Freizeit am Rhein Im Herseler Fischerverein ist Angeln nicht nur Fischefangen

Bornheim-Hersel · Über das Angeln gibt es einige falsche Vorstellungen. Arbeit für die Natur gehört beispielsweise auch dazu. Mitglieder des Fischervereins Hersel beschreiben, was sonst noch hinter ihrem Hobby steckt, und warum es sich lohnen kann, vom Sauerland bis zum Herseler Werth zu reisen.

 Als einziger Verein in NRW darf der Fischerverein Hersel vom Boot aus auf dem Rhein angeln. Darüber freuen sich die Mitglieder mit ihrer Ggeschäftsführerin Iris Schmidt-Roesberg und Jugendwartin Natalie Lehmann (links).

Als einziger Verein in NRW darf der Fischerverein Hersel vom Boot aus auf dem Rhein angeln. Darüber freuen sich die Mitglieder mit ihrer Ggeschäftsführerin Iris Schmidt-Roesberg und Jugendwartin Natalie Lehmann (links).

Foto: Stefan Hermes

Stundenlang am Ufer sitzen und ins Wasser stieren, dieses oft gehörtes Klischee über Angler müsse dringend mal korrigiert werden, findet Peter Lappe (39). Denn: „Beim Angeln hat man immer was zu tun.“ Man beobachte das Gewässer, wechsle Köder oder Standort. „Und wenn man mit Kunstködern angelt, ist man ständig am Werfen“. Auch wenn die Naturbeobachtung und das An-der-frischen-Luft-Sein auf jeden Fall auch ein Teil des Ganzen“ seien. Der 15-jährige Lars Lehmann ergänzt, dass er das Angeln für sich zum „Runterkommen“ brauche. „Ich komme jetzt in die zehnte Klasse und habe ein bisschen viel Stress“, sagt er. Da sei Angeln ein guter Ausgleich. Auch liebe er es, dabei die Tiere am Uferrand des Herseler Werths zu beobachten. Beide sind daher unter den 50 Mitgliedern im Herseler Fischerverein, der Angelfreunden einiges zu bieten hat.

360 Fragen in der Prüfung

Die Natur faszinierte Lappe schon im frühen Alter von sechs Jahren. Damals angelte er mit seinem Vater in Finnland. „Bei uns sprangen die Fische übers Boot. Da brauchte man nur einen Stock und eine Schnur mit Haken und zog die Fische aus dem Wasser“, beschreibt er seine eindrucksvollen Erinnerungen. Iris Schmidt-Roesberg, seit 2019 Geschäftsführerin des Herseler Fischervereins, protestiert: „Das Angeln mit Stock und Schnur ist nicht nur unprofessionell, sondern auch verboten, weil nicht waidgerecht.“ Und richtet passend dazu direkt die Frage an die Jugendlichen des Vereins, die kurz vor ihrer Jugendfischerscheinprüfung stehen: Was gehört denn zur vorgeschriebenen Pflichtausrüstung eines Anglers, ohne die er keinen Fisch aus dem Wasser holen darf? „Kescher, Fischbetäuber, Messer, Hakenlöser“, wissen Michi (14), David (12) Jona (9) und Jonathan (9) auf Anhieb. „Da fehlt aber noch eins“, sagt Schmidt-Roesberg. Wer das nicht wisse, würde die aus 360 Fragen bestehende Prüfung auch nicht bestehen: „Ein Maßband muss noch dabei sein, da untermaßige Fische ins Wasser zurückgesetzt werden müssen.“ Und jede Fischart habe unterschiedliche Mindestmaße.

Mit einem weit über das Mindestmaß messenden Stör wurde Michi im vergangenen Jahr beim Wettangeln in Witterschlick zum Fischerprinz des Vereins. Doch dieser Fang wurde wieder ausgesetzt, der Stör gehört zu den achtzehn Fischarten, die derzeit ganzjährig in NRW geschützt sind. Dagegen konnte der kapitale 67 Zentimeter lange Zander, den Lappe im November am Rhein angelte, in der Tiefkühltruhe landen und wurde später zum weihnachtlichen Festmahl.

