Städtischer Kindergarten "Lummerland" in Roisdorf "Keine Grenze nach oben"

BORNHEIM-ROISDORF · Paul hat schon mit drei Jahren einen außergewöhnlich großen Wortschatz und spricht komplexe Sätze mit verschachtelten Haupt- und Nebensätzen. Sarah rechnet mit vier bereits im Zahlenraum bis 100. Und die fünfjährige Hannah erklärt detailliert, wie die Waschmaschine funktioniert.

 Schwerpunktkita Hochbegabte: Hodaifa, Tim, Lilia und Elion spielen in der Kindertagesstätte "Lummerland" Schach.

Schwerpunktkita Hochbegabte: Hodaifa, Tim, Lilia und Elion spielen in der Kindertagesstätte "Lummerland" Schach.

Foto: Roland Kohls

Paul, Sarah und Hannah sind möglicherweise hochbegabt, so wie etwa drei Prozent aller Kinder in Deutschland, und würden im städtischen Kindergarten "Lummerland" in Roisdorf eine anregende Umgebung finden, denn dieser ist ein "Schwerpunktkindergarten für Hochbegabte".

"Wir möchten allen Kindern die Förderung geben, die sie brauchen", betont Leiterin Elke Keuler. "Der inklusive Gedanke ist ein Leitbild unserer Kita." 63 Mädchen und Jungen besuchen die Einrichtung. Dazu gehören zwei Inklusionskinder ebenso wie drei Hochbegabte. In dem zwölf Mitglieder starken Team haben drei Kolleginnen eine Zusatzausbildung zur Fachkraft für Hochbegabtenförderung gemacht. "Begabte Kinder müssen ein Verständnis für sich selbst entwickeln", so Keuler. Oft bestehe eine Diskrepanz zwischen körperlicher und intellektueller Entwicklung und die Kinder hätten einen sehr hohen Anspruch an sich selbst. Sie erinnert sich an einen Vierjährigen, der die Stuhlreihen in einer Zirkusarena perspektivisch zeichnen wollte. Als das nicht so klappte, wie er es sich vorgestellt hatte, war er frustriert. "Wir haben ihm vermittelt: Es ist in Ordnung so, wie du malst", sagt Keuler.

Das Team des Kindergartens spricht lieber von "Kindern mit besonderen Begabungen" als von Hochbegabten. Nach ihrer Erfahrung hängt es von vielen Faktoren ab, ob aus einem besonders begabten Kind auch ein hochbegabtes Kind wird. Im "Lummerland" sollen die Kinder alle Chancen bekommen, sich positiv zu entwickeln. So arbeiten sie für Projekte mit Medien aus der Kita-Bücherei, dem Internet und der Stadtbücherei. Montessori-Material regt Kinder auf ganz unterschiedlichen Entwicklungsstufen an. Keuler: "Da gibt es keine Grenze nach oben." Gerne nutzen begabte Kinder auch Knobel- und Denkspiele. Aber auch auf den körperlichen Ausgleich achtet die Kita-Leitung. Neben sportlichen Aktivitäten machen einige Kinder regelmäßig Yoga zur Entspannung. "Die wildesten Kinder sind ganz zahm geworden beim Yoga", schwärmt Monika Milinski, Kinderpflegerin und Fachkraft für Hochbegabtenförderung.

Die besonders Begabten haben keine Sonderstellung. Wie alle Kinder halten sie sich in der Kita an Regeln. Dazu gehört zum Beispiel, die anderen ausreden zu lassen und ihnen zuzuhören. "So lernen sie zum Beispiel, dass es auch Kinder gibt, die mehr Zeit benötigen, um Themen inhaltlich zu erfassen", erklärt Keuler. Letztlich profitiert die ganze Gruppe von den Fähigkeiten der Hochbegabten. So erinnert sich die Leiterin an ein Kind, das nach einem Konzertbesuch Pappfiguren von sämtlichen Orchestermitgliedern mitbrachte und den anderen Kindern genau erklärte, wie ein Orchester aufgebaut ist. Unter anderem über solche Projekte entstehen Freundschaften zu anderen Kindern, die Keuler und ihrem Team wichtig sind.

Teil ihrer Arbeit ist es auch, Eltern, Kollegen und Lehrer über die Bedürfnisse besonders Begabter aufzuklären. Die Fachkräfte der Kita sind mit anderen Kindergärten und den Grundschulen in Bornheim vernetzt. An der Volkshochschule Bornheim/Alfter bietet Keuler einen Elterngesprächskreis für die Eltern hochbegabter Kinder an.

Für ihr Engagement erhielt die Kindertagesstätte vom Regionalverein Rhein-Ruhr der Deutschen Gesellschaft für das hochbegabte Kind 2012 die "Labyrinthchen"-Auszeichnung für vorbildliche Leistungen in der Begabungs- und Begabtenförderung.

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