Bedarf für einen neuen Kindergarten „Hersel braucht mehr Kitaplätze“

BORNHEIM-HERSEL · Nina Weiß ist Mutter und schildert die schwierige Suche nach Betreuung. Die Stadt Bornheim will die Bedarfsplanung aktualisieren.

 Nina Weiß ist froh, dass sie nach diversen Absagen nun einen Kita-Platz in Widdig für ihre Tochter Franziska erhält. FOTO: ANTJE JAGODZINSKI

Nina Weiß ist froh, dass sie nach diversen Absagen nun einen Kita-Platz in Widdig für ihre Tochter Franziska erhält. FOTO: ANTJE JAGODZINSKI

Foto: Antje Jagodzinski

„Hersel braucht dringend noch einen Kindergarten“, meint Nina Weiß. Die dreifache Mutter aus Uedorf ist Mitglied im Elternrat der Herseler Kita „Weltentdecker“ der Arbeiterwohlfahrt (Awo) und sorgt sich um die Kitasituation im Bornheimer Ortsteil. Denn die 38-jährige Lehrerin hat selbst erlebt, wie schwierig es für Mütter und Väter sein kann, dort einen Platz für ihr Kind zu finden.

Sie weiß, wie es ist, auf einer Warteliste zu stehen, während man als Mutter den beruflichen Wiedereinstieg plant. Wie oft man nachhaken müsse und wie schwer „diese Ungewissheit über Monate“ zu ertragen sei. Wie viele schlaflose Nächte das bereite.

Ab Sommer darf Weiß' Tochter Franziska (3) nun in die städtische Kita in Widdig gehen, und ihre Mutter ist froh, dass sie hier eine Zusage erhalten hat. Eigentlich wollte sie Franziska schon mit zweieinhalb Jahren in den Kindergarten schicken – am liebsten in die Awo-Kita, die Franziskas Bruder Florian (5) noch bis Sommer besucht, ehe er in die Schule kommt. Doch es klappte weder dort noch in der Katholischen Kita St. Aegidius in Hersel, noch in Widdig.

Die Begründung lautete, dass es nicht genügend Plätze für unter Dreijährige gebe, schildert Weiß. Und jetzt, wo Franziska drei ist, mangelt es an Plätzen für über Dreijährige. Wieder erhielt die Familie von allen drei Kitas Absagen. In Widdig habe es nun mit Hilfe des Jugendamtes nur geklappt, weil ein Platz durch Umzug frei wurde, sagt Weiß.

In der Awo-Kita wird im Sommer nur ein zusätzliches Kind über drei Jahren aufgenommen. Bei den anderen Ü3-Kindern handelt es sich um Mädchen und Jungen, die die Kita schon früher besucht haben, bestätigt Petra Swetik, Betriebsleiterin für frühkindliche Elementarpädagogik beim Awo-Kreisverband Bonn/Rhein-Sieg. Es sei schwierig, die altersgemischte Gruppe, in die 15 Kinder aus sechs Jahrgängen gehen, immer wieder geeignet „aufzufüllen“, erklärt sie.

So müsse die Awo, wie mit dem Jugendamt vereinbart, eine ausreichende Anzahl an U3-Plätzen vorhalten und für eine „gesunde Gruppenstruktur“ sorgen, in der die Kinder auch Partner in ihrer Altersgruppe finden können. Und einem zweijährigen Kind, das schon in die Gruppe hineingewachsen sei, könne man mit drei Jahren ja auch keinen Einrichtungswechsel zumuten. Die Kita „Weltentdecker“ habe als zweigruppige Einrichtung ohnehin nur begrenzte Möglichkeiten, sagt Swetik. Die Situation sei aber auch in anderen Kommunen schwierig.

Es fehlt an Personal

„Das größte Problem sehe ich im fehlenden Personal“, so Swetik. Denn vakante Stellen seien nur schwer zu besetzen und so könnten möglicherweise vorhandene Plätze teils nicht belegt werden, da das erforderliche Personal fehle. „Da fühle ich mich als Träger auch ziemlich allein gelassen“, sagt die Awo-Betriebsleiterin.