Jugendlichen wird viel geboten

„Angeln ist nicht nur Fischefangen, sondern auch das Hegen und Pflegen der Natur“, erläutert Schmidt-Roesberg. Wie das geht, lernen die fünfzehn Jugendlichen des Vereins unter anderem an einem kleinen Biotop, das die Stadt Bornheim dem Fischerverein am Bornheimer Bach zur Verfügung gestellt hat. Überhaupt loben Eltern die Jugendarbeit, die seit drei Jahren die Jugendwarte Natalie und Jörg Lehmann leiten, in den höchsten Tönen. „Hier wird ja richtig was geboten“, so Franziska Bößmann aus Heimerzheim, die für ihren Sohn Jonathan gerne die Fahrten nach Hersel in Kauf nimmt. Wo er vorher gewesen sei, seien die Jugendlichen einfach nur mitgelaufen. Mit dem Herseler Verein sei ihr Sohn dagegen schon im Zeltlager in Xanten gewesen, habe Bootsfahrten mitgemacht und am Nachtangeln teilgenommen. „Hier wird vor allem auch viel erklärt“, sagt die Mutter, die sich nun entschieden hat, ebenfalls einen Fischereischein zu machen. Dann kann sie ihren Sohn beim Angeln begleiten, solange er noch nicht alleine seinem Sport nachgehen darf. „Das Abtöten der Fische ist den Jugendlichen sinnvollerweise verboten und ist nur im Verein oder in Begleitung möglich“, erklärt Schmidt-Roesberg dazu.

Der zwölfjährige David aus Bornheim-Dersdorf hat sich über Youtube-Videos die ersten Kenntnisse angeeignet, bevor er den Jugendfischereischein abgelegen konnte. Auch seine Mutter Andrea Fabiunke ist nun dabei, sich auf die Fischereiprüfung vorzubereiten. „Eigentlich hätte das mein Mann machen sollen“, lacht sie, aber der beschränke sich lieber auf die Fahrdienste zum Rhein oder den Angelteichen. „Dabei beziehen wir bei allen Aktivitäten gerne auch die Eltern mit ein“, sagt Schmidt-Roesberg. Für die beliebten Backfischfeste oder auch die am 20. August zum 34. Mal stattfindende Aalnacht des Vereins würden immer wieder viele fleißige Hände gebraucht.

Der einzige Verein in NRW, der vom Boot aus angeln darf

Der 50 Mitglieder zählende Verein hat außerdem seit etwa einem Jahr einen Nachen, einen typischen flachen, knapp neun Meter langen Fährkahn. Und ist der einzige Verein in NRW, bei dem vom Boot aus auf dem Rhein geangelt werden darf. Grund genug für Horst Schuschner (79) aus dem Sauerland, dem für ihn rund 150 Kilometer entfernten Verein beizutreten. „Das Angeln auf dem Rhein ist schon etwas Besonderes“, sagt er. Tatsächlich bietet der Fluss nicht nur vielen Fischarten einen Lebensraum, sondern ist auch ein anspruchsvolles Angelgewässer. Aufgrund des ständig wechselnden Wasserpegels, der Schifffahrt und unterschiedlichster Wassertrübungen ist es besonders für Anfänger oftmals nicht einfach, den richtigen Köder auszuwählen.

Ein gleichbleibender Pegel ist zum Angeln optimal

Wer weiß, wie es geht, hat unter anderem Chancen auf Barbe, Zander, Rotauge, Stint, Hecht, Wels, Neunauge, Aal, Ukelei, Karpfen und Brassen. Neu hinzugekommen sind der Sonnenbarsch und die aus der Donau stammende Schwarzmundgrundel, die zunächst ein erhebliches Problem für das Gleichgewicht der Arten darstellte. „Das hat sich aber seit etwa sieben bis acht Jahren wieder normalisiert“, so die Vereinsgeschäftsführerin. Sie bestätigt auch, dass man am Rhein je nach steigendem oder fallendem Wasserstand sehr unterschiedliche Situationen vorfindet. Optimale Bedingungen zum Angeln seien bei relativ gleichbleibendem oder langsam steigendem Pegel. Was die Rheinfische gar nicht mögen, sei schnell steigendes Wasser.

Der aktuell extrem niedrige Pegel sein grundsätzlich kein Problem für das Angeln, so Schmidt-Roesberg: „In unserer speziellen Lage am Herseler Werth bedeutet das allerdings, dass weniger Fische den Seitenarm erreichen können und wir mit unseren Booten die Stege nicht verlassen können.“ Dafür seien jetzt am Rhein die Mulden besser erkennbar, in denen sich die Welse aufhalten.

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