Ärzte aus Bornheim "In der Tat ist der Stress nicht selten hoch"

Bornheim · Die Ärzte Frank Wösten und Martin Pin sind Notfall- und Akutmediziner aus Überzeugung und Leidenschaft. Zusammen richten die beiden in der kommenden Woche eine mehrtägige Fachtagung im Rheinenergie-Stadion in Köln aus.

 Frank Wösten (links) und Martin Pin.

Frank Wösten (links) und Martin Pin.

Foto: Meurer

Dass beide in Bornheim wohnen, haben sie jedoch erst während der Vorbereitungen durch Zufall erfahren. Über die Herausforderungen ihres Berufs und die Tagung sprachen Wösten und Pin mit Christoph Meurer.

Zwei Bornheimer organisieren eine bundesweite Tagung für Notfallmedizin: Wie kommt das?
Frank Wösten: Wir Ärzte in NRW wurden von der DGINA, der Deutschen Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin, gefragt, ob die Tagung in Nordrhein-Westfalen stattfinden kann. Wir beide haben dann zusagt, die Tagung zu organisieren.
Martin Pin: Dass wir aber beide aus Bornheim kommen, kam durch einen Zufall heraus, als wir uns auf einem Schulfest unserer Kinder getroffen haben.

Was ist eigentlich Notfallmedizin?
Pin: Darunter stellt sich der normale Bürger meist vor, dass wir immer auf der Kippe zwischen Leben und Tod handeln und entscheiden - mit viel Blaulicht, Blut und Unfällen. Das gehört sicher auch mit dazu, macht aber nur einen kleinen Teil der Notfallmedizin aus. Deswegen heißt es ja auch "Notfall- und Akutmedizin". Die Akutmedizin beinhaltet alle Krankheitsbilder, mit denen sich Menschen in eine Notaufnahme begeben: Das reicht vom banalen Schnupfen bis zum schweren Herzinfarkt.
Wösten: Es gibt zwei Arten der Notfallmedizin: Den präklinischen Notfallmediziner, der im Notarztwagen zu Notfällen fährt, und den klinischen Notfallmediziner, der in der Notaufnahme arbeitet. Letztere repräsentieren wir. Die Menschen, die über den Rettungsdienst zu uns kommen, machen auch nur einen kleinen Teil aus. Die meisten kommen von selbst oder werden von Hausärzten eingewiesen.

Ihre Tagung hat das rheinische Motto "Mer stonn zusammen". Der Untertitel lautet "Mannschaftsspiel Notaufnahme". Was hat es damit auf sich?
Pin: Gute Notfall- und Akutmedizin kann nur dann erfolgen, wenn alle Bereiche, die daran beteiligt sind, optimal zusammenarbeiten. Wir müssen gut mit dem Rettungsdienst und den Hausärzten kooperieren, damit nicht etwa Verzögerungen entstehen oder Patienten in Kliniken kommen, die für das Krankheitsbild gar nicht ausgestattet sind. Einen wesentlichen Anteil hat auch das Pflegepersonal. Darum ist es auch kein reiner Ärztekongress. Auch andere Berufsgruppen sind willkommen und vertreten.

Wie entstand die Idee, die Tagung in den Räumen eines Fußballstadions zu veranstalten?
Wösten: Wir haben uns viele Orte angeschaut. Irgendwann kam dann die Idee, auch die Verantwortlichen für das Stadion anzusprechen. Die waren schwer begeistert, haben uns eingeladen und uns alles gezeigt. Danach haben wir uns auf die Mottosuche begeben und kamen auf die Idee des Mannschaftsspiels.

Was sind die Inhalte der Tagung?
Wösten: Dienstag und Mittwoch finden zahlreiche praxisnahe Workshops statt. Es geht unter anderem darum, durch eine Ersteinschätzung bei allen Patienten der Notaufnahmen eine der Erkrankung wirkliche angemessene Behandlungsreihenfolge herzustellen, sogenannte Triage. Von Donnerstag bis Samstag folgt dann das wissenschaftliche Programm mit Vorträgen hochkarätiger Referenten. Nicht vergessen sollte man auch das attraktive Rahmenprogramm.
Pin: Dienstag und Mittwoch sind eher die praktischen Tage, unter anderem mit Simulationen, Sonographiekursen, aber auch realen Patienten. Ab Donnerstag geht es dann deutlich wissenschaftlicher zu, wobei sich auch dort alle Berufsgruppen wiederfinden sollen. Wir haben Referenten von Brooklyn bis Peking vor Ort, aber auch bewusst die Lokalmatadore eingeladen, etwa die aus Bonn, Siegburg, Düsseldorf und Köln. Wir haben 142 Referenten und bislang mehr als 1200 angemeldete Teilnehmer.

Was macht die Arbeit in einer Notaufnahme aus?
Wösten: Das Entscheidende ist die Kunst, herauszufinden, in welche Fachabteilung ein Patient, der in die Notaufnahme kommt, eigentlich gehört. Jemand mit Rückenschmerzen muss nicht zwingend in die Orthopädie, sondern mitunter in die Kardiologie. In Kliniken, in denen die Notaufnahme nicht unter einer eigenständigen Leitung steht, kann die Zuordnung der Patienten zu den für die jeweilige Erkrankung beziehungsweise Verletzung passendsten Ärzten ein Problem darstellen.

Ein Arbeitstag in einer Notaufnahme ist wahrscheinlich schwer planbar und stressig.
Pin: Das stimmt schon. Ich kann nicht sagen, wann ein Herzinfarkt oder ein Motorradunfall kommt. Die Arbeit ist aber nicht unplanbar. Ich kann ihnen genau sagen, zu welcher Zeit wir die meisten Patienten haben und in welche Fachabteilungen sie gehören. Das ist abhängig von Feiertagen, Ferien, dem Wetter und Hausärzten.

Warum geht man als Arzt in die Notfall- und Akutmedizin?
Wösten: Viele von uns kommen aus dem Notarztbereich, sind also als Notärzte tätig oder tätig gewesen. Andere kommen aus dem intensivmedizinischen Bereich. In der Tat ist der Stress nicht selten hoch, die Erfolge stellen sich aber auch schnell ein. Wenn schnell herausgefunden wird, was ein Patient hat, kann die weitere Behandlung besser erfolgen. Die Kunst ist, die Schwerkranken schnell zu erkennen und leitliniengerecht zu behandeln.
Pin: Die beste Prognose und das beste Ergebnis für einen Patienten erzielt man dann, wenn man möglichst schnell weiß, was er hat. Das macht für mich die Sache spannend und herausfordernd.
Wösten: Für junge Mediziner ist die Arbeit in der Notaufnahme mit Sicherheit sehr spannend, aber auch angstbehaftet. Aber auf die Herausforderungen bereiten wir die jungen Menschen vor.

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