Traum-Ausbildungsplatz gefunden - trotz schlechter Mathenote "Ich bin sehr glücklich hier"

BORNHEIM · Sie räumt das Katzenfutter ins Regal, und ihre Augen leuchten. "Ich bin sehr glücklich hier", sagt Barbara Schürmann. Seit Anfang Dezember hat die junge Bornheimerin einen Ausbildungsplatz beim Tierbedarfshändler Fressnapf in ihrer Heimatstadt. Für die Tierliebhaberin ein Traumjob. "Das ist das Beste, was mir passieren konnte." Doch der Weg dorthin war steinig.

 Endlich Azubi: Barbara Schürmann freut sich, nach langer Suche durchstarten zu können.

Endlich Azubi: Barbara Schürmann freut sich, nach langer Suche durchstarten zu können.

Foto: Roland Kohls

Über ein Jahr lang suchte die 19-Jährige nach ihrem Schulabschluss nach einer Lehrstelle, schrieb mehr als hundert Bewerbungen, von denen die meisten unbeantwortet blieben. "Mit meiner Fünf in Mathe wollte mich niemand nehmen." Der General-Anzeiger berichtete im November über ihre verzweifelte Suche, stellvertretend für viele junge Menschen, denen Probleme mit der Zahlenwelt die Berufsperspektive verbauen.

"Wenn die Mathenote nicht stimmt, haben Schulabgänger ein großes Problem", bestätigt Jürgen Hindenberg, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn Rhein-Sieg. "Das ist schon ausschlaggebend."

Doch Franz-Josef Parkitny, Inhaber von drei Fressnapf-Tiernahrungsgeschäften in Bornheim, Bonn-Buschdorf und Bad Honnef, schreckte das nicht. Er meldete sich auf den GA-Bericht und bot Barbara Schürmann einen Ausbildungsplatz in seinem Fressnapf in Bornheim an. "Mathe ist nicht so wichtig. Die Kasse rechnet selbst. Was hier zählt, sind Beratung und die Liebe zu Tieren", sagt der 60-Jährige. Zufällig suchte er gerade eine zweite Auszubildende, und Barbara Schürmann konnte bei ihm mit einem Praktikum in einer Tierarztpraxis punkten.

Wenige Tage später hielt Schürmann ihren Ausbildungsvertrag in den Händen; auch die IHK half und ließ Schürmann nachrücken, obwohl das Ausbildungsjahr schon im August begonnen hatte. Auf dem Friedrich-List-Berufskolleg in Bonn muss Schürmann jetzt noch den Stoff der letzten Monate aufholen. "Das ist eine tolle Schule, alle unterstützen mich, und ich habe auch neue Freunde gefunden", erzählt sie begeistert.

Parkitny betont aber auch, dass die Ausbildung anspruchsvoll und der Weg bis zum Abschluss als Verkäuferin noch weit ist. "Jetzt starten die Vorbereitungen zur Inventur, und das wird besonders anstrengend." Vom Lamentieren darüber, dass mit den Jugendlichen heute nichts mehr anzufangen sei, hält Parkitny wenig. "Das ist Quatsch. Wenn sie sich anstrengen und die Teams funktionieren, läuft das."

Jürgen Hindenberg von der IHK rät Jugendlichen, bei schlechten Matheleistungen besondere Hilfsangebote wahrzunehmen. Bei einer ausgeprägten Matheschwäche könne es sich um Dyskalkulie handeln, eine Lernbehinderung, die von der Arbeitsagentur festgestellt werden könne.

"Wir haben für Menschen mit Dyskalkulie extra Ausbildungsberufe", macht Hindenberg all denen Hoffnung, die wie Barbara Schürmann mit der Zahlenwelt auf Kriegsfuß stehen. Im Programm "Vera" - Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen - werde dem Lehrling ein Pate zur Seite gestellt, und die Arbeitsagentur könne ausbildungsbegleitend etwa Mathenachhilfe finanzieren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort