Interview Sabine Hübel Wie das Ehrenamt stärker zur Geltung kommt

Bornheim · Sabine Hübel koordiniert die ehrenamtlichen Aktivitäten in Bornheim. Sie erklärt im Gespräch mit Susanne Träupmann, wie sie das Ehrenamt stärker ins Bewusstsein der Menschen bringen will.

 Ehrenamtskoordinatorin Sabine Hübel an ihrem Schreibtisch im Bornheimer Rathaus.

Ehrenamtskoordinatorin Sabine Hübel an ihrem Schreibtisch im Bornheimer Rathaus.

Foto: Axel Vogel

Als erste Ehrenamtskoordinatorin Bornheims hat Sabine Hübel Anfang März ihr Büro im Rathaus bezogen. Für die 53-jährige Volljuristin hat sich damit ein beruflicher Traum erfüllt. Zeit zur Einarbeitung hatte die gebürtige Bornheimerin kaum, denn kurz nach Amtsantritt kamen die ersten Flüchtlinge aus der Ukraine in Bornheim an.

Seitdem klingelt permanent das Telefon, müssen doch die zahlreichen Hilfsangebote, die bei Hübel auf dem Schreibtisch landen, koordiniert werden. Angewiesen ist sie dabei auf die enge Zusammenarbeit mit der Flüchtlingssozialarbeit, dem Sozialamt und der Bornheimer Flüchtlingshilfe.

Solch eine Mammutaufgabe ist ohne die Hilfe der Ehrenamtlichen nicht zu stemmen. Über die Vielfalt des Ehrenamtes, den Nutzen für die Gesellschaft, ihre persönliche Zielsetzung und ihre Schwerpunkte sprach Sabine Hübel mit Susanne Träupmann.

Sie sind studierte Juristin und waren jahrelang in der Wirtschaft tätig. Wie kam es zum Berufswechsel?

Sabine Hübel: Meine Stelle in der Personalabteilung eines Kölner Unternehmens habe ich 2020 wegen der Pflege meiner Mutter aufgegeben. 2021 habe ich dann angefangen, mich in der Bonner Flüchtlingshilfe zu engagieren, eine Tätigkeit, die mich menschlich sehr berührt hat und in der ich mich bis heute engagiere. Für mich bot das Ehrenamt auch eine Gelegenheit, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Die Freude an der Arbeit brachte mich dazu, mich als Ehrenamtskoordinatorin zertifizieren zu lassen, um meine Leidenschaft als Beruf auszuüben. Ich habe anschließend bewusst nach einer Stadt oder Gemeinde gesucht, die eine entsprechende Stelle ausgeschrieben hat. Da hatte ich mit Bornheim großes Glück.

Sind Sie die einzige Ehrenamtskoordinatorin im Rhein-Sieg-Kreis?

Hübel: Es gibt rechts- wie linksrheinisch vereinzelt Ehrenamtskoordinatoren, die in Vollzeit tätig sind. In den meisten Städten und Gemeinden allerdings wird diese Aufgabe nur in Teilzeit ausgeübt und von anderen Abteilungen mitbetreut.

Was macht eine Ehrenamtskoordinatorin?

Hübel: Ich verstehe mich als Schnittstelle zwischen den Ehrenamtlichen, den Vereinen und Organisationen, und der Verwaltung. Viele Vereine und Organisationen wünschen sich Unterstützung bei der Beantragung von Fördermitteln, Fortbildungen, Rechtsfragen und bei der Gewinnung neuer Ehrenamtlicher.

Gibt es überhaupt „den“ Ehrenamtler?

Hübel: Es gibt Männer und Frauen, die zum Beispiel in frühester Jugend der Freiwilligen Feuerwehr beigetreten sind und dieser Institution bis ins hohe Alter verbunden bleiben. Dann gibt es einzelne Ehrenamtler, die bei Einzelaktionen oder während der Flut aktiv sind und waren. Viele junge Menschen wiederum möchten überwiegend projektbezogen arbeiten. Diese verschiedenen Aktivitäten möchte ich fördern und wertschätzen.

Was sind Ihre konkreten Ziele?

Hübel: Die Vorbereitungen für die Einführung von Ehrenamtsmedaille und Ehrenamtstag stehen dabei ganz oben auf der Agenda. Die Ehrenamtskarte gibt es zwar schon seit 2010, soll aber noch mehr in die öffentliche Wahrnehmung gerückt werden. Außerdem möchte ich Netzwerke auf den Weg bringen, bei denen Ehrenamtler ihre Erfahrungen austauschen und sich gegenseitig helfen können. Die Art und Weise ist dabei noch völlig offen. Ich kann mir die Treffen in Präsenz oder digital vorstellen.

Warum sollen Ehrenamtler ausgezeichnet werden?

Hübel: Es gibt viele Menschen, die sich über Jahrzehnte fürs Gemeinwohl einsetzen. Auszeichnungen sind da nur eine kleine Anerkennung für großartige Leistung. Man muss eine Kultur schaffen, in der die Gesellschaft solch ein Engagement zur Kenntnis nimmt. Wir brauchen in dieser Hinsicht eine Anerkennungskultur.

Welche Bereiche sind in Bornheim besonders gut fürs Ehrenamt aufgestellt?

Hübel: Dazu kann ich nach vier Wochen noch nichts sagen. Mein Eindruck ist, dass hier das ehrenamtliche Engagement außerordentlich groß ist. Es gibt allein rund 170 gut strukturiere Vereine im Stadtgebiet, dazu kommen noch die nicht organisierten Ehrenamtler. Es gibt Menschen, die engagieren sich in dem einen oder anderen Bereich in einer bestimmten Phase ihres Lebens, unterbrechen diese Tätigkeiten aber zwischendurch aus beruflichen oder privaten Gründen. Diesen Menschen muss man immer die Tür offenhalten, damit sie jederzeit wieder einsteigen können.

Wie kann man mehr Menschen fürs Ehrenamt gewinnen?

Hübel: Da könnte man zum Beispiel Ehrenamtsbörsen einrichten. Außerdem muss die Öffentlichkeitsarbeit intensiviert werden. Denn so kann das Ehrenamt sichtbarer gemacht werden.

Wie sieht die Zukunft des Ehrenamts aus?

Hübel: Ich bin fest davon überzeugt, dass die Bedeutung in der Zukunft zunehmen wird. Das Engagement für die Gesellschaft ist fundamental für deren Zusammenhalt. Städte und Gemeinden sollten daher die Wichtigkeit des Ehrenamtes unterstreichen. Ein Faktor ist dabei die Stelle einer Ehrenamtskoordinatorin.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort