Interview mit Autor Tobias Goldfarb „Ein gutes Buch hat eine Seele“

Jeden Tag vorlesen: Das ist der Adventskalender des Vereins „Rheinbach liest“. Dafür wählte der Verein in diesem Jahr die Geschichte „Das Weihnachtsgespenst“ von Tobias Goldfarb. Der Autor selbst ist zwischen Rüben und Kohl im Vorgebirge aufgewachsen. Ein guter Grund für GA-Mitarbeiter Stephan Faber, mit Goldfarb einmal über seine Arbeit, Preise und die Weihnachtszeit zu sprechen.

Autor Tobias Goldfarb ist im Vorgebirge aufgewachsen, inzwischen lebt er in Berlin. Inspiration holt er sich auch bei Wandertouren durch die schottischen Highlands.

Autor Tobias Goldfarb ist im Vorgebirge aufgewachsen, inzwischen lebt er in Berlin. Inspiration holt er sich auch bei Wandertouren durch die schottischen Highlands.

Foto: Stephan Faber

Herr Goldfarb, Sie wurden in diesem Jahr nicht nur für den Adventskalender von „Rheinbach liest“ ausgewählt, sondern haben mit Ihrem Jugendbuch „Niemandsstadt“ auch den Rattenfängerpreis der Stadt Hameln gewonnen. Wie war diese Auszeichnung für Sie?

Tobias Goldfarb: Das hat mich sehr berührt. Mein Jugendbuch „Niemandsstadt“ wurde in die Pandemie hinein veröffentlicht, sämtliche Lesereisen mussten ausfallen, und ich bin wirklich froh für dieses sehr persönliche und ein wenig experimentelle Buch, dass es durch den Preis seinen Platz in der Welt gefunden hat.

Ihre Kinder- und Jugendzeit haben Sie in Bornheim verbracht. Wo kam man da an neuen Lesestoff?

Goldfarb: Die magischen Orte meiner Kindheit waren die weiten Felder des Vorgebirges und die Stadtbücherei in Bornheim, wo ich in den Regalen eine ganze Welt entdecken durfte.

Und was lag beim jungen Tobias Goldfarb auf dem Nachttisch als Lektüre?

Goldfarb: Ich habe die Bücher von Astrid Lindgren, Michael Ende und natürlich die Abenteuer von Enid Blyton geliebt. Die Bornheimer Stadtbibliothek ist nicht ganz unschuldig daran, dass ich jetzt Bücher für Kinder und Jugendliche schreibe. Ich habe damals oft heimlich unter der Bettdecke gelesen. Heute würde ich mich freuen, wenn meine Tochter das auch machen würde.

Ihr Vater ist Georg Bungter, langjähriger WDR-Hörfunkmoderator. Inwieweit hat er die Lust auf Journalismus und Schriftstellerei geweckt?

Goldfarb: Es war für mich als Kind gleichzeitig ganz normal, aber auch ein wenig aufregend, Papa aus dem Radio sprechen zu hören. Mit meinem Freund habe ich schon sehr früh auf dem Kassettenrekorder erste „Sendungen“ aufgenommen. Das hat mich sicherlich geprägt.

Mexiko – London – Berlin: Das sind die weiteren Stationen Ihrer Karriere. Was treibt einen jungen Mann aus dem Vorgebirge in die Metropolen? Und was vermisst man aus der Heimat?

Goldfarb: Die Reiselust wurde durch das Lesen angefacht, es ist also wieder die Stadtbücherei Bornheim schuld. Das Vorgebirge, die saftige Erde, die Äcker, den weiten Blick vermisse ich jedoch jeden Tag.

Was macht ein gutes Kinder- und Jugendbuch aus – und was macht es zu einem guten Vorlesebuch?

Goldfarb: Ein gutes Buch, ganz egal aus welchem Genre, ist wahrhaftig, hat eine Seele. Bei Kinderbüchern kommt noch dazu, dass sie eigentlich für beide Gruppen funktionieren müssen: für die Kinder und die Eltern, die in vielen Fällen vorlesen. Ein gutes Vorlesebuch hat einen sprachlichen Rhythmus, knackige Dialoge und Kapitel, die nicht zu lang sind.

Sie haben auch einige Kinderbuchserien geschrieben, beispielsweise über den Weihnachtsdrachen „Spekulatius“. Wenn man solche Serien anfängt, wie weit hat man dann schon die Folgebände vorgedacht?

Goldfarb: Der Text ist immer klüger als der Autor. Ganz gleich, wie viel man vordenkt oder vorausplant: Wo die Reise hingeht, entscheiden immer die Figuren in den Büchern.

Sie sind ein Mann mit vielen Talenten. Wird es auch wieder eine Zeit für Theater und Hörfunk geben oder steht der Buchautor erst einmal weiter in der ersten Reihe?

Goldfarb: Schon bei Michel aus Lönneberga heißt es: „Es gibt eine Zeit für alles: Käsekuchen hat seine Zeit und Katechismus hat seine Zeit.“ Im Moment schreibe ich viel und gehe auf Lesereisen, aber die Zeit für Theater und Hörfunk kommt garantiert auch wieder.

In wenigen Tagen steht das Weihnachtsfest an. Was gehört unbedingt zu einem Weihnachtsabend in der Familie Goldfarb?

Goldfarb: Tolerante Nachbarn. Ich singe fürchterlich schräg.

Und wann sind Sie mal wieder in der Heimat?

Goldfarb: Meine Zeit in der Lateinklasse am Gymnasium St. Ursula in Brühl hat sich in meinem Buch „Octavia – Tochter Roms“ manifestiert, das Buch spielt zu großen Teilen auch im Rheinland. Bei der lit.cologne gibt es am 6. März eine Lesung aus dem Buch.

Der Adventskalender von „Rheinbach liest“ mit allen bislang vorgelesenen Kapiteln von „Das Weihnachtsgespenst“ kann auf dem Youtube-Kanal des Vereins nachgehört werden.

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