Jugendakademie Walberberg Ein nachhaltiger Lernort für künftige Klimabotschafter

Bornheim-Walberberg · Die Jugendakademie in Walberberg hat sich der Nachhaltigkeit und dem Klimaschutz verschrieben. Dazu gibt es nicht nur die passenden Angebote für Jugendliche, sondern auch eine entsprechende Ausstattung der Gebäude. Und Tipps, wo ein Umdenken nötig ist.

 Reinhard Griep setzt sich seit Jahrzehnten für den nachhaltigen Betrieb der Jugendakademie ein. Dazu gehört auch die Photovoltaikanlage auf dem Dach.

Reinhard Griep setzt sich seit Jahrzehnten für den nachhaltigen Betrieb der Jugendakademie ein. Dazu gehört auch die Photovoltaikanlage auf dem Dach.

Foto: Stefan Hermes

Die Baustelle vor der Jugendakademie in Walberberg bringt schon ein wenig Belästigung mit sich. Aber das ist kurzzeitig und steht in keinem Verhältnis zum dem Nutzen, den die Maßnahme für die Umwelt bedeutet. Denn hier wird die bislang geteerte Parkplatzfläche entsiegelt. Bei künftigen Starkregenereignissen werden die Wassermengen besser abfließen können. Gleichzeitig werden zwei Ladesäulen installiert, damit in Zukunft Elektrofahrzeuge mit dem Ökostrom der hauseigenen Solaranlage oder durch Naturstrom geladen werden können. Beides sind nach außen hin sichtbaren Zeichen des Engagements der Umweltgruppe der Jugendakademie. Seit Jahrzehnten gehören Bildungsveranstaltungen für nachhaltige Entwicklung bereits zum Alltag in der Walberberger Akademie. Einem Alltag, der nach den Coronalockdowns und -einschränkungen langsam wieder Fahrt aufnimmt. „Das kommende Jahr sind wir wieder gut gebucht“, sagt Reinhard Griep, der als Diplom-Pädagoge seit 1992 die Geschicke des Seminar- und Tagungshauses mit über 100 Betten und 35 Mitarbeitenden leitet.

Anfang November gab es für die Umweltgruppe die nationale Auszeichnung „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Deutsche UNESCO-Kommission verliehen wurde. Zusammen mit 22 Organisationen und Initiativen in ganz Deutschland ist die Jugendakademie damit für ihre innovativen Lehr- und Lernangebote ausgezeichnet worden, „die zeigen, wie Nachhaltigkeit in der deutschen Bildungslandschaft verankert werden kann“. Bereits 2018 wurde die Jugendakademie als „authentischer Lernort“ mit der Umweltzertifizierung Grüner Hahn als nachhaltige Bildungsstätte mit ebensolcher Lebensweise ausgezeichnet.

Ausgebildete Klimabotschafter für den Lernort Schule

Dazu passt das Eintreffen einer 14-köpfigen Schülergruppe während der Anwesenheit des GA-Reporters, die für drei Tage ein Seminar zur Ausbildung zu Klimabotschaftern oder -botschafterinnen besucht. „Sie werden sich hier sowohl mit den Grundsatzfragen, woher die Klimakrise kommt, wie auch mit der wesentlichen Frage, was wir dagegen tun können, beschäftigen“, so Griep. Er begrüßt deren Engagement, da die Jugendlichen als Multiplikatoren in ihren Schulen einen weiteren wichtigen Lernort erreichen, der in der Regel von allen durchlaufen wird. „Und dort“, merkt Griep kritisch an, sei „noch viel Luft nach oben.“ Viele Lehrer wüssten beispielsweise gar nicht, mit welcher Heizungsart ihre Schule erwärmt werde, da alles über die Kommunen laufe. „Es gibt kaum Anreize zu sparen, weil die Kosten nicht sichtbar werden.“ Die Ahrkatastrophe habe gezeigt, wie nah der Klimawandel ist und wie schnell man trotzdem wieder wieder zum Alltag zurückgekehrt sei. Griep betont: „Um das zu verändern, braucht es Lernorte wie die Jugendakademie oder Schulen.“ Dabei reiche es nicht, nur über den Klimawandel zu sprechen. Man müsse auch aufzeigen, was man dagegen tun kann. Das könne damit anfangen, im schuleigenen Kiosk mehr vegetarische Produkte anzubieten oder weniger Plastik zu verbrauchen, bis hin zu einem Projekt, eine Solaranlage aufs Dach der Schulgebäude zu setzen.

Weniger, nicht nur anders

In der Jugendakademie habe eine Systematisierung der Bildung von Nachhaltigkeit mit der Zertifizierung des Grünen Hahns begonnen. „Bewusstwerdung ist immer ein langer Prozess“, sagt Griep rückblickend. Schon in den 1990er Jahren habe er angefangen, die erste Solarthermie-Anlage auf die Gästehäuser der Akademie zu setzen. Es seien zunächst einzelne Projekte gewesen, die sich an den jeweilig möglichen Förderprogrammen orientierten. So konnte man beispielsweise 2011 mit dem Förderpaket zur Ankurbelung der Konjunktur eine Pelletheizung installieren. „Das hätten wir alleine nicht finanzieren können“, sagt Griep und konstatiert, dass es nicht immer nur eine Frage des Bewusstseins, sondern auch der finanziellen Möglichkeiten sei. Darum sei es eine Sache der Politik, die richtigen Anreize zu setzen. „Wir sind hier im Bildungsbereich tätig“, so Griep, „aber das Ziel muss sein, politisch etwas zu verändern.“ Wenn man von Maßnahmen für das Klima spreche, dann gehe es oft um technische Veränderungen wie die Hinwendung zur E-Mobilität oder zu einer Versorgung durch solare oder nicht fossile Energieträger. Worüber weniger gesprochen werde und was weitaus problematischer sei, so Griep, sei die Tatsache, dass das alles nicht ausreichend ist. „Wir brauchen ein Weniger, nicht nur ein Anders“, ist seine Prämisse. So müsse es schon beim Fleischkonsum ganz klar ein Weniger geben. Auch wenn es bei der Mobilität bereits um ein Anders gehe, prognostiziert Griep, der seit mehr als 20 Jahren kein Auto besitzt, dass wir uns den Individualverkehr „um des Überlebens Willen nicht mehr leisten können.“

Kleine und große Schritte online entdecken

Nicht zuletzt fand bei der Auszeichnung durch das Bundesministerium auch die Webseite der Jugendakademie eine Berücksichtigung (www.jugendakademie-for-future.de), die auf eindringlich einfache Weise zu einem gemeinsamen Weg zur Nachhaltigkeit aufruft. Mit dem Motto: „Entdecke unsere vielen kleinen und großen Schritte“, wird unter den Aspekten Energie und Ressourcen, Anreise und Mobilität, Küche und Hauswirtschaft, Abfall und Müllvermeidung, Vielfalt und Natur sowie Bildung und Veranstaltung exemplarisch dargestellt, wie Nachhaltigkeit in dem Walberberger Bildungshaus umgesetzt und sichtbar wird. Man erfährt dort zum Beispiel, dass inzwischen ein Drittel des Strombedarfs durch Photovoltaik selber produziert wird, dass selber kochen Müll vermeidet, dass auch in der Jugendakademie inzwischen mehr Gemüse und weniger Fleisch angeboten wird und wie sinnvoll es ist, auf Plastikflaschen und -becher zu verzichten. Auch die Anreise zur idyllisch am Rand des Kottenforsts gelegenen Jugendakademie lässt sich dank „Berghüpfer“ gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewerkstelligen.

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