahrung mit ihnen hat gezeigt, dass die geflüchteten Jugendlichen an Themen arbeiten können und dass sie es toll finden, dass ihre Meinung gefragt ist und dass sie am Gruppencharakter und am Programm mitarbeiten können“, erklärte Projektleiterin Verena Winand. Sie ist sich sicher, dass die jungen Leute durch einen Auftritt in der Öffentlichkeit eine größere Selbstwirksamkeit erfahren und dadurch auch Lust auf außerschulische Bildung bekommen.

Im Seminar wurde aber auch diskutiert, wie ein ideales Land aussehen könnte. So hatte die Gruppe um Parviz Flaggen entwickelt, auf der die wesentlichen Merkmale ihres Traumlandes farblich vermerkt sind. „Das Land liegt in der Nähe von Wasser, daher haben wir die Ränder blau gemalt. Die verschränkten blauen Hände in der Mitte weisen auf Gemeinschaft hin. Die rote Farbe bedeutet Liebe, die grüne Farbe im oberen Bereich symbolisiert Freundschaft“, erklärte der 14-jährige Ideengeber stolz eine der Fahnenvarianten. Im „Ausland“ – so haben die jungen Leute ihr Land genannt und so auch das gemeinsame Fazit – „sollen alle Menschen gleichberechtigt und frei leben“.

Erfahrungen wurden artikuliert

Für den 15-jährigen Hussam und die gleichaltrige Amal war die Woche einfach nur schön, „weil wir alle zusammengearbeitet haben“. Was gefällt ihnen an Deutschland? „Die Freiheit und dass wir unsere Meinung sagen können“, erwidert Obyda (15) ohne zu zögern. Beshoy aus Ägypten lebt gerne in Bonn, auch wenn er und seine Familie nach vier Jahren noch keinen anerkannten Asylstatus haben. Als koptische Christen werden sie in ihrem Heimatland verfolgt. „Die schlimmste Krankheit ist das Warten. Man weiß nicht, was passiert“, so der Jugendliche.

Mit dem Ergebnis des Camps war Winand sehr zufrieden, konnten doch die Jugendlichen ihre Erfahrungen und ihre Angst vor Diskriminierung artikulieren. „Im vergangenen Jahr verarbeiteten die Jugendlichen ihre Fluchterfahrungen und wünschten sich Begegnungen mit Deutschen.“ Im Herbstferiencamp 2018 wird ein weiterer Aspekt der Beziehung zwischen Deutschland und geflüchteten Jugendlichen beleuchtet. Entsprechende Fördermittel wurden bereits beantragt. „Dann hoffen wir auch auf eine bessere Mischung aus deutschen und geflüchteten Jugendlichen.“

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