Interview mit Astronom Michael Geffert Wie ein Roisdorfer Wissenschaftler fünf Asteroiden entdeckte

Interview | Bornheim-Roisdorf · Über seine Faszination mit den Sternen, und warum er Filme wie „Armageddon“ nicht für abgedreht hält, spricht Michael Geffert aus Roisdorf im GA-Interview.

 Michael Geffert bemüht sich auch um die Geschichte der Astronomie: Hier zeigt er ein Buch des Bonner Wissenschaftlers Julius Schmidt von 1845.

Michael Geffert bemüht sich auch um die Geschichte der Astronomie: Hier zeigt er ein Buch des Bonner Wissenschaftlers Julius Schmidt von 1845.

Foto: Antje Jagodzinski

Er ist begeisterter Radfahrer, Zeichner, Autor und passionierter Astronom: Michael Geffert (70) entdeckte während seiner Arbeit an der Bonner Universität fünf Asteroiden. Einem davon gab er den Namen „Vorgebirge“. Was ihm an der Landschaft dort gefällt und warum er den Menschen die Kunde der Sterne nahebringen möchte, darüber sprach Antje Jagodzinski mit dem Roisdorfer.

Sie haben einen Asteroiden nach dem Vorgebirge benannt. Wie kam es dazu?

Michael Geffert: Während meiner Arbeit im Observatorium Hoher List in der Eifel hatte ich Fotoplatten vom Teleskop der Europäischen Südsternwarte bestellt. Man muss sich das vorstellen wie riesige Glasplatten mit lauter kleinen Punkten darauf. Wenn Sie darauf plötzlich einen Strich sehen, handelt es sich um ein Objekt, das sich gegenüber den Sternen bewegt, also um einen kleinen Planeten. Auf einer Aufnahme waren zehn solcher Asteroiden zu erkennen. Bei fünf davon gab es andere Messdaten, die meine bestätigten. Deswegen hat man mir die Entdeckung zugesprochen. Die Aufnahmen stammten von 1989. Mit weiteren Daten war 1991 die Flugbahn des ersten Asteroiden gesichert, den nannte ich „Vulkaneifel“.

Und welcher wurde „Vorgebirge“?

Geffert: Der fünfte und letzte – so schloss sich der Kreis. Vulkaneifel und Vorgebirge, das ist im Grunde so meine Welt. „Vorgebirge“ war dann 2006 gesichert, das heißt, die Daten waren so gut, dass man die Position des Asteroiden sicher über Jahre vorhersagen kann. Die Asteroiden bekommen vor der Benennung erst mal Nummern zugeordnet, in diesem Fall die 118.172 – das heißt, man hatte schon über Hunderttausend entdeckt. „Vulkaneifel“ hatte die Nummer 4611.

Wie abgedreht sind aus Ihrer Sicht Filme wie „Armageddon“, bei denen ein heranrasender Asteroid die Menschheit auszulöschen droht?

Geffert: Das ist nicht abgedreht. Ich zitiere da gerne den Astronauten Fabian Walter: „Dass die Erde mal von einem Asteroiden getroffen wird, das ist sicher. Die Frage ist nur: wann?“ Die großen Einschläge, die wirklich gefährlich sind, die sind sehr selten. Und: Wir sind heute in der Lage, uns darauf vorzubereiten. Darin sehe ich die vielleicht wichtigste Aufgabe der bemannten Raumfahrt, sich auf so etwas einzustellen. Die kleinen Einschläge sind häufiger und Gott sei Dank nicht so tragisch. Der Asteroid im russischen Tscheljabinsk 2013 war da so das schlimmste Ereignis.

Sie haben sich auch um die Didaktik in der Astronomie bemüht. Was finden Sie besonders wichtig zu vermitteln?

Geffert: Bei unseren Führungen in der Sternwarte Hoher List merkte ich, dass Astronomie ein Thema ist, dass in der Öffentlichkeit gut ankommt, bei dem die Bildung aber sehr vernachlässigt ist. Das war mein Anliegen: Dass man astronomisches Grundwissen an die Leute bringt. Das wird ein bisschen im Physik- und ein bisschen im Erdkundeunterricht abgehandelt, aber den eigentlichen Stellenwert erkennt man nicht so. In der DDR gab es sogar ein Schulfach Astronomie.

Warum finden Sie es denn so wichtig, dass sich auch Schüler damit auseinandersetzen?

Geffert: Ein Aspekt der Schulbildung ist ja die Geschichte. Man sagt, die Leute müssen wissen, wo sie herkommen. Der andere ist: Sie müssen wissen, wo sie leben und verstehen, wie die Zusammenhänge sind. Ich erlebe es oft, dass Leute sagen, ich habe da im Westen ein helles Licht gesehen, wahrscheinlich ein Ufo. Man muss wenigstens wissen, dass abends im Westen auch die Venus mal so hell erscheint.