Einen weiteren Aspekt der Personalplanung spricht Nicole Litterscheid, Leiterin der Katholischen Kita St. Aegidius in Hersel, an: die Zuschüsse von Landesseite. Sie bringt es auf eine einfache Formel: „Je mehr jüngere Kinder wir aufnehmen und je mehr Stunden gebucht werden, desto mehr Personal bekommen wir ins Haus.“

Das heiße für den Kindergarten, dass er sich an den bisherigen Buchungszahlen orientieren müsse, um sein Personal zu behalten. Für die Eltern bedeute es oft, dass geringere Stundenkontingente nur schwer zu bekommen seien. Und durch die Umwandlung von Ü3-Gruppen in solche mit U3-Kindern gingen allgemein Plätze verloren, da diese Gruppen zwecks intensiverer Betreuung kleiner sind, erklärt Litterscheid.

Die Kita St. Aegidius hat eine gemischte Gruppe, in die sechs U 3-Kinder gehen; die beiden anderen Gruppen sind für Kinder von drei bis sechs Jahren. „Ich kriege hier die Türen eingerannt, und das Telefon steht nicht still“, schildert Litterscheid, welcher Andrang herrsche. Teils wollten Frauen, die im vierten Monat schwanger seien, schon ihr Kind anmelden, sagt sie. Ebenso wie Eltern, die in Hersel ein Haus bauen.

In dem noch im Verfahren befindlichen Baugebiet auf der früheren Kiesabbaufläche sieht auch Weiß einen triftigen Grund, weitere Kitaplätze in Hersel zu schaffen. „Das muss doch Bestand der Planung sein“, meint sie, zumal damit zu rechnen sei, dass dort Familien mit Kindern hinzögen und im Ort ohnehin schon ein Generationenwechsel zu beobachten sei.

“Die Überlegungen laufen“, sagt Bürgermeister Wolfgang Henseler dazu. Verwaltungsintern sei bereits darüber gesprochen worden, eine Fläche für eine neue Kita in dem Baugebiet vorzusehen. Gleichzeitig laufe die Suche nach alternativen Standorten. Voraussetzung sei aber, dass ein langfristiger Bedarf bestehe und in der Kindergartenbedarfsplanung nachgewiesen sei. Die Stadt sei gerade dabei, diese zu aktualisieren.

Die jüngste Bedarfsplanung mit Stand von März 2014 weist für den Sozialraum Hersel-Uedorf-Widdig bereits auf fehlende Plätze im Ü3-Bereich hin. Dieses könne temporär durch ein Überangebot in Sechtem sowie in Bornheim-Brenig-Roisdorf ausgeglichen werden, heißt es darin. Er rate allen Eltern, die keinen Platz für ihr Kind erhalten, sich mit dem Jugendamt in Verbindung zu setzen, sagt Henseler. Den Platz in der Wunsch-Kita könne die Stadt nicht sicherstellen, aber vielleicht doch in vertretbarer Nähe.

Entsprechend wird auch der Rechtsanspruch ausgelegt: Er gilt für eine Betreuung in zumutbarer Entfernung. Mutter Nina Weiß gibt zu bedenken, wie wichtig es für Kinder wie für Eltern sei, ein soziales Netzwerk in Wohnortnähe aufzubauen. Im Idealfall sollte ein Kindergarten zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar sein, findet sie, zumal Berufstätige das doch auch mit ihrem Weg zur Arbeit unter einen Hut bringen müssten.

Das sieht auch Süleyman Samgam so. Für seinen Sohn Yamato (3) hofft er ebenfalls auf einen Kitaplatz. Eventuell klappe es in Roisdorf, sagt der 37-Jährige, der erst seit etwa einem halben Jahr in Uedorf wohnt. Doch das würde für die Familie bedeuten, dass sie sich ein zweites Auto anschaffen müsse.

„Es geht mir darum zu zeigen, wie belastend die Situation für Eltern ist“, sagt Weiß, „und darum, dies künftigen Eltern zu ersparen.“

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