Wo kann man eigentlich im Vorgebirge gut Sterne gucken?

Geffert: Ich selber sitze hier auf unserer Terrasse und gucke mit dem Fernglas, da sieht man schon deutlich mehr als mit bloßem Auge. Früher bin ich gerne nach oben zum Römerhof gefahren, wo es schön dunkel ist, da kann man schon viel an Astronomie erleben. Und ich mache auch gerne Fotos mit meiner Spiegelreflexkamera.

Und wonach halten Sie dann Ausschau?

Geffert: Auf jeden Fall nach Objekten, die besonders sind, wie zuletzt der Komet Neowise, oder nach besonderen Konstellationen, zum Beispiel, wenn Sonnenfinsternis ist. Und ich arbeite zum Thema veränderliche Sterne, also solche, die sich in ihrer Helligkeit verändern. Da gibt es welche, die mal schwächer und dann wieder heller werden, innerhalb von etwa drei Stunden.

Haben Sie so etwas wie einen Lieblingsstern?

Geffert: Ja, es gibt einen Stern, für den ich mich total begeistere (lacht). Es gibt im Sternbild Cepheus einen, der heißt Granatstern, und der ist besonders rot. Das kann man auch durchs Fernglas erkennen. Den finde ich faszinierend.

Sie haben aber nicht nur einen Asteroiden nach dem Vorgebirge benannt, sondern 2022 auch ihr im Selbstverlag veröffentlichtes Kurzgeschichtenbuch „Vorgebirge – eine biografische Reise“ mit Texten und Zeichnungen der Region gewidmet. Was bedeutet Ihnen dieser Landstrich?

Geffert: Kennen Sie den Film „Durchfahrtsland“?

Ja, daran musste ich tatsächlich auch denken (der ab 2002 gedrehte Dokumentarfilm begleitet ein Jahr lang das Leben von vier Protagonisten aus vier Bornheimer Ortschaften, die als Stück deutsche Provinz dargestellt werden, Anm. d. Red.).

Geffert: Das Buch ist auch deswegen entstanden. Zum einen fuhr ich immer mit dem Fahrrad durchs Land. Das andere ist die Aussage des Films, dass es hier sehr viel Kleinbürgerlichkeit gibt. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Im Buch erzähle ich, wie ich das Vorgebirge erlebt habe, als Bonner Stadtjunge in den 50er Jahren auf den Brombeerplantagen der Familie von Schwerin in Urfeld. Die Geschichte, wie Esther Gräfin von Schwerin als Kriegsflüchtling aus Ostpreußen hierher kam und die Familie mit den Plantagen über Wasser gehalten hat, ist eine ganz große fürs Vorgebirge. Sie selbst hat das im Buch „Kormorane, Brombeerranken“ beschrieben.

Und wenn Sie heute das Vorgebirge beschreiben würden?

Geffert: Ich empfinde es heute so, wie ich es in den 90er Jahren kennengelernt habe, als Durchfahrtsland im anderen Sinne – man kann hier mit dem Fahrrad wunderschön die Gegend erkunden. Mich hat immer die Ebenheit fasziniert, aber auch diese Weite des Blickes. Und dann habe ich die Zeichnerei angefangen: Ich saß da, habe gezeichnet und dann hat man das Gefühl, man ist mit der Landschaft eins, wenigstens für einen kleinen Moment.

Und jetzt bekommen Sie hier am Siefenfeldchen bald einen Teil der Radpendlerroute Bornheim-Alfter-Bonn vor die Nase gebaut. Sie gehören auch zu den Anliegern, die Kritik – vor allem an mangelnden Informationen – äußern. Freuen Sie sich als Radfahrer denn nicht über die Pläne?

Geffert: Ich freue mich auf die Radpendlerroute, aber es geht hier wirklich nur ein paar Meter aus der Haustür raus, und man stünde als Fußgänger auf dem Radweg. Der Stichweg, der ausgebaut werden soll, ist an dieser Stelle sehr abschüssig, sodass Radfahrer hier mit sehr viel Schwung herunterkämen. Ich würde mir aber auch einfach mehr Informationen und Mitsprache für die Bürger wünschen, wie genau das an dieser Stelle realisiert werden soll.

Bei der Volkshochschule hält Michael Geffert am Dienstag, 9. Mai, um 19 Uhr einen Vortrag über die Europäische Südsternwarte. Anmeldung unter www.vhs-bornheim-alfter.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